Hamburg . Paternoster dürfen ab sofort nur noch nach einer Einweisung benutzt werden. Wie geht es mit Hamburgs historischen Fahrstühlen weiter?
Ihr offizieller Name lautet Umlaufaufzüge, bekannt sind sie aber unter dem Begriff Paternoster. Vor allem in Hamburg hat diese Art der vertikalen Beförderung Tradition, denn schon im Jahr 1886 wurde der damals neu errichtete Dovenhof mit einem Paternoster versehen, die erste Anlage überhaupt außerhalb Großbritanniens. Das Gebäude wurde jedoch schon 1967 abgerissen. Knapp 40 Exemplare dieser mit einer schweren Kette verbundenen, nach vorn hin offenen Kabinen sind in in der Hansestadt aber noch in Betrieb, die meisten in altehrwürdigen Kontorhäusern, Bürogebäuden und Behörden. Einige sind nur für Mitarbeiter gedacht, andere öffentlich und kostenlos für Besucher begehbar - zumindest bisher.
Denn eine neue Betriebssicherheitsverordnung könnte die Benutzung künftig einschränken. Das Ressort von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hat beschlossen, dass Paternoster ab dem 1. Juni nur noch durch Beschäftigte verwendet werden dürfen, die vom Arbeitgeber zuvor eingewiesen wurden. Das bedeutet: Besucher müssten künftig die Treppe oder einen regulären Aufzug nehmen, da sie nur schwerlich eingewiesen werden können.
Keine schweren Paternoster-Unfälle in Hamburg
Doch warum das Ganze? „Eingeführt wurde eine Benutzungseinschränkung für Publikumsverkehr, weil es in der Vergangenheit immer wieder zu schweren Unfällen und Todesfällen gekommen ist“, sagt eine Sprecherin des Arbeitsministerium. Die Länder und beteiligte Landkreise hatten eine entsprechende Einschränkung demnach bei einer Anhörung 2013 gefordert. Konkret vorgeschlagen hatte die nun greifende Formulierung dem Vernehmen nach der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau. Unter anderem war zuvor in Oberhausen ein kleiner Junge in einen Paternosterschacht gedrückt worden. In Frankfurt/Main klemmte sich eine Frau die Beine ein. In Mainz war ein Mann mit dem Kopf eingeklemmt worden. Dem Amt für Arbeitsschutz in Hamburg sind keine schweren Unfälle mit Paternostern in der Hansestadt aus den vergangenen Jahrzehnten bekannt, obwohl es beim Ein- und Ausstieg schon einer gewissen Vorsicht bedürfe, sagte Sprecher Rico Schmidt.
Doch für die Hamburger Finanzbehörde wird die Regelung zum Problem. Dort gibt es Paternoster, die für Besucher unentbehrlich seien. "Wir haben nur einen modernen Aufzug, und der eignet sich nicht für den Durchgangsverkehr", sagt Pressesprecher Daniel Stricker. Da der Paternoster wie das gesamte Gebäude unter Denkmalschutz stehen, seien Umbauten, die den Gebrauch unter Umständen sicherer machen könnten, ohnehin verboten. "Notfalls hängen wir ein Schild auf, auf dem wir die Besucher darauf hinweisen", sagt Stricker.
Viele ziehen den Paternoster dem Fahrstuhl vor
Wie das Bezirksamt Eimsbüttel. Bereits seit einigen Monaten steht vor den Paternostern im Erdgeschoss der denkmalgeschützten Grindelhochhäuser nun schon ein Schild, auf dem Besucher darauf hingewiesen werden, dass nur "eingewiesene Personen" berechtigt sind, mit dem Umlaufaufzug zu fahren. Zwar gibt es auch einen regulären Lift, laut Bezirksamtsleiter Torsten Sevecke würden aber rund 80 Prozent der Besucher lieber den Paternoster benutzen, um ins Kundenzentrum zu kommen, das sich im ersten Stock befindet.
Sevecke sei bereits seit Längerem mit dem Arbeitsschutzamt und dem Denkmalschutzamt im Gespräch, um eine sogenannte "kommunale Ausnahmeregelung" zu erwirken. "Diese Möglichkeit ist auch Teil des neuen Gesetzes", so Sevecke. Dieses beinhaltet, dass die zuständigen Arbeitsschutzbehörden der Länder ermächtigt werden können, die Paternoster-Benutzung auch anderen Personen als Beschäftigten zu gestatten, wenn es mit der Sicherheit der Benutzer vereinbar sei. Diese Novelle solle das Bundeskabinett voraussichtlich im Herbst passieren. Bis dahin bleibt das Schild stehen. Ob kontrolliert wird, wer den Paternoster nutzt? Laut Sevecke sei dafür nicht das Bezirksamt als Mieter des Gebäudes zuständig, sondern der Eigentümer.
Einen ausführlichen Bericht zu diesem Thema lesen Sie in der Freitag-Ausgabe vom Hamburger Abendblatt