Hamburg. Lex Olympia oder generelle Regelung? Nach Expertenanhörung sucht die Bürgerschaft Kompromiss

Nach der Sachverständigenanhörung im Verfassungsausschuss der Bürgerschaft sind die Fronten im Streit um die Einführung von Referenden verhärtet. Die Koalitionsfraktionen von SPD und Grünen sehen die Chance gewahrt, ein generelles Referendum („Hamburg-Referendum“) als eine Volksabstimmung „von oben“ in die Verfassung zu schreiben. Erster Anwendungsfall soll die Entscheidung über die Olympia-Bewerbung der Stadt sein. Dagegen sieht sich die Opposition von CDU und FDP in ihrer Auffassung bestärkt, ein nur einmaliges Referendum („Lex Olympia“) durch einen Verfassungszusatz sei der richtige Weg.

„Wir werden mit den Regierungsfraktionen in Gespräche über die verfassungsrechtliche Verankerung einer Lex Olympia eintreten“, sagte Karin Prien, verfassungspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion am gestrigen Donnerstag. „Eine Lex Olympia wird von den Verfassungsexperten offenbar als möglich angesehen. In diese Richtung wollen wir weitergehen“, sagte FDP-Fraktionschefin Katja Suding.

„Unsere Hand ist ausgestreckt. Wir nehmen alle Hinweise auf und sind gesprächsbereit“, betonte SPD-Fraktionschef Andreas Dressel. Aus Sicht des SPD-Politikers hat die Expertenanhörung ergeben, dass für die Einführung von Referenden in jedem Fall die Verfassung geändert werden muss, wie von SPD und Grünen vorgesehen.

Denkbar seien drei Varianten: außer dem generellen Referendum und der Lex Olympia eine in der Verfassung verankerte Volksbefragung, die aber nicht verbindlich sei. „Unsere Präferenz ist Variante A. Aber es werden keine einfachen Gespräche“, sagte Dressel. Farid Müller, der Verfassungsexperte der Grünen, sieht gute Möglichkeiten, die Bedenken der Opposition in den rot-grünen Entwurf für ein generelles Referendum einzuarbeiten. „Ich habe Zweifel bezüglich einer Lex Olympia. Eine Einzelfallregelung schreibt man nicht in die Verfassung“, sagte Müller.

Die fünf Rechtsexperten hatten im Ausschuss die Verfassungsänderung für einen gangbaren Weg gehalten. Gleichzeitig warnten einige Juristen vor den unabsehbaren Folgewirkungen eines generellen Referendums. „Damit würde man ein Fass aufmachen, ohne zu wissen, was in dem Fass drin ist“, sagte zum Beispiel Prof. Hans Meyer von der Humboldt Universität Berlin.

Viel Zeit zu Beratung und Verhandlung bleibt den Parlamentariern nicht. Damit das Olympia-Referendum am 8. November abgehalten werden kann, was als spätester Termin gilt, muss sich die Bürgerschaft mit der geplanten Verfassungsänderung schon am 6./7. Mai befassen. Das heißt: Am kommenden Dienstag muss sich der Verfassungsausschuss auf einen Kompromiss verständigt haben. Das Protokoll der Expertenanhörung wird wohl erst am Montag vorliegen – nicht viel Zeit zur Lektüre der komplizierten Materie.

Einer Verfassungsänderung müssen zwei Drittel der 121 Bürgerschaftsabgeordneten zustimmen – also 81. SPD (58) und Grüne (14) kommen zusammen auf 72 Stimmen. Rot-Grün ist rechnerisch also auf die Unterstützung mindestens einer Oppositionsfraktion angewiesen. Die CDU kommt auf 20 Abgeordnete, die FDP auf neun. Die Linke, die den Vorschlag von SPD und Grüne in der jetzigen Form ablehnt, hat acht Abgeordnete, die allein nicht ausreichen würden.