Flensburg/Hamburg. Der Erotik-Händler rückt seine Holding näher an den Vorstand in den Niederlanden. In Flensburg bleibt die Unterhaltungssparte.

Beate Uhse kommt nach Hamburg. Das Unternehmen verlegt 70 Jahre nach seiner Gründung in Flensburg seinen Firmensitz in die Hansestadt. Das bestätigte eine Sprecherin. Im Rahmen einer größeren Reorganisation hat der Erotikkonzern bereits 2012 einzelne Unternehmensteile wie das Marketing, die Unternehmenskommunikation sowie die Personalverwaltung an die Elbe verlegt. Noch in diesem Jahr folgt also die Holding. Das zumindest werden Vorstand und Aufsichtsrat den Aktionären als fünften Punkt der Tagesordnung zur Hauptversammlung am 29. Juni vorschlagen, wie die „Welt“ berichtet. In Flensburg verbleibt das New-Media-Geschäft mit der Sparte der Internet-Unterhaltung. Stellenverlagerungen werde es nicht geben, sagte die Sprecherin.

Keine Geschäftsbeziehung mehr zur Familie der Gründerin

Stellenverlagerungen und -abbau hat das Unternehmen bereits hinter sich – dazu eine wechselvolle Entwicklung. 1962 hatte Beate Uhse mit ihrem „Fachgeschäft für Ehehygiene“ die Grundlage für Deutschlands größten Erotikhändler gelegt. Es folgte ein rasanter Aufstieg. Zeitweise beschäftigte das Unternehmen mehr als 1500 Mitarbeiter.

1981 spaltete Beate Uhse den Erotikhändler Orion Versand ab und übergab diesen an ihren Stiefsohn Dirk Rotermund. Sohn Ulrich Rotermund kümmerte sich weiter um das Unternehmen Beate Uhse.

1999 brachte er das Unternehmen zusammen mit seiner Mutter an die Börse. Daraufhin zog sich Rotermund aus dem Vorstand zurück und wechselte in den Aufsichtsrat. Den verließ er 2009. Heute gibt es keine Geschäftsbeziehungen zur Familie Rotermund mehr. Sofern sie noch Aktien hält, liegt der Anteil unter der Meldeschwelle von drei Prozent.

Mit dem Familienunternehmen der Vergangenheit hat die heutige Beate Uhse AG nur noch wenig gemein. Dazwischen liegen schwierige Zeiten. Das Geschäft mit Pornofilmen läuft kaum noch, weil kostenfreie Angebote im Internet dem Handel das Wasser abgraben. Beate Uhse reagierte mit Zukäufen im Ausland sowie einem mehrjährigen Schrumpfungsprozess auf die sinkenden Umsätze.

Heute sitzt der Vorstand des Unternehmens in Almere bei Amsterdam. Dort hat das ehemalige Familienunternehmen auch sein Lager und seinen Großversand für Sexspielzeug, Hefte und Filme. Weiterer Standort der Firmenleitung ist Walsoorden an der holländisch-belgischen Grenze, nahe der Stadt Antwerpen. Dort betreibt Beate Uhse das Katalog-Geschäft. Der mit einem Anteil von knapp 30 Prozent größte Aktionär und Beate-Uhse-Aufsichtsratschef Gerard Cok sitzt dort quasi um die Ecke, nämlich in Belgien. Er bestimmt maßgeblich die Geschicke.

Gegen eine endgültige Verlagerung des Unternehmens ins Ausland spricht, dass die Firma nach deutschem Recht organisiert ist. So dürfte der Umzug der Holding nach Hamburg die praktischste Lösung sein. Gleichwohl sind von den 620 Mitarbeitern in Deutschland nur noch 226 beschäftigt. 330 Stellen hat Beate Uhse in den Niederlanden, 26 Stellen hat das Unternehmen in Belgien, 33 in Frankreich und sechs in Großbritannien. Wie viele Mitarbeiter noch in Flensburg beschäftigt sind und wie viele in Hamburg, will das Unternehmen nicht gesondert aufschlüsseln. Beate Uhse erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz von 143 Millionen Euro, davon 43 Millionen in Deutschland. Den größeren Anteil erwirtschaftet das Unternehmen längst im Ausland, etwa in den Niederlanden, Belgien und Großbritannien mit der Marke Pabo, oder in Frankreich mit der Marke Adam & Eve.

Beate Uhse betreibt 86 Sex-Shops in vier Ländern

Nach einer inhaltlichen Neuausrichtung und einer Fokussierung mehr auf Frauen expandiert Beate Uhse auch wieder: In Karlsruhe und Koblenz hat das Unternehmen 2014 neue Sex-Shops eröffnet. Insgesamt betreibt die Gruppe konzernweit 86 dieser Läden. Der Einzelhandel ist im Erlös nach dem Versandhandel noch immer das zweitgrößte Standbein von Beate Uhse. Stärkere Umsatzrückgänge verzeichnet wegen der Vielzahl an Gratisangeboten die Sparte Unterhaltung mit ihren Telefondiensten und Onlineprodukten, wie Videos auf Bestellung. Die Umsätze gingen in diesem Bereich im vergangenen Jahr um mehr als 20 Prozent auf 5,4 Millionen Euro zurück.

Für das Jahr 2015 erwartet der Konzern steigende Umsätze und eine Verbesserung des Ertrags aufgrund einer weiteren Zunahme des privaten Konsums in Europa. In Hamburg und Berlin plant Beate Uhse laut Geschäftsbericht die Eröffnung neuer Sex-Shops in zentraler Innenstadtlage.