Hamburg. Die Hamburger Polizei überspringt die Marke bei Mehrarbeit - unter anderem wegen Demonstrationen und Schutzaufgaben.

Erstmals sind bei der Hamburger Polizei mehr als eine Million Überstunden aufgelaufen. Eine interne Auswertung hat ergeben, dass die 8831 Beamte und 1221 Angestellten bis Anfang Juli exakt 1.013735 Überstunden angehäuft haben. Die Masse der Überstunden - 383.588 - schieben die Mitarbeiter der Polizeikommissariate und Verkehrsstaffeln vor sich her.

In den vergangenen Jahren war die Polizei immer mal wieder nahe an die eine Million Überstunden herangekommen. Bislang war diese Grenze nie übersprungen worden. Oft waren im letzten Moment Gelder bewilligt worden, um angehäufte Überstunden auszuzahlen. Das ist diesmal nicht gelungen. Zwar wurden 33.448 Überstunden durch Freizeitausgleich abgegolten und 1476 Überstunden bezahlt. Das war bei den innerhalb eines Monats geleisteten 94.726 Überstunden nicht ausreichend.

Die Masse der Überstunden - 39.313 - fielen bei der Schutzpolizei an. Dort leistete jeder Beamte statistisch im vergangenen Monat rund 10,6 Überstunden. Die fielen vor allem durch „besondere Anlässe“ an. Darunter fallen nicht nur Veranstaltungen oder Demonstrationen, sondern auch Bewachungsaufgaben.

281.771 Überstunden beim LKA

Das Landeskriminalamt ist mit 281.771 Überstunden an Position zwei. 231.197 Überstunden schieben die Mitarbeiter der Bereitschaftspolizei vor sich her. Die Wasserschutzpolizei ist mit 31.408 angehäuften Überstunden weit hinten. Dort sind aber auch nur 494 Mitarbeiter beschäftigt. Weitere Überstunden haben Dienststellen wie die Akademie der Polizei (41.684 Überstunden) oder die Dienststelle Interne Ermittlungen (4744 Überstunden).

Durchschnittlich hat jeder Mitarbeiter der 1052 Mitarbeiter der Polizei 99 Überstunden auf seinem Konto. Besonders hoch ist die Zahl der Überstunden beim Leitungsstab mit 253 Überstunden pro Mitarbeiter.

Als Grund für den Anstieg im Juni wird von der Polizei insbesondere der Einsatz anlässlich des G7-Gipfels in Elmau. „Hier wird versucht die Mehrarbeit in der kommenden Zeit durch Freizeitausgleich abzugelten“, sagt Polizeisprecher Andreas Schöpflin. „Mit dem Einsatz dort sind auch Einnahmen verbunden“, sagt Björn Domroese von der Innenbehörde. Diese Einnahmen werden für eine Abgeltung der Überstunden bereitgestellt.

Lenders: „Wir haben einfach nicht genug Leute“

Joachim Lenders, Landesvorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft, ist das nicht genug. „Wir haben einfach nicht genug Leute“, so Lenders. „Der Kernbereich des Polizeivollzugs wird immer mehr belastet. Zusätzliche Aufgaben, wie beispielsweise Flüchtlingsunterkünfte, werden in der Personalzumessung nicht annähernd abgebildet. Aus der Antwort des Senates auf eine kleine Anfrage geht hervor, dass das meiste Personal im polizeilichen Primärvollzug fehlt.“ Diese Stellen müssten, wie auch die Stellen bei den Angestellten, die für den Objektschutz zuständig sind, schnell nachbesetzt werden. Dafür müsse man zusätzliche Anreize schaffen.

Lenders: „Die derzeitigen Zuschläge von 77 Cent je Stunde für den Dienst am Sonnabend zwischen 13 Uhr und 20 Uhr, 1,28 Euro für die Nachtdienststunde und maximal 3,13 Euro an Sonn- und Feiertagen sind vollkommen unzureichend und nur als Almosen zu bezeichnen. Da ist es kein Wunder, dass niemand in den Primärvollzug will und dort viele Stellen unbesetzt sind.“