Hamburg . Verstöße gegen das Alkoholverbot kosten 40 Euro. Doch die Hochbahn bleibt auf 60 Prozent der Bußgeldforderungen sitzen

Bier, Wein oder Schnaps zu trinken ist in den Bussen und Bahnen innerhalb des Hamburger Verkehrsverbunds (HVV) seit September 2011 verboten. Bisher haben die Hochbahn und die S-Bahn nach Abendblatt-Informationen 22.493 Verstöße registriert – im Schnitt fast 15 pro Tag. Wer erwischt wird, muss 40 Euro bezahlen – und das würde dann Einnahmen von insgesamt fast 900.000 Euro bedeuten.

Doch die Zahlungsmoral ist schlecht: Die Hochbahn konnte seit der Einführung des Alkoholverbots Forderungen in Höhe von mehr als 186.000 Euro nicht eintreiben. Allein im vergangenen Jahr hätte die Hochbahn 72.000 Euro von Alkoholsündern erhalten müssen, aber tatsächlich nahm das Verkehrsunternehmen nur 29.160 Euro ein. Das entspricht einer Quote von 40,5 Prozent. Somit blieben fast 60 Prozent der Alkoholsünder das Bußgeld schuldig.

Insgesamt hat die Hochbahn seit der Einführung des Verbots im September 2011 rund 114.000 Euro durch Bußgelder eingenommen. Diese Zahlen gehen aus der Antwort des Senats auf eine Anfrage des CDU-Verkehrsexperten Dennis Thering hervor.

Die S-Bahn dürfte ähnliche Probleme wie die Hochbahn haben. Aber die Deutsche-Bahn-Tochter konnte laut Senat wegen „der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit“ keine Angaben zu ihren Einnahmen aus dem Alkoholverbot machen.

Der Abgeordnete Dennis Thering, der auch stellvertretender Vorsitzender CDU-Fraktion in der Bürgerschaft ist, kritisiert: „Die Eintreibung von Strafzahlungen betreibt der Senat nicht ernsthaft und lässt Gnade vor Recht ergehen.“ Mit diesem halbherzigen Vorgehen zeige der rot-grüne Senat, dass ihm die Durchsetzung des Alkoholverbots wohl nicht so wichtig sei. Der FDP-Verkehrsexperte Wieland Schinnenburg: „Wenn schon Alkoholverbot, dann muss es auch durchgesetzt werden. Sollten wirklich nur 40 Prozent der Verstöße geahndet werden, dann ist das höchst unbefriedigend.“

Der rot-grüne Senat schreibt dazu in seiner Antwort auf die CDU-Anfrage lediglich: „Die fehlende Realisierung der Forderung liegt häufig darin begründet, dass die angetroffenen Personen über keine feste Wohnanschrift verfügen.“ Der Grünen-Verkehrsexperte Martin Bill sagt: „Die Beitreibung der Bußgeldzahlungen ist nur bedingt erfolgreich. Das zeigt, dass die Konsequenzen des Alkoholverbots oftmals eine ganz bestimmte Personengruppe treffen, die nicht in der Lage ist, das Bußgeld zu begleichen.“

Bei der Hochbahn gehen die Verstöße gegen das Alkoholverbot leicht zurück. Im Jahr 2012 waren es knapp 2000 Fälle und in diesem bis Ende November erst 1129. Bei der S-Bahn sind die Zahlen deutlich höher. Besonders auffällig: Im Jahr 2012 wurden 6213 Verstöße gegen das Alkoholverbot registriert. Im vergangenen Jahr waren es nur noch 2356, und in diesem Jahr sind diese bis Ende Oktober wieder leicht auf 2412 gestiegen.

Für CDU-Verkehrsexperte Thering steht fest: „Die Verstöße gegen das Alkoholverbot sind weiterhin konstant hoch. Hier rächt sich jetzt, dass der Senat keine speziellen Aufklärungs- und Kontrollmaßnahmen zur Einhaltung der Regelung mehr durchführt.“

Auch das geht aus der Antwort des Senats hervor: Das Alkoholverbot werde nicht gesondert kontrolliert, sondern „gehört zum normalen Tagesgeschäft“ der Sicherheitsdienste der Verkehrsunternehmen.

Die Kritik der CDU teilt Hochbahn-Sprecher Christoph Kreienbaum nicht: „Das Verbot ist ein Erfolg, weil der Konsum von Alkohol deutlich abgenommen hat. Dass wir dieses Ziel erreicht haben, merken wir auch an den Rückmeldungen unserer Fahrgäste.“

Das sieht Egbert Meyer-Lovis, Sprecher der Deutschen Bahn, ähnlich: „Es gibt deutlich weniger Belästigungen der Fahrgäste durch Alkoholkonsum und damit verbundene Beschwerden.“ Wenn es aber nach CDU-Politiker Thering ginge, dann müssten die Alkoholsünder noch mehr zur Kasse gebeten werden: „Seit Sommer dieses Jahres müssen Schwarzfahrer 60 Euro bezahlen, dementsprechend sollte auch das Bußgeld bei Verstößen gegen das Alkoholverbot angepasst werden.“ Aber nicht überall innerhalb des HVV gilt das Alkoholverbot. Auf den Hadag-Fähren im Hafen – einer Hochbahn-Tochter – verkaufen die Kioske weiterhin Bier. Der Senat will diese Regelung beibehalten, denn „durch den Konsum von Alkohol auf Hadag-Fähren bedingte Unfälle oder Personenschäden sind nicht bekannt.“