Hamburg . Handwerkskammer Hamburg und Senat starten Initiative, um Neuankömmlinge so schnell wie möglich in die Arbeitswelt zu integrieren.

Rohhullah Ahmadzai, 18, und Behroz Hakimi, 18, sind schon da, als die anderen den Raum 151 im Hamburger Rathaus betreten. Erst Handwerkskammer-Präsident Josef Katzer, dann Bürgermeister Olaf Scholz (SPD). Man schüttelt Hände, stellt sich vor. Die beiden jungen Männer sagen nicht viel, hören nur zu. Aber sie verstehen kaum etwas. Sie sprechen noch kein Deutsch, nur ein bisschen Englisch. Doch sie wissen, dass es heute um sie geht. Dass sie Teil einer großen Sache sind. Dass sie in ein paar Tagen eine Ausbildung im Handwerk beginnen – so wie rund 30 andere Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan, Pakistan, Eritrea und Somalia.

Unter dem Motto „Flüchtlinge in Handwerksausbildung“ haben die Handwerkskammer und der Senat zusammen mit weiteren Partnern eine Initiative gegründet, um Flüchtlinge so schnell wie möglich in eine berufliche Ausbildung zu bringen. „Bildung und Qualifikation sind der Schlüssel für die Integration der Flüchtlinge, die eine Bleibeperspektive in Deutschland haben“, sagt Olaf Scholz. „Wir sehen jeden Tag, welche Motivation und auch welche Zuversicht die Flüchtlinge mitbringen. Wir müssen es ihnen ermöglichen, diese Kraft in ihrer neuen Heimat einzubringen.“

Die Initiative ist in nur acht Wochen geplant und umgesetzt worden – obwohl so gut wie alle Beteiligten anfangs der Überzeugung waren, das so ein Projekt nicht realisierbar sei, wie Handwerkskammer-Präsident Josef Katzer einräumte. Es sei ein hartes Stück Arbeit gewesen, die Zweifler zu überzeugen. Zu überzeugen, dass man manchmal vom Ziel her denken muss – und nicht vom Start aus. „Wenn wir gemeinsam die Herausforderung annehmen, wenn wir beherzt zupacken, dann können wir in erstaunlich kurzer Zeit erstaunlich gute Dinge erreichen. So etwas ist möglich, wenn alle Beteiligten bereit sind, die eingefahrenen Wege zu verlassen“, so Katzer. Er selbst gibt vier Flüchtlingen einen Ausbildungsplatz in seiner Gebäudereinigungsfirma. Zwei von ihnen sind Rohhullah Ahmadzai und Behroz Hakimi.

Die Azubis erhalten zusätzlich einen intensiven Sprachunterricht

Vier Innungen unterstützten die Aktion. Und Betriebe der Gewerke Maler und Lackierer, Gebäudereiniger, Bäcker und Fleischer stellten Ausbildungsplätze zur Verfügung. Insgesamt 70 Flüchtlinge aus den Einrichtungen am Grellkamp und der Sportallee kamen zu den zwei Informationsveranstaltungen, bei denen die verschiedenen Berufe vorgestellt wurden. 30 Verträge sind bis jetzt unterschrieben worden, vier weitere stehen noch aus.

Die Azubis werden im Rahmen ihrer dualen Ausbildung an den jeweiligen Berufsschulen zusätzlich einen vertieften, integrierten Sprachunterricht erhalten. Dieser wird von November an zunächst als dreimonatiger Intensivkurs beginnen und anschließend kontinuierlich in Betrieb und Berufsschule fortgeführt werden. Das Hamburger Institut für Berufliche Bildung (HIBB) unterstützt die Initiative. „Eine verlässliche Begleitung der Azubis sind wichtige Voraussetzungen für deren erfolgreiche Integration und für eine gelingende Berufsausbildung. Deswegen geht es jetzt darum, die Ausbildung im Betrieb und in der Berufsschule für Flüchtlinge in gemeinsamer Verantwortung anzupassen und weiter auszubauen“, so HIBB-Geschäftsführer Rainer Schulz.

Die bereits angekündigten Pläne, Flüchtlingen die schriftliche Abschlussprüfung in ihrer Landessprache zu ermöglichen, sorgen unterdessen für Probleme: Dazu müssten die Prüfungsordnungen geändert werden – und dagegen gibt es Widerstände. Katzer will sich jedoch weiter dafür starkmachen. „Wir brauchen die jungen Flüchtlinge, denn wir haben großen Bedarf in allen Gewerken. Zudem haben wir viele gute Erfahrungen mit Lehrlingen mit Migrationshintergrund gemacht“, sagt Katzer. Doch er weiß, dass es nicht leicht wird. Aus diesem Grund hat er die Betriebe gebeten, drei Monate durchzuhalten. Egal, was passiert. Egal, welche Probleme auftreten. Weil es sich lohnt. Glaubt er. Hofft er.

Doch Josef Katzer weiß selbst, wie schwer das ist. Sich alleine durchzubeißen. Niemanden zu haben. Sich fremd zu fühlen. Auch wenn das vermutlich kaum jemand von ihm weiß. Als 18-Jähriger hat er seine Mutter verloren, ist alleine nach Hamburg gekommen. Hat alles alleine gemacht. Hart sei das gewesen. Aber es habe sich gelohnt, sagt er. Rohhullah Ahmadzai und Behroz Hakimi stehen neben ihm und hören zu. Aber sie verstehen nicht viel.