Hamburg.

Es sind in der Regel gescheiterte Menschen, die bei Andreas Stasiewicz Rat suchen. Der 56-Jährige leitet das Projekt „Plata“ bei der Anlaufstelle für wohnungslose EU-Bürger, das seine Räume ganz in der Nähe des Hamburger Hauptbahnhofs hat. Plata ist polnisch und kommt von dem deutschen Ausdruck „Platte machen“. Vor der Tür von Stasiewicz drängen sich etwa ein Dutzend Obdachlose. Manchmal sind es bis zu 70, sagt der aus Breslau stammende Soziologe. Die Gesichter der meisten Wartenden sind vom Alkohol gezeichnet. Es riecht etwas streng im Vorzimmer, an den Wänden im Treppenhaus sind Blutspritzer einer Schlägerei zu sehen.

Die Mitarbeiter wollen helfen – wenn auch nicht unbedingt in Hamburg

Gleichwohl herrscht eine aufgeräumte Stimmung bei Stasiewicz und seinen vier Mitarbeitern, deren Arbeit von der Stadtmission und der Sozialbehörde getragen wird. Sie wollen ihren Klienten helfen und – wenn möglich – eine Perspektive bieten, nicht unbedingt in Hamburg. „Wir versuchen, Alternativen im Heimatland zu finden“, sagt Stasiewicz.

In Polen hat „Plata“ einen starken Partner namens „Barka“. Diese Organisation hilft in Not geratenen Polen in ganz Europa und hat für sie in der Nähe von Posen Reintegrationszentren aufgebaut. „Die Menschen, die hier auf der Straße waren, bekommen dort das, was sie brauchen“, sagt Stasiewicz. Er spricht aus Erfahrung. Einem alkoholkranken Mann hatte er in Hamburg eine Therapie vermittelt, die aber an der Sprachbarriere scheiterte. In Polen wurde er erfolgreich behandelt und kam zwei Jahre später „trocken“ nach Deutschland zurück. Stasiewicz hat die in Deutschland kaum bekannten Zentren von „Barka“ besucht. „Ich habe mich selbst gewundert, dass es solche Einrichtungen gibt.“

Ein ehemals Obdachloser, den er kennt, baut nun in Ostpolen ein eigenes Haus im Wert von 10.000 bis 15.000 Euro. Andere sind in einem Zentrum untergekommen, das ein Tierheim für streunende Hunde betreibt. „Das funktioniert so wunderbar“, schwärmt Stasiewicz. Jeder habe in den Zentren sein eigenes Zimmer, gegessen werde in Gemeinschaftsräumen. „Ich träume davon, dass wir so was in Rumänien finden“, sagt Stasiewicz, oder in Bulgarien.

Für den Leiter der Hamburger Bahnhofsmission, Axel Mangat, steht fest, dass nicht jedes soziale Problem in Hamburg gelöst werden kann, und manches nur im Herkunftsland der Betroffenen. Seit 2002 hätten immer mehr Osteuropäer in der Bahnhofsmission Hilfe gesucht. Mangat und seine Mitarbeiter suchten Kollegen, die die Sprachen der Hilfesuchenden verstanden, und gaben den Anstoß zu „Plata“. Inzwischen ist er überzeugt, dass die sozialen Probleme des EU-Binnenmarktes eine transnationale Sozialarbeit erfordern. Was in Polen inzwischen so gut funktioniere, müsse auch mit Rumänien und Bulgarien in Gang kommen.