Neben dem Projekt „Sprache im Alltag“ in Form von Gesprächsrunden bietet der Verein auch Exkursionen an – mit Erfolg.

Wie esst ihr? Mit Gabel und Löffel oder mit ...?“ – dem Afghanen Dachiv fehlt das Wort. Er macht eine Bewegung mit Zeige- und Mittelfinger, die auch das Schneiden symbolisieren könnte. Die Chinesin Li Ping, an die die Frage gerichtet ist, versteht ihn nicht und lacht. Sie kann ihm nicht antworten. Stattdessen nimmt May, ihre Freundin, zwei Kugelschreiber und hält sie wie Ess-Stäbchen. „So wir essen“, sagt sie. „Ihr esst also mit Stäbchen“, fasst Barbara Schrader zusammen. Und Bahram aus dem Iran tut kund: „,-chen‘ macht immer klein im Deutschen.“

Diese kleine Szene aus einer Gesprächsrunde des Projekts „Sprache im Alltag“ bildet genau das ab, was der Verein Sprachbrücke-Hamburg erreichen will: „Wir möchten Zuwanderern durch Gespräche die hiesige Alltags- und Lebenskultur näherbringen“, sagt Projektleiterin Annja Haehling von Lanzenauer. „Die Teilnehmer sollen ungezwungen untereinander Kontakt aufnehmen und voneinander lernen können. Das ermöglicht eine Integration weit über die sprachliche Komponente hinaus.“

Gesprächsrunden zum Reden und Zuhören – kein Unterricht

Das Projekt, das im April 2014 startete, umfasst neben den Gesprächsrunden auch kleine Exkursionen und ist ein voller Erfolg. Gab es im vergangenen Jahr elf Gesprächsrunden in acht Stadtteilen, 50 ehrenamtliche Gruppenleiter und 254 Teilnehmer, waren es in diesem Jahr 31 Gesprächsrunden an 28 Standorten, 140 Ehrenamtliche und rund 3500 Teilnehmer. „Aktuell bereiten wir 20 weitere Runden vor und haben Anfragen von mehr als 150 zusätzlichen Freiwilligen, die mitmachen möchten“, freut sich Annja Haehling von Lanzenauer. Durch die Expansion des Projekts wurde die Versorgung der Gesprächsgruppen mit Kaffee, Tee und Keksen zunehmend schwierig, ebenso der Transport des Info-Materials, mit dem der Verein wirbt. „Mit dem Preisgeld werden wir daher einen Kastenwagen anschaffen“, sagt Annja Haehling von Lanzenauer. „Mit unserem Logo drauf. Wir freuen uns schon.“

Auf die Arbeit als Gruppenleiter werden die Ehrenamtlichen in Schulungen vorbereitet. Manche haben bereits Erfahrung – auch die beiden Leiterinnen der heutigen Gesprächsrunde im Eidelstedter Bürgerhaus: Barbara Schrader war in der Psychotherapie tätig, Ingeborg Ahrendt in der Erwachsenenbildung.

Dennoch ist diese Veranstaltung eine Herausforderung für beide: Zwölf Teilnehmer sind gekommen, viele von ihnen das erste Mal; üblich sind höchstens zehn. Die neun Frauen und drei Männer kommen aus Afghanistan, China und Iran, Marokko, Bosnien, Brasilien und dem Libanon. Die Stimmung ist heiter, was sicher auch an der Herzlichkeit der beiden Leiterinnen liegt. Das Deutsch-Niveau ist völlig unterschiedlich – hängt aber nicht mit der Dauer ihres Aufenthalts in Deutschland zusammen. Dragana aus Bosnien etwa ist erst seit zwei Monaten hier und spricht schon recht gut. Eine Iranerin dagegen, die schon lange in Hamburg lebt, kennt erst ein paar Wörter.

Die Gesprächsrunden bieten ihnen – oft zusätzlich zu den Integrationskursen – eine niedrigschwellige Möglichkeit, ihr Deutsch durch Sprechen oder auch Zuhören zu verbessern. „Wir üben“, sagt Barbara Schrader, „geben aber keinen Unterricht.“ Geredet wird über Themen, die alle interessieren – Einkaufen, Kochen oder den Nahverkehr. Anders als im Schulunterricht sitzt hier niemand gelangweilt rum. Alle brennen darauf, etwas zur Unterhaltung beizusteuern – schließlich wollen sie den größtmöglichen Nutzen aus dem Angebot der Sprachbrücke ziehen.

Tel. 040/28 47 89 98;
E-Mail: kontakt@sprachbruecke-hamburg.de