Hamburg. Hamburgs Getränkeszene boomt: Nun wollen die Brüder Felix und Benjamin Böning mit Seicha eine Alternative zu Energydrinks anbieten.
Grüner Tee hat Benjamin und Felix Böning schon oft gute Dienste geleistet. Immer, wenn die Brüder in den vergangenen Jahren für Prüfungen büffeln mussten, griffen sie zu Matcha, dem wohl edelsten Tee aus Japan. „Dieser Tee macht wach und hilft dabei, sich zu konzentrieren“, sagt Felix Böning, 26. „Das Problem ist nur, dass man sich im Seminar oder in der Bibliothek nur schwer einen Matcha zubereiten kann.“
Für dieses Problem haben die beiden Hamburger nun eine Lösung gefunden: Sie haben eine Limo auf Matcha-Basis entwickelt. Unter dem Markennamen Seicha vertreiben die Jungunternehmer seit einigen Wochen die Sorten Limette und Grapefruit. 28.000 Flaschen haben die Blankeneser Brüder in einem ersten Schritt bei einem Mineralbrunnen in Husum abfüllen lassen. Verkauft wird das Erfrischungsgetränk unter anderem im Langnese-Café im Unilever-Haus, im Teufelsbrücker Restaurant Engel und demnächst auch im Alsterhaus. Supermärkte sollen folgen.
Fritz-Kola, Elbler und LemonAid sind ebenfalls in Hamburg entstanden
Seicha ist damit der jüngste Zuwachs in der boomenden Hamburger Getränke-Szene. Die Koffein-Bombe Fritz-Kola wurde hier entwickelt, Ex-HSV-Torwart Stefan Wächter brachte seine Cider-Variante Elbler in der Hansestadt auf den Markt. Es gibt Hamburger Limos mit sozialem Anspruch wie LemonAid oder Viva con Agua und seit Kurzem auch einen Schokotrunk mit dem originellen Namen CowCow.
„Unser neues Getränk soll aber nicht einfach eine weitere Limo sein“, sagt Benjamin Böning, 24. „Wir verstehen Seicha als eine gesunde Alternative zu den klassischen Energydrinks.“ Die Grundzutat sei reich an Carotinen und Vitaminen. Im Gegensatz zu Koffein halte die wach machende Wirkung zudem länger an. In Japan ist Matcha (wörtlich: pulverisierter Tee) aus dem Alltag kaum wegzudenken.
Zen-buddhistische Mönche verwenden ihn seit Jahrhunderten bei der Meditation, auch in der klassischen Teezeremonie spielt das edle, knallgrüne Getränk eine elementare Rolle. Viel Zeit und Sorgfalt wird auf die korrekte Zubereitung mit dem Bambusbesen verwendet. Japaner mischen die pulverisierten Teeblätter auch in Kekse, ins Eis oder sogar in Schokoriegel.
Und was ist in Seicha drin?
Hergestellt wird die Spezialität in einem aufwendigen Verfahren. Die Teeblätter werden Anfang Mai per Hand gepflückt, in großen Backöfen getrocknet, sortiert und dann in Granitsteinmühlen zermahlen. Das Ergebnis muss extrem fein sein, weshalb eine Mühle auch gerade einmal 30 bis 40 Gramm Pulver pro Stunde erzeugen kann.
All das macht den Tee teuer, eine 30-Gramm-Dose kostet für deutsche Endverbraucher ab 16 Euro. Besonders edle Varianten des führenden japanischen Produzenten Aiya, der seinen Europasitz in Hamburg hat, können auch schon mal an die 50 Euro kosten. Die Seicha-Gründer beziehen ihren Matcha zwar zu Großhändlerpreisen von einem Hamburger Importeur, die Rohstoffkosten sind aber dennoch enorm.
Daher kostet die 0,33-Liter-Flasche Seicha, die 1,3 Gramm Matcha enthält, derzeit auch satte 3,50 Euro. „Wir hätten unsere Limonade auch mit einem billigen Grünteeaufguss strecken können“, sagt Benjamin Böning. „Das wäre aber auf Kosten der Wirkung gegangen.“
Die Suche nach einem Abfüller
Etwa eineinhalb Jahre haben die Brüder an ihrem Getränk getüftelt. Die ersten Versuche unternahmen die Bönings, die bis vor Kurzem noch Tür an Tür im Schanzenviertel wohnten, in der heimischen Küche. Freunde und Familie wurden als Testtrinker eingespannt. „Dabei haben wir festgestellt, dass Limette und Grapefruit am besten mit grünem Tee harmonieren“, sagt Felix Böning.
Andere Früchte wie etwa Himbeere hätten sich hingegen als Flop erwiesen, weil sie gegen das starke Matcha-Aroma nicht angekommen seien. Von der Rezeptur, über die Etiketten bis zur Internetseiten haben die Brüder alles selbst entwickelt. Dabei kam ihnen ihre Ausbildungen in Kommunikationsdesign und Markenführung zugute. Eine große Herausforderung war für die Jungunternehmer allerdings, den richtigen Abfüller für ihre Limonade zu finden. „Es gibt nur wenige Betriebe, die auch kleinere Mengen akzeptieren“, sagt Felix Böning. „Zum Glück haben wir unseren Partner in Husum von unserem Konzept überzeugen können.“
Die Mischung von Matcha und Limonade ist nicht ganz unproblematisch
Bei der Herstellung gab es dann aber die nächsten Hürden. Der Matcha muss erst sanft erhitzt werden, um sich aufzulösen, erst dann kann er mit Fruchtsaft und Mineralwasser kombiniert werden. Ganz gelöst haben die Seicha-Gründer dieses Problem bis heute nicht. In der Flasche setzt sich der grüne Tee am Boden ab, weshalb das Getränk vor dem Verzehr erst einmal geschüttelt werden muss.
Die Tatsache, dass Felix und Benjamin Böning Brüder sind, hat sich hingegen nicht als Hürde, sondern als Vorteil erwiesen. „Wir kennen uns in- und auswendig und können uns gut ergänzen“, sagt Benjamin. „Natürlich haben wir uns als Kinder auch mal gestritten, doch seit der Firmengründung hat es noch keine ernsthafte Auseinandersetzung gegeben“, ergänzt Felix.
Leben können die beiden von ihrem Produkt noch nicht, die Brüder arbeiten noch nebenbei, um über die Runden zu kommen. Ihr Büro befindet sich in Benjamins Wohnung im Schanzenviertel. „Wir wollen die Marke langsam über die Gastronomie aufbauen und erst dann in die Supermärkte kommen“, beschreiben die Chefs ihre Strategie. Langfristig streben die Gründer aber einen ähnlichen Erfolg wie Fritz-Kola an. Der Wachmacher der Freunde Lorenz Hampl und Mirco Wiegert hat sich mittlerweile von Hamburg aus bundesweit durchgesetzt.