Lüneburg .

Im Auschwitz-Prozess vor dem Landgericht Lüneburg werden die Verhandlungstage wegen der angegriffenen Gesundheit des Angeklagten verkürzt. Künftig soll täglich höchstens drei Stunden verhandelt werden, sagte der Vorsitzende Richter am Dienstag, nachdem ein vom Gericht beauftragter Mediziner den 93-jährigen Angeklagten Oskar Gröning untersucht hatte. Nach Ansicht des Arztes ist der ehemalige SS-Mann mit Einschränkungen verhandlungsfähig. Gröning wird Beihilfe zum Mord in mindestens 300.000 Fällen vorgeworfen.

Am Dienstag sagten drei Holocaust-Überlebende und die nach dem Krieg geborene Henriette Beck aus. Ihr Vater war aus Ungarn zunächst nach Auschwitz verschleppt worden. Von den Verwandten des Vaters habe kaum jemand überlebt, berichtete die Nebenklägerin. Seine erste Ehefrau und die fünf Jahre alte Tochter wurden in Auschwitz ermordet. „Diese Schattenfamilie hat mich immer begleitet“, sagte die 58-Jährige.

Die Auschwitz-Überlebende Kathleen Zahavi aus Toronto schilderte die furchtbaren Zustände bei der Deportation aus Ungarn und in Auschwitz-Birkenau. Sie berichtete, wie sie an der Rampe von ihrer Mutter und der Tante getrennt wurde – für immer. Sie habe mehr als 100 Familienmitglieder im Holocaust verloren, sagte die 86-Jährige. Nur sie selbst und eine ihrer Schwestern überlebten. Zum Schluss richtete Zahavi sich direkt an den Angeklagten. „Herr Gröning, Sie haben gesagt, dass Sie moralisch verantwortlich sind. Das ist nicht genug“, hielt sie dem 93-Jährigen vor. Gröning habe als junger Mann eine Bürde auf sich genommen, freiwillig. Er sei ein Teil des Schreckens gewesen. „Ich hoffe sehr, dass Sie diese schrecklichen Bilder den Rest Ihres Lebens verfolgen werden“, sagte Zahavi. Sie könne niemals vergessen und niemals vergeben.