Winterhude . Der Sänger leidet an einer Muskelkrankheit. Doch entmutigen lässt sich Rüdiger Wolff nicht. Ganz im Gegenteil.

Das Leben hat es mit Rüdiger Wolff eigentlich immer gut gemeint. Der gebürtige Flensburger moderierte viele Jahre Erfolgssendungen wie „Die Aktuelle Schaubude“ oder „Wunderschöner Norden“ im NDR-Fernsehen. Er feierte als Schauspieler im TV wie auf Musical- und Theaterbühnen große Erfolge. Auch als Sänger begeistert der Entertainer sein Publikum. Der 62-Jährige hat mehr als 300 Konzerte gegeben.

Doch vor einem halben Jahr nahm sein Leben eine Wendung. Das Schicksal hat zugeschlagen: „Ich leide an einer unheilbaren Muskelerkrankung. Es ist eine neurologisch bedingte Muskelatrophie. Die Diagnose hat mir der Professor wenig einfühlsam am Telefon überbracht“, sagt Rüdiger Wolff.

Der Künstler hat in seine Wohnung in Winterhude zum Gespräch gebeten. Hier hat einst der legendäre Volksschauspieler Henry Vahl gelebt.

Das Zuhause von Rüdiger Wolff ist geschmackvoll eingerichtet mit antiken Möbeln. Auf der Anrichte fällt das Meißner Porzellan ins Auge und der schwarze Bechstein-Flügel dominiert das lichtdurchflutete Wohnzimmer. Seine Hände gleiten über die Tasten: „Ich werde so lange Klavier spielen, bis die Hände nicht mehr mitmachen. Es ist eine große Leidenschaft von mir.“ Seine Krankheit kann bis zu einer „kompletten Lähmung“ führen, haben die Ärzte Wolff gesagt. Er stockt, seine Stimme wird leiser: „Auch, dass ich nur noch wenige Jahre zu leben hätte, wenn die Krankheit die Lunge befällt, wurde mir mitgeteilt.“

Aber der Entertainer gibt sich kämpferisch: „Ich will leben. Ich möchte auch anderen Menschen Mut machen und darum gehe ich an die Öffentlichkeit.“ Sich zurückzuziehen und mit seinem Leid zu hadern, das würde nicht dem lebensfrohen Naturell von Rüdiger Wolff entsprechen.

Er führt auf die Dachterrasse, blickt ins Grüne: „Ich erfreue mich an der Natur und darüber, dass ich in dieser schönen Wohnung leben darf.“ Vor sieben Jahren ist er in die Nähe des Stadtparks gezogen, damals hatte er sich von seiner Frau Dörte getrennt – die beiden verstehen sich heute wieder „sehr gut“. Die gemeinsame Tochter Katharina hat schon in jungen Jahren als CDU-Politikerin Karriere gemacht und führt heute erfolgreich eine Personalberatungsagentur: „Katharina unterstützt mich sehr und hat sich auch wegen meiner gesundheitlichen Probleme aus der Politik zurückgezogen, um mehr Zeit für mich zu haben.“ Die beiden haben früher zusammen gesungen und landeten mit ihrem Duett „Es muss Liebe sein“ einen Hit. Eine unbeschwerte Zeit.

Die ersten Symptome seiner Krankheit traten vor etwa drei Jahren auf. Auf einem Konzert konnte Wolff plötzlich das Mikrofon nicht mehr halten. In den nächsten Monaten fühlte sich der Entertainer häufig schwach, die Arme schmerzten und die Bewegungen fielen immer schwerer: „Ich habe viele Ärzte konsultiert, aber eine genaue Diagnose konnte zunächst keiner stellen. Jetzt weiß ich um die unheilbare Muskelerkrankung.“

Doch Rüdiger Wolff, der inzwischen in dem weißen Sessel vor dem Kamin Platz genommen hat, gibt nicht auf: „Ich gehe regelmäßig zur Physiotherapie und bewege mich viel.“ Trotzdem ist jede Bewegung eine Herausforderung, weil die Arme nicht mehr so richtig mitspielen: „Wenn ich mich anziehe oder die Haare wasche, ist es alles ein wenig umständlicher, aber Hauptsache es funktioniert.“

Kraft schöpft Rüdiger Wolff aus der Musik. Deshalb hat er auch ein neues Album aufgenommen. „Sündhaft blau“ heißt es. Früher – es gibt mehr als 30 CDs des Künstlers – hat er Schlager gesungen. Ganz anders sein aktuelles Werk, dass seit einigen Wochen im Handel erhältlich ist: Der studierte Literaturwissenschaftler hat Texte von Erich Kästner, Wilhelm Busch und Kurt Tucholsky vertont: „Es sind zwölf Chansons auf dem Album entstanden, die mal ernst und mal herrlich fröhlich sind. Nicht oberflächlich, sondern tief gehend“, sagt Rüdiger Wolff.

Das neue Album zieht etliche Interviews und Auftritte nach sich

Der Sänger stellt den CD-Player an. Es gibt eine Kostprobe: „Augen in der Großstadt“, „Sachliche Romanze“ oder „Auf Wiedersehen“ heißen die Texte. Verschiedene Musikstile wie Jazz, Ballade, Bossa-Nova und Tango wurden hier gekonnt verarbeitet. Er lächelt: „Das ist das Beste, was ich musikalisch je gemacht habe. Da stecken 100 Prozent Rüdiger Wolff drin.“

Das neue Album bedeutet auch viel Trubel für Rüdiger Wolff. Radio- und Fernsehsender laden ihn zu Interviews ein. Es stehen Auftritte in diversen Talkshows auf dem Programm. Demnächst stehen wieder Konzerte an. Positiver Stress: „Ich bin gerne unterwegs und mit Menschen zusammen. Wenn ich andere für meine Musik begeistern kann, bin ich glücklich.“

Die Zeit ist wie im Flug vergangen. Die Krankheit von Rüdiger Wolff scheint jetzt weit weg zu sein, auch wenn sie ein Teil von ihm ist. Rüdiger Wolff lächelt dem Besuch ein letztes Mal zu, sagt zum Abschied: „Ich weiß nicht, wie lange ich noch habe. Aber es wird eine intensive Zeit werden.“