Georgswerder. Die 200 Meter langen Rutschen auf dem Energieberg Georgswerder machen Laune - und sorgen für ausgelastete Notaufnahmen.

Vor mir liegt eine der zwei blauen Riesenrutschen, durch einen Schlauch wird Wasser auf die 200 Meter lange Spaß-Piste gepumpt. Welch eine Gnade bei Temperaturen von 36 Grad. City-Slide nennt sich das Vergnügen und Schlittern ist Programm. „Auf den Knien, auf dem Rücken oder dem Bauch geht’s am schnellsten“, sagt ein Mitarbeiter.

Zwei Tage lang lockt das aus den USA importierte Trend-Event auf dem Energieberg der Stadtreinigung in Georgswerder Besucher, im Schatten einer Windkraftanlage vor dem beeindruckenden Panorama der Stadt. Eine riesige Kolonne vergnügungshungriger Menschen marschiert in der Mittagshitze auf den Hügel zu. Viele junge Leute sind darunter, tätowiert, durchtrainiert, kurzhaarig, Modell harter Kerl. Dass viele der Tempo-Junkies schon bei der Ankunft putzige Wassertiere oder Schwimmringe in allen Farben des Regenbogens um die Taille tragen, ist da ein netter Kontrast. Bis zu 20 Euro Eintritt nimmt das Unternehmen, das durch viele Städte Europas tourt, für die nur zweistündige Rutschpartie.

Meine neun Jahre alte Tochter und ich können es kaum erwarten, endlich loszulegen und den versprochenen Nervenkitzel zu erleben. Auch drei smarte „Entsorger“ der Müllabfuhr fiebern in orangen Arbeitsuniformen über der nackten Haut ihrem Auftritt als Rutsch-Pioniere entgegen. Als die Strecke freigegeben wird, wummert sofort Musik aus mehreren Boxen. Aber was ist das? Die Testrutscher sausen nicht liegend über den Belag – sie laufen! Auch meine Tochter und ich müssen zunächst gehen, weil die ersten 50 Meter zu eben sind. „Ihr müsst eben ordentlich Anlauf nehmen“, sagt der nette Mitarbeiter.

So einfach ist das aber nicht, weil der Untergrund glitschig ist, ich gleich stürze – und zwar nicht allzu sanft. Ist wohl reine Übungssache. Wir versuchen es anders: Auf dem Bauch mit den Händen paddelnd, auf dem Po nach vorne ruckend, auf dem Rücken, so kerzengerade wie der Hackl-Schorsch zu seinen Glanzzeiten im Einsitzer – es hilft alles nichts. Zur Sache geht es erst im letzten Drittel der Rutsche, dann aber richtig. Die Piste fällt plötzlich steil ab, die Welt dreht sich, steht Kopf. Dann landen wir beseelt in einem Bassin mit kaltem Wasser. Beim nächsten Mal haben wir den Dreh schon viel besser raus.

Viele andere Rutscher aber nicht. Im Bassin krachen etliche mit Vollspeed zusammen. So viele Slider werden mit Prellungen und Verstauchungen, eventuell sogar Knochenbrüchen, in die Asklepios-Kliniken St. Georg und Harburg eingeliefert, dass die Notaufnahmen zeitweise gut ausgelastet sind. Zudem leistet die Feuerwehr rund 100-mal Hilfe, weil vielen die Hitze auf den Kreislauf geschlagen ist. Per Twitter entschuldigt sich City-Slide am Sonntag immerhin dafür, dass nicht genug Schirme zum Schutz vor der Sonne beschafft wurden – man sei vom „Ausmaß der Hitze“ überrascht worden.

City-Slide ist ein buchstäblich abgefahrenes Spektakel, ein großer, aber nicht ungefährlicher Spaß. Man sieht Knäuel Menschen die Piste hinabsausen, die selbst dann noch grinsen, wenn es eine Karambolage gibt und der Fuß Bekanntschaft mit dem Gesicht des Vordermanns macht. Es ist aber auch ein Riesenspaß – mit Riesenpausen. Leonie, 18, und Finn, 10, warten am Ende der Schlange bei glühender Hitze auf ihr zweites Rutschvergnügen. Und in 70 Minuten ist die Show schon vorbei.