Hamburg. Mitgliederversammlung wählt 31-Jährige mit 56 Prozent. Die bisherige Vorsitzende Katharina Fegebank mit Applaus verabschiedet.

Mit Namen soll man bekanntlich keine Witze machen. Also verbietet es sich auch, von blinden Hühnern und Körnern oder dergleichen zu schreiben, bloß weil die neue Chefin der Hamburger Grünen mit Nachnamen Huhn heißt. Auf Spanisch jedenfalls. Mit sehr knapper Mehrheit haben die Hamburger Grünen die 31-jährige Politikwissenschaftlerin Anna Gallina am Sonnabend in der Medienschule Wandsbek zu ihrer neuen Vorsitzenden gewählt – und damit zur Nachfolgerin, der nach fast sieben Jahren scheidenden Katharina Fegebank, die nun als Wissenschaftssenatorin und Zweite Bürgermeisterin im rot-grünen Senat viel und anderes zu tun hat.

85 der 158 Anwesenden gaben Gallina ihre Stimme. Das sind lediglich 56 Prozent und acht Stimmen mehr als das nötige Quorum. Ihre Gegenkandidatin Sava Stomporowski erhielt 28 Stimmen. Immerhin 31 Grüne stimmten gegen beide Kandidatinnen, acht enthielten sich. Zum stellvertretenden Landesvorsitzenden wählten die Grünen den bisherigen Schatzmeister Michael Gwosdz – ohne Gegenkandidaten und mit einem deutlich besseren Ergebnis als Gallina. Der 40-jährige Politikwissenschaftler und Leiter einer Beratungsstelle erhielt 93,2 Prozent der abgegebenen Stimmen. Damit ist Gwosdz der neue starke Mann in der Hamburger Grünen-Spitze.

In Ihrer Bewerbungsrede hatte Gallina zuvor den Fischmarkt zum inhaltlichen Leitmotiv gewählt – und dies auch durch eine bisweilen aufschreckend laute Rede formal unterstrichen. Die Grünen müssten auch in der Regierung als Partei stark bleiben, forderte Gallina. „Wir müssen uns herausnehmen, dass wir uns über den Koalitionsvertrag hinaus entwickeln und äußern können.“

Die Grünen müssten wieder zur führenden bildungspolitischen Partei in Hamburg werden. Sie stünden für Bürgerrechte und gegen die Vorratsdatenspeicherung, stattdessen für mehr Beteiligung und mehr Demokratie. Deswegen sei es auch richtig, dass Rot-Grün nun Referenden eingeführt habe. Die Kritik von „Mehr Demokratie“ an der am Donnerstag beschlossenen Verfassungsreform sei „absurd“, so Gallina.

Die Ähnlichkeiten zwischen der alten und der neuen Landesvorsitzenden sind bei alldem beeindruckend – nicht nur ein stückweit in Naturell und Erscheinung. Wie Fegebank übernimmt Gallina den Grünen-Vorsitz mit 31 Jahren. Wie Fegebank bisher, arbeitet auch Gallina an der Leuphana Universität in Lüneburg – als Geschäftsführerin des Präsidiums.

Gleichwohl gibt es viele Unterschiede. Die neue Chefin ist Mutter einer siebenjährigen Tochter und eines dreijährigen Sohnes. Erst 2010 ist die in Hamburg geborene passionierte Schwimmerin in die Partei eingetreten. Zuvor war sie für einige Jahre in der „Sozialistischen Deutschen Jugend – Die Falken“ aktiv. Zugleich engagierte sich Gallina im Landeselternausschuss Kindertagesbetreuung (LEA) und bei der Initiative „Chancen für alle“ – Hamburger Allianz für Bildung/Die Schulverbesserer. Bis zur ihrer Wahl in die Bürgerschaft im Februar war sie Vorsitzende der Grünen-Fraktion in der Bezirksversammlung Eimsbüttel.

Mit stehendem Applaus und Jubel hatten die Grünen vor der Neuwahl des Vorstandes die bisherige Vorsitzende Katharina Fegebank verabschiedet, die die Hamburger Grünen seit 2008 geführt hatte – und damit so lange wie keine Chefin zuvor. Der Vorsitzende der Bürgerschaftsfraktion Anjes Tjarks stellte als größte Leistung Fegebanks heraus, wie diese nach der überraschenden Wahlniederlage 2011 die Partei „wieder auf die Füße gestellt“ habe. „Du hast nach dem Ende von Schwarz-Grün gestanden, wir haben es Dir zu verdanken, dass wir wieder regierungsfähig geworden sind“, so Tjarks. „Du hast uns zurück an die Regierung geführt.“

Eine große Stärke Fegebanks sei ihre Offenheit und Warmherzigkeit, sagte Tjarks. Das habe immer bei der Kommunikation geholfen, sowohl innerhalb der Partei als auch außerhalb. Sogar Bürgermeister Olaf Scholz, Senatskanzleichef Christoph Krupp oder Wirtschaftssenator Frank Horch tauten auf, wenn sie mit Fegebank sprächen, so Tjarks.

Fegebank selbst resümierte ihre von der schwarz-grünen Koalition, der Wiederaufrichtung der Partei nach der Niederlage 2011 und der Rückkehr an die Macht geprägte Zeit als Landeschefin mit einem einfachen Satz: „Es gibt eigentlich keinen schöneren Job.“ Sie habe es immer genossen, „einer Partei vorzustehen, die von Mitgliedern getragen wird, die sich allein von ihrer Überzeugung leiten lassen“, so Fegebank. „Die Hamburger Grünen sollen ein Ort sein, an dem sich die Mitglieder wohl fühlen. Das Feuer darf dabei niemals aufhören zu brennen.“