Wandsbek . Ein Buch von Bundeswehrstudenten löst eine Debatte über Leitbilder aus. Sie kritisieren auch den Prestige-Verlust in der Bevölkerung.
Studentische Veröffentlichungen lösen eher selten ein breites Echo aus. Doch 16 jungen Offizieren und Studierenden der Hamburger Bundeswehr-Universität ist es gelungen, eine erneute bundesweite Debatte über die gesellschaftliche Akzeptanz der Soldaten und die Innere Führung zu entfachen.
Mit ihrem kürzlich erschienenen Buch „Armee im Aufbruch. Zur Gedankenwelt junger Offiziere in den Kampftruppen der Bundeswehr“ bestimmen sie Themen in den Medien – und die internen Debatten. In der Publikation meldeten sich Vertreter der „Generation Einsatz“ mit ihren Erfahrungen und Kritik zu Wort.
Die 16 Studierenden der Helmut-Schmidt-Universität fordern ein Leitbild Innerer Führung, bei dem Begriffe wie Kampf, Gefecht und Kameradschaft stärker betont werden. Es gehe um die Renaissance preußischer Tugenden wie Disziplin, Treue und Mut. Und um das künftige Leitbild eines „professionellen Offiziers“, der frei von Politisierung sei.
Vor allem aber beklagen sie den ihrer Ansicht nach dramatischen Prestige-Verlust der Soldaten in der deutschen Öffentlichkeit. Die mangelnde Teilhabe der „lethargischen“ und weitgehend pazifistisch eingestellten Öffentlichkeit sei für sie frustrierend. Die Gesellschaft sei ohnehin „hedonistisch und individualistisch“ geprägt. Leutnant Nathalie Marie Falkowski, Jahrgang 1991 und Studentin der Bildungs- und Erziehungswissenschaften, berichtet sogar von Pöbeleien von Zivilisten, so dass viele Soldaten ihre Uniformen nicht mehr tragen würden, wenn sie privat unterwegs seien.
Herausgeber des Buchs sind Hauptmann Marcel Bohnert und Leutnant Lukas Jonatan Reitstetter. „Das Echo, das uns erreicht, liegt bei weitem über dem, was wir erwartet haben“, sagt Reitstetter. Die Reaktionen in der Bundeswehr seien ebenfalls positiv. So betonte Brigadegeneral Volker Barth, Beauftragter des Generalinspekteurs für Erziehung und Ausbildung: „Der Sammelband ist ein überzeugendes Beispiel für das, was wir brauchen: die kritische und gut reflektierte Auseinandersetzung mit dem Beruf der Soldatinnen und Soldaten.“
Kritisch setzte sich hingegen der Hamburger Militärhistoriker Klaus Naumann vom Institut für Sozialforschung mit dem Sammelband auseinander und attestierte: „Die dort fallenden Äußerungen kann man als Dokumente einer Verunsicherung und Suchbewegung lesen.“ Weitere Kritiker halten die Publikation „Armee im Aufbruch“ für wenig aussagekräftig, weil die statistisch belegte breite Akzeptanz der Bundeswehr nicht beachtete werde. Dietmar Strey, Sprecher der Bundeswehr-Uni, sagte: „Forschung und Lehre werden auf das Buch nicht zurückgreifen.“
Marcel Bohnert/Lukas J. Reitstetter (Hg.): „Armee im Aufbruch“, Miles Verlag, 280 S., 24,80 Euro