Hamburg. Händler in Hamburg schlagen Alarm. Aus China kommen immer mehr Münzen und Barren, die mit Wolfram gestreckt werden.

Tim Schieferstein legt den Krügerrand in eine Prüfschablone. Durchmesser und Dicke der Goldmünze passen zu den Originalmaßen. Auch auf der Präzisionswaage stimmt das Gewicht. „Das ist eine exzellente Fälschung“, sagt der Geschäftsführer des GoldSilberShop.de, der auch in Hamburg über eine Auslieferungsfiliale verfügt. „Bei den Unterschieden der Abmessungen zwischen Original und Fälschung geht es um Bruchteile eines Millimeters“, sagt der Experte. „Bisher reichten solche Prüfschablonen aus, um Fälschungen zu erkennen.“ Doch nun erreichen die Fälschungen eine neue Qualität. Der Berufsverband des Deutschen Münzenfachhandels warnt bereits. „Gefälschte Goldmünzen tauchen immer häufiger auf“, sagt Geschäftsführer Thomas A. Brückel.

Auf der Rückseite des Krügerrand springt ein Steinbock über Gras. Bei den Grashalmen entdeckt Schieferstein leichte Abweichungen. „Für sich genommen ist das aber kein eindeutiger Hinweis auf eine Fälschung. Es könnte auch daran liegen, dass der Münzstempel erneuert wurde.“ Nach weiteren Untersuchungen steht fest, Laien können diese Fälschung nicht erkennen, und auch professionelle Goldankäufer dürften damit Schwierigkeiten haben.

Immer mehr gefälschte Goldmünzen tauchen im Handel auf. Tim Schieferstein
Immer mehr gefälschte Goldmünzen tauchen im Handel auf. Tim Schieferstein © GoldSilberShop.de GmbH | GoldSilberShop.de GmbH

Die Goldanleger haben gegenwärtig ohnehin nicht viel Freude mit ihrem Edelmetall. Obwohl es an Krisen nicht mangelt, bewegt sich der Goldpreis seit 2013 zwischen 1300 und 1200 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). Zur enttäuschenden Kursentwicklung kommt nun noch die Gefahr von raffinierten Fälschungen aus China, die man sich pro­blemlos über das Internet bestellen kann. Schieferstein ist ein seriöser Händler. „Fälschungen haben bei uns keine Chance, weil wir noch andere Überprüfungstechniken nutzen“, sagt er. Die Falsifikate hat er sich selbst ins Haus geholt, um neue Erkenntnisse zu gewinnen und seine Kunden besser zu schützen. „Es war kein Problem, an die Münzen zu kommen“, sagt er. Über das chinesische Internetkaufhaus Alibaba nahm er Kontakt zu dem Händler auf. Geliefert wurde schnell. Kosten: 500 Dollar pro Münze. Der Preis hängt nicht nur von der bestellten Stückzahl, sondern auch von der Dicke der Goldummantelung ab. Trotz des hohen Preises für die falsche Münze ergibt sich für Betrüger eine hohe Gewinnspanne. 500 Dollar sind umgerechnet 446 Euro, während es im Ankauf für einen Krügerrand rund 1042 Euro gibt. Gewinn: Mehr als 100 Prozent.

Schieferstein entschied sich für Krügerrand, Maple Leaf und American Eagle, die bekanntesten Goldmünzen. „Alles sind raffinierte Fälschungen“, sagt er. Sie bestehen aus Wolfram und sind mit einer 0,6 Millimeter dicken Schicht aus Gold ummantelt. „Das ist ausreichend, um das Röntgenspek­trometer in die Irre zu führen“, sagt er. Wolfram unterscheidet sich in seiner Dichte fast nicht von Gold und ist daher als Ersatzstoff gut geeignet. Allerdings werden an die Bearbeitung hohe Anforderungen gestellt, da sich Wolfram erst bei mehr als 3400 Grad verflüssigt und so formbar wird.

Leihhäuser setzen immer mehr Technik bei Echtheitsprüfung ein

So wie Münzen können auch Barren gefälscht werden. Erst kürzlich warnte die australische Münzprägeanstalt Perth Mint vor einer Imitation ihrer Barren in der Größe einer Goldunze, die über eBay angeboten wurden. Die Barren waren an einer falschen Beschriftung zu erkennen. So fehlte bei der Barrennummer der Buchstabe B.

Auch das deutsche Pfandkreditgewerbe schlägt Alarm. „Weder Prägestempel in Goldschmuck noch Zertifikate für die angebliche Echtheit von eingeschweißten Goldbarren sind mittlerweile ein Garant für Echtheit“, sagt Joachim Struck, Vorsitzender des Zen­tralverbandes des Pfandkreditgewerbes. Die deutschen Leihhäuser müssten immer aufwendigere Techniken zur Prüfung einsetzen, um sich vor immer raffinierter gefertigten Plagiaten zu schützen. Nach Angaben des Verbands sind gefälschte Goldbarren und Goldmünzen in China ein großes Geschäft und Deutschland, Österreich und die Schweiz wesentliche Abnahmeländer.

Die großen Goldhändler sehen sich durch umfangreiche Überprüfungen geschützt. „Wir haben verschiedene Verfahren, mit denen wir die Echtheit der angekauften Münzen überprüfen“, sagt Stefan Rose, Leiter des Goldhandels bei der Hamburger Sparkasse. Dazu gehört auch das Verfahren zur elek­trischen Leitfähigkeit, eine sehr sichere Prüfmöglichkeit, die auch Schieferstein nutzt. Denn Gold hat eine wesentlich höhere elektrische Leitfähigkeit als Wolfram. Der Edelmetallhändler Pro Aurum nutzt ebenfalls dieses Verfahren und zusätzlich eine Magnetwaage. Mit ihr können nicht nur das Gewicht, sondern auch die magnetischen Eigenschaften von Gold und Silber im Vergleich zu Fälschungsmaterialien wie Wolfram oder Molybdän exakt gemessen werden. Diese Materialien haben im Gegensatz zu Gold magnetische Eigenschaften, was mit dieser Waage angezeigt wird. „In den allermeisten Fällen sind Fälschungen schon durch bloßes Betrachten zu erkennen. Geschulte Mitarbeiter haben dafür einen guten Blick“, sagt Pro-Aurum-Chef Robert Hartmann.

Auch ein besonders günstiger Preiskann ein Verdachtsmoment sein

„Wir empfehlen, Edelmetalle nur bei einem vertrauten Händler zu kaufen und nicht bei einem unbekannten Anbieter im Internet“, sagt Rose. Auch ein besonders günstiger Preis kann ein Verdachtsmoment sein. „Gold wird immer zu seinem Marktpreis gehandelt, der sich täglich ändert“, sagt Schieferstein. Für verunsicherte Verbraucher hat er noch einen Tipp: Sie sollten die Münze Maple Leaf bevorzugen. Seit 2013 gibt es mit einer Lasergravur eines winzigen Ahornblattes unter dem großen ein zusätzliches Sicherheitsmerkmal. Schieferstein: „Auch auf Nachfrage konnte der Händler in China eine solche Goldmünze noch nicht liefern.“ Doch auch das ist sicherlich nur eine Frage der Zeit.