Als Mutter möchte ich natürlich, dass sich gut ausgebildete Leute um meine Kinder kümmern. Dafür sollen die Erzieherinnen auch vernünftig bezahlt werden. Insofern habe ich Verständnis für den Streik. Wäre ich Erzieherin, würde ich vielleicht auch streiken. Doch wie so oft, trifft dieser Streik die Falschen. Ich kann doch nichts dafür, wie gut oder schlecht die Erzieherinnen bezahlt werden!
Ich arbeite als Ärztin in einer Hausarztpraxis. Letzte Woche habe ich an meiner neuen Arbeitsstelle angefangen, bin also noch in der Probezeit. Und jetzt will die Kita meine Kinder nicht mehr betreuen? Soll ich dafür zu Hause bleiben? Mein Arbeitgeber wird sich bedanken. Zum Glück kann mein Mann auf der Arbeit Nachtschichten übernehmen. Nachts arbeitet er, und tagsüber kümmert er sich um die Kinder.
Das ist doch auch keine Lösung. Im Notfall können bei uns zum Glück die Großeltern der Kinder einspringen, aber diese ganze Unsicherheit bedeutet für uns einen Riesenaufwand. Und viele Eltern haben diese Möglichkeiten gar nicht – für sie ist die Belastung noch größer. Sie schwanken zwischen der Hoffnung auf ein baldiges Ende des Streiks und der Verzweiflung, die jeder neue Streiktag mit sich bringt,
Gerade, wenn der Streik so lange dauert, bleiben uns als Eltern wenige Möglichkeiten, eine Betreuung für die Kinder zu organisieren. Auch das Informationsmanagement ist eine Katastrophe. Die Erzieherinnen und die Kita-Leitung können uns nicht sagen, wie es weitergeht. Das läuft über einen Anschlag an der Tür. Wenn ich etwas Neues wissen will, muss ich hinterhertelefonieren.
Was mich zusätzlich so hilflos macht, ist, dass wir Eltern nichts tun können. Soll ich bei den Arbeitgebern anrufen? Soll ich den Gewerkschaften eine böse Mail schreiben?
Ich bin überzeugt, dass der Beruf mehr Anerkennung verdient. Ob die Erzieherinnen auch mehr Geld brauchen, kann ich nicht beurteilen. Verdienen die wirklich so viel weniger als Menschen in vergleichbaren Berufen?
Als Mutter wünsche ich mir natürlich bessere Betreuungsschlüssel in den Kitas. Ich finde allerdings nicht, dass mein Sohn mit drei Jahren Englisch lernen muss. Wichtig ist mir eine schöne Atmosphäre, in der sich Menschen um meine Kinder kümmern, die dafür auch genügend Zeit haben und nicht chronisch überlastet sind. Ich wünsche mir, dass im Kita-Alltag die Zeit bleibt, ein Kind in den Arm zu nehmen und zu trösten. Das ist es, worauf es in der Kinderbetreuung ankommt.
Die Mutter ist 32 Jahre alt, Allgemeinärztin und wohnt in Eimsbüttel. Ihre beiden Kinder sind drei Jahre und ein Jahr alt.