Ich mache meinen Job gerne. Bei dem Streik geht es mir nicht ums Geld. Ich kämpfe dafür, dass der Beruf der Erzieherin in der Gesellschaft mehr wertgeschätzt wird. Da ich schon so lange dabei bin, werde ich von den geforderten Lohnerhöhungen ohnehin nicht viel abbekommen. Außerdem bin ich solidarisch mit den jungen Kollegen. Wir müssen schließlich an die Zukunft des Berufs denken, und dafür ist es wichtig, dass die Leute davon leben können.

Meine Ausbildung habe ich Anfang der 1990er-Jahre begonnen. Seitdem sind die Anforderungen stark gestiegen. Viele neue Themen sind hinzugekommen, beispielsweise der Kinderschutz und die Inklusion von Kindern mit Behinderungen. Da dürfen wir keine Fehler machen, und das ist eine große Verantwortung für uns.

Auch die Ansprüche der Eltern wachsen, dadurch geraten wir als Erzieherinnen immer mehr unter Zugzwang. Früher hieß es noch, die Kinder lernen in der Schule – jetzt beginnt das immer früher. Die Eltern möchten, dass wir den Kindern Fremdsprachen beibringen oder zum Schwimmen gehen. Ich gehe wahnsinnig gern mit den Kindern schwimmen! Doch für uns Erzieherinnen bedeuten solche Aktivitäten einen großen organisatorischen Aufwand. Da muss nur eine Kollegin oder ein Kollege krank sein, und die ganze Planung bricht zusammen. Das erfordert wahnsinnig viel Flexibilität. Die Leute sehen oft nicht, wie viel Aufwand und Verantwortung dahinterstecken, das finde ich sehr schade. Sie haben dieses Bild im Kopf von den Erzieherinnen, die mit den Kindern im Garten spielen, und da denken sie sich: „Die haben es doch gut, warum beschweren die sich überhaupt?“

Als sogenannte Springerin betreue ich Kinder vom Krippen- bis ins Vorschulalter. Ich möchte jedem Kind gerecht werden. Dafür habe ich viele Weiterbildungen absolviert und nie aufgehört zu lernen. Ich tanze mit den Kindern, turne und mache Yoga mit ihnen. Manchmal mache ich um 11 Uhr Mittagspause, damit ich anschließend die Kinder beim Essen betreuen kann.

Die Teilnahme am Streik habe ich mir gut überlegt. Ich weiß, dass viele Eltern dadurch große Schwierigkeiten bekommen, aber anders geht es nun einmal nicht. Zu den Verhandlungen wollen wir schließlich ein starkes Signal senden. Ich frage mich aber manchmal, ob die Verhandlungsführer überhaupt wissen, was in den Kitas abläuft. Sie sollten mal vor Ort vorbeischauen.

Ich hoffe sehr, dass sich die Beteiligten bald einigen werden. Wenn der Streik aber noch mehr als zwei Wochen weitergeht, dann gehe ich lieber wieder arbeiten.

Die Erzieherin ist 43 Jahre alt, Mutter einer
16-jährigen Tochter und wohnt in Blankenese.