Hamburg. Eine Kirche aus Stein? Römer als Besatzer? Im Abendblatt-Sommerrätsel am Sonnabend waren wieder viele Fehler versteckt.

In diesem Rätsel sind 15 Fehler versteckt. Der Domplatz, wo früher eine Burg, die größte Kirche der Stadt und das berühmteste Gymnasium standen, ist der wohl geschichtsträchtigste Ort Hamburgs. Begonnen hat alles mit der Hammerburg, die im 5. Jahrhundert, kurz nach dem Abzug der Römer, mit Steinquadern aus der Elbe gebaut wurde. Die sächsischen Ureinwohner suchten in der Burg und der Wehrkirche Schutz vor den Wikingern. Seinen Namen erhielt der Platz vom Katharinendom, der als backstein-gotische Basilika im 10. Jahrhundert errichtet wurde. Zum Entsetzen der Hamburger rissen französische Besatzungstruppen die Kirche 1806 ab. An der Stelle entstand das Gymnasium Christianeum, das allerdings im Ersten Weltkrieg zerstört wurde. Heute ist der Platz eine Gedenkstätte, auf die der „Zeit“-Herausgeber und Altbürgermeister Helmut Schmidt von seinem Büro im angrenzenden Hamburger Zeitungshaus einen schönen Blick hat.

In diesem Teil des Sommerrätsels haben wir uns eine sehr große Gemeinheit erlaubt. Wir können nur hoffen, dass Sie, liebe Leserinnen und Leser, nicht allzu viel Zeit darauf verwendet haben, im ersten Satz einen Fehler zu finden – denn es gibt keinen. Das kann man vom Rest des Textes wahrlich nicht behaupten, denn 15 mal muss der Rotstift angesetzt werden. Das beginnt mit der Hammaburg, die nichts mit einem Hammer zu tun hatte. Die Bedeutung des Wortteiles Hamma ist durchaus umstritten, vermutlich bezeichnet es ein Stück Land in einer Flussbiegung. Hamma, hamme oder hamm finden sich im Altsächsischen, Altfriesischen und Mittelniederdeutschen – und der Domplatz lag damals an einer Flussbiegung der Alster.

Römische Besatzungstruppen gab es wirklich nicht in Hamburg

Wann ganz genau die erste Hammaburg gebaut wurde, lässt sich schwerlich sagen, die jüngsten Forschungen datieren sie auf das 8. Jahrhundert. Im 5. Jahrhundert gab es jedenfalls gewiss keine Befestigung an diesem Platz, den wohl auch nie ein antiker Römer betreten hat, jedenfalls gab es keinesfalls römische Besatzungstruppen – und deshalb konnten auch keine abziehen. Handel mit dem römischen Imperium hat es aber durchaus gegeben, denn auf heutigem Hamburger Gebiet gab es Funde römischer Münzen.

Eindeutig nachgewiesen ist, dass die Hammaburg ein Holzbau war. Das lästige Steineausbuddeln aus der Elbe haben sich die Früh-Hamburger also einfach gespart, es wäre technisch auch kaum machbar gewesen. Das frühe Hamburg war ausgesprochen hölzern, erste Steinbauten sind erst im 12. Jahrhundert nachweisbar. Damit sind vier Lügen bereits enttarnt.

Die nächste werden viele wahrscheinlich bei den „sächsischen Ureinwohnern“ vermutet haben – doch das ist die Wahrheit. Die ersten Hamburger waren tatsächlich Sachsen. Dieser germanische Volksstamm siedelte überwiegend in Westfalen, im heutigen Niedersachsen und auch nördlich der Elbe – das heutige Bundesland Sachsen hat mit den historischen Sachsen nichts zu tun. Doch kommen wir zu den nächsten beiden Fehlern: Die Ur-Hamburger hatten keine Wehrkirche – und diese hätten sie im 5. Jahrhundert auch nicht zum Schutz vor den Wikingern gebraucht. Denn unsere nördlichen Nachbarn begannen ihre berüchtigten, oft besungenen Raubzüge erst im 8. Jahrhundert.

Wahr an unserer Geschichte ist, dass auf dem Domplatz früher ein Dom stand – allerdings der Marien- und nicht der Katharinendom. Dieser Dom stammt aus dem 13. Jahrhundert (nicht aus dem 10., in dem der vorherrschende Baustil romanisch und nicht gotisch war), und er war auch keine Basilika, sondern ein fünfschiffiger Kirchenbau. Somit sind wir bei neun Fehlern. Es stimmt zwar, dass der Dom 1806 abgerissen wurde – aber es waren nicht die Franzosen (die haben sich anderweitig in der „Franzosentid“ unbeliebt gemacht), sondern die Hamburger selbst. Dem „ollen“ Dom, zu dem auch keine Kirchengemeinde gehörte, weinte kaum jemand eine Träne nach. Das sollte Schule machen in der „Freien und Abrissstadt Hamburg“, wie Spötter sie heute nennen.

Die Schule allerdings, die nun auf dem Domplatz gebaut wurde, war natürlich das Johanneum – das ebenfalls hochgeachtete Christianeum gehört nach Altona, das damals eine dänische Stadt war und den dänischen Königen, von denen so viele Christian hießen, auf diese Weise huldigte. Das alte Johanneum, dessen Vorgängerbau auf dem Rathausmarkt stand, wurde aber tatsächlich im Krieg zerstört, wenn auch im Zweiten und nicht im Ersten Weltkrieg. Fehler Nummer zwölf.

Die Frage, was der Domplatz heute ist, kann man gar nicht so leicht beantworten. Vielleicht kommt Grünfläche der Wahrheit am nächsten. Eine Gedenkstätte ist es allerdings nicht. Dass es überhaupt noch ein Platz ist und kein postmodernes Glasgebäude, das ist unter anderem Helmut Schmidt zu verdanken, der in der Tat von seinem Büro aus auf den Platz schauen kann.

Helmut Schmidt – der Bürgermeister, den die Stadt Hamburg nie hatte

Und auch, wenn viele es gern gesehen hätten: Helmut Schmidt war nie Bürgermeister seiner Heimatstadt. Er diente Hamburg als Senator und Bundestagsabgeordneter, später dem ganzen Land als Kanzler. Heute ist er unter anderem „Zeit“-Herausgeber, deren Redaktion gleich neben dem Domplatz im „Hamburger Pressehaus“ sitzt – und nicht im Zeitungshaus.