Sülldorf. Polizei ermittelt nach Feuer in Sülldorf. Ein fremdenfeindlicher Anschlag wird ausgeschlossen. Ägyptischer Bewohner vorläufig festgenommen

Stechender Brandgeruch hängt in der Luft, von den 14 Wohncontainern der Flüchtlingsunterkunft an der Straße Sieversstücken ist nur noch Schrott übrig, verzogenes, verrußtes Stahlblech. Vor den Containern steht am Sonntagmorgen fassungslos ein junger Asylbewerber. Aber in die Fassungslosigkeit über den Großbrand am Sonnabend in der Flüchtlingsfolgeunterkunft des städtischen Betreibers „Fördern & Wohnen“ mischt sich auch Wut. Mit seiner Frau lebte er in einem der vorgelagerten, nicht zerstörten Wohncontainer. „Wir haben hier gut gewohnt“, sagt der junge Mann aufgebracht. „Wegen der starken Rauchentwicklung ist unser Container unbewohnbar, deshalb müssen wir jetzt umziehen.“ Dabei hatte er noch vergleichsweise Glück: Die meisten der 28 in dem Containerkomplex unter­gebrachten Bewohner verloren ihre gesamte Habe, ihre Papiere, ihr Bargeld. Sie sind nun provisorisch in einem leer stehenden, sanierungsbedürftigen Pavillonhaus auf dem Gelände untergekommen. Die zerstörten Container will „Fördern & Wohnen“ ersetzen.

Nach ersten Ermittlungen der Polizei könnte es sich um Brandstiftung handeln. Aber: „Einen fremdenfeind­lichen Anschlag schließen wir aus“, sagte Polizeisprecher Jörg Schröder. Ein Bewohner der Anlage, ein 19 Jahre alter Mann aus Ägypten, sei vorläufig festgenommen worden. „Ich bin sehr froh, dass niemand zu Schaden gekommen ist, und danke der Feuerwehr für ihre schnelle Hilfe“, sagte Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD). „Wir werden umgehend dafür sorgen, dass die Einrichtung wieder bewohnbar wird.“

Vor dem Hintergrund steigender Flüchtlingszahlen war die zweigeschossige Containeranlage erst im Vorjahr in der seit 21 Jahren bestehenden Folgeunterkunft aufgestellt worden. Eingezogen waren dort nur 28 Flüchtlinge. Ein Teil der Behausungen soll auch als Verwaltungs- und Sanitär­räume genutzt worden sein. Für Flüchtlinge und Wohnungslose hält die Unterkunft Sieversstücken insgesamt 364 Plätze bereit, sie sollte eigentlich bis Jahresende um weitere 288 Plätze aufgestockt werden.

Für einen Haftbefehl sei die Beweislage zu dünn, so ein Polizeisprecher

Ein Zeuge hatte eine Rettungs­wagenbesatzung, die zufällig am Brandort vorbeifuhr, auf das Feuer aufmerksam gemacht. Um 20.17 Uhr schlug die Feuerwehr Alarm. Ein Löschzug der Berufsfeuerwehr Osdorf sowie die Freiwilligen Feuerwehren Blankenese, Sülldorf-Iserbrook und Rissen rückten aus. Als sie eintrafen, stand der Komplex bereits lichterloh in Flammen. 38 Feuerwehrleute waren im Einsatz, nach zwei Stunden hatten sie den Brand gelöscht. Glücklicherweise hätten sich alle Bewohner rechtzeitig ins Freie retten können, sagte ein Feuerwehrsprecher. Ein Augenzeuge erzählte später, das Feuer sei zunächst im unteren Geschoss ausgebrochen und habe sich rasend schnell auf das obere ausgebreitet.

Nach Gesprächen mit Bewohnern sei der Tatverdacht auf einen 19 Jahre alten Mann aus Ägypten gefallen, sagte Polizeisprecher Schröder. Dem Abendblatt erzählten Zeugen, dass der Mann, der ebenfalls in dem Containerkomplex lebte, sich zuvor lautstark darüber beschwert habe, dass ihm sein Handy gestohlen worden sei. Er habe gedroht, er werde „etwas anzünden“, wenn er es nicht umgehend zurückbekomme. Andere Zeugen berichteten, der Konflikt habe sich um die Benutzung der Badezimmer gedreht. Dabei sei auch ein Messer gezückt worden.

Der Tatverdächtige ist erkennungsdienstlich behandelt und wieder entlassen worden. Für einen Haft­befehl sei die Beweislage zu dünn, so Schröder weiter. Um einen Haftbefehl erlassen zu können, müsse ein „dringender Tatverdacht“ vorliegen, den hätten die bisherigen Ermittlungen aber (noch) nicht ergeben. Das Amts­gericht habe aber auf dem Eilweg eine Durchsuchungsanordnung für das Zimmer des Mannes erlassen.

Es war nicht das erste Mal, dass die Feuerwehr wegen brennender Wohncontainer für Flüchtlinge ausrücken musste. Mitte April hatte ein Bewohner der Unterkunft am Bullerdeich für schwer kriminelle minderjährige Flüchtlinge eine Matratze angezündet. Ein Container brannte komplett aus, die übrigen 15 waren zeitweise unbewohnbar. Am 13. Juli gingen zwei Container in Wilhelmsburg in Flammen auf – vermutlich hatte eine brennende Zigarette den Brand verursacht. Nach einer Schlägerei zwischen 60 Flüchtlingen Anfang Oktober in der Erstaufnahme an der Dratelnstraße brannte auf dem Gelände ein Zelt, vermutlich weil ein Bewohner zuvor eine Matratze angezündet hatte. Mehrere Bewohner erlitten Rauchgasvergiftungen und kamen ins Krankenhaus.