Poppenbüttel. Neues Heim und Wohnungsbauprojekt spaltet Poppenbüttel – CDU moniert Verfahrenstrick
Die Stimmung war aufgeheizt unter den Anwohnern. Es kam zu durchaus deftigen verbalen Ausfällen gegen die geplante Unterbringung von 500 Flüchtlingen am Poppenbütteler Berg/Ecke Ohlendieck. Andere hielten engagiert dagegen und bekundeten Hilfsbereitschaft für Menschen, die oft nur das nackte Leben aus ihrer Heimat retten können. Die Pausenhalle des Heinrich-Heine-Gymnasiums war mit 400 Leuten deutlich überfüllt, etwa 250 Poppenbütteler mussten vor der Halle ausharren.
Deshalb werde es eine zweite Veranstaltung geben, kündigte die Verwaltung an. Kritik gab es vor allem an der „Übergröße“ des Heims und der fehlenden sozialen Infrastruktur: Kindergärten und Schulen seien jetzt schon überlaufen. Viele forderten eine klarere Information im Vorfeld.
Wegen der Flüchtlingscontainer hatte tags zuvor der Planungsausschuss Wandsbek mit einem Blitzbeschluss für das Grundstück ein Bebauungsplanverfahren eingeleitet. Es soll Baurecht für 170 Sozialwohnungen für Wohnungslose auf 20.000 von insgesamt 70.000 Quadratmetern geschütztem Grünland schaffen. Die Wohnungen sollen der Containernutzung folgen. Dieser „Aufstellungsbeschluss“ sei nötig, um etwaige Anwohnerklagen gegen das Flüchtlingsheim abwehren zu können, sagte Baudezernent Arne Klein. „Anders bekommen wir die Befreiung (Ausnahmegenehmigung, d. Red.) vom Landschaftsschutz nicht rechtssicher hin.“ Eile sei geboten. Deshalb auch musste jede Diskussion über Baumassen, Verkehr und Naturschutzbelange unterbleiben.
Der CDU-Stadtplanungsexperte Philip Buse, selbst Jurist, widersprach der Darlegung Kleins. Eine Ausnahmegenehmigung für die Aufstellung von Containern sei völlig unabhängig von einem Bebauungsplanverfahren zu bewerkstelligen. Das Vorgehen zeige vielmehr, dass Verwaltung und rot-grüne Koalition in Wandsbek die Sozialwohnungen auf der grünen Wiese ohne lästige öffentliche Debatte durchsetzen wollen. „Unter dem Vorwand der Flüchtlingshilfe“, sagte Buse.
Die SPD wies die Anschuldigungen zurück. Auch der Grünen-Stadtplaner Oliver Schweim wollte sich nicht auf rechtliche Scharmützel einlassen: „Wenn mir die Verwaltung diese Rechtseinschätzung gibt, muss ich mich als Politiker darauf verlassen. Priorität haben die Menschen. Ihnen müssen wir jetzt helfen.“
Eine Abendblatt-Nachfrage bei einer renommierten, auf Baurecht spezialisierten Hamburger Kanzlei stützte Buses Rechtsauffassung: Der im Aufstellungsbeschluss der Koalition kundgetane bloße Wille zu bauen, könne keine Einschränkung geschützter Naturbelange begründen, hieß es. Dafür seien „inhaltliche Gründe“ nötig.
Auch seien Befreiungen grundsätzlich nur „Randkorrekturen“. Wenn 20.000 von 70.000 Quadratmetern aus dem Landschaftsschutz genommen werden, sei das keine punktuelle Ausnahme mehr, weshalb der Landschaftsschutz förmlich aufzuheben sei.