Hamburg. Deutsche Werften steigern Umsätze dank Traumschiffen um 28 Prozent. Der Standort Hamburg verzeichnet allerdings einen Umsatzrückgang.

Der deutsche Schiffbau meldet sich zurück. Nach der Verlagerung des traditionellen Frachtschiffbaus in Richtung Asien, nach Werft­insolvenzen und Massenentlassungen in der Vergangenheit hat die deutsche Schiffbauindustrie im vergangenen Jahr einen kräftigen Aufschwung erlebt. So erhöhten sich die Umsätze der deutschen Werften um 28 Prozent auf 6,4 Milliarden Euro, teilte der Verband für Schiffbau und Meerestechnik (VSM) am Mittwoch im Hotel Atlantic mit. Es gingen neue zivile Aufträge für 16 Schiffe im Wert von 4,3 Milliarden Euro ein. Der Auftragswert steigerte sich damit um 65 Prozent gegenüber dem schwachen Jahr 2013, sagte der VSM-Hauptgeschäftsführer Reinhard Lüken. Damit erhöhte sich der Auftragsbestand auf 40 Schiffe im Auftragswert von 10,8 Milliarden Euro, das ist der höchste seit 2008.

Damit löste sich der deutsche Zweig der Schiffbauindustrie vom allgemeinen negativen Trend. Denn weltweit sind die Auftragseingänge für Schiffsneubauten 2014 um 18 Prozent zurückgegangen, und die Branche leidet immer noch unter erheblichen Überkapazitäten.

Grund für die bessere Lage hierzulande ist, dass sich die deutschen Werften nach den Pleitejahren erfolgreich in Zukunftsnischen positionieren konnten. „Die Konzentration auf Kernmärkte zahlt sich aus“, sagte der VSM-Vorsitzende Harald Fassmer. So machen Kreuzfahrtschiffe und Mega-Jachten inzwischen 88 Prozent des Auftragsbestands aus. Hinzu kommen Forschungsschiffe, Spezialschiffe für die Offshore-Windindustrie und im militärischen Schiffbau die erfolgreichen Brennstoffzellen-U-Boote. Tanker, Massengut- und Containerschiffe werden in Japan, Korea und China gebaut, wo die Werftkapazitäten mit staatlicher Hilfe massiv ausgeweitet wurden.

Diese Expansionsbestrebungen kollidieren jetzt mit der schwächelnden globalen Nachfrage. In der Folge machen viele Schiffbau-Großkonzerne hohe Verluste, die sich zusammengenommen auf deutlich mehr als zehn Milliarden Dollar belaufen.

Die deutschen Werften bleiben davon nicht unberührt, da angesichts des massiven Wettbewerbs in Fernost inzwischen auch der Nischenmarkt ins Auge gefasst wird. „Neue Lösungen und Erfolge ziehen immer schnell Nachahmer an“, sagte Fassmer

Ein Beispiel dafür sei das wachsende Interesse der Chinesen am Kreuzfahrtmarkt, sagte Bernard Meyer, Inhaber der gleichnamigen Werft in Papenburg. „Kurzfristig können wir davon profitieren, weil mehr Schiffe benötigt werden. Es ist aber nur eine Frage der Zeit, wann die Chinesen auf die Idee kommen, diese Schiffe selbst herzustellen und eine entsprechende Zulieferindustrie aufzubauen“, so Meyer.

Im Anlagenbau und in der Fertigung von Hightech-Komponenten im Schiffbau habe China erhebliche Fortschritte gemacht, ergänzte Hans Christoph Atzpodien, Vorstand von ThyssenKrupp Marine Systems. Deutsche Schiffbauer sollten nicht den Weg anderer Industrien gehen, die in China Produktionskapazitäten aufgebaut haben, etwa für Eisenbahnen oder Flugzeuge. „Wir müssen eine europäische Antwort finden“, sagte Meyer. „Wir werden am Ende alles tun, um den Standort Europa zu stärken, nicht den Standort China.“

So gut es um den deutschen Schiffbau insgesamt steht: Nicht alle Standorte haben gleichermaßen davon profitiert. So weist der einst größte deutsche Werftenstandort Hamburg für 2014 einen Umsatzrückgang von 480 auf 260 Millionen Euro aus. Der Hamburger Anteil am gesamten deutschen Markt liegt bei nur noch vier Prozent.