Hamburg. Das Referendum im Herbst entscheidet, ob Hamburg die Kandidatur für Olympia 2024 fortsetzt. Die Befürworter haben schon eine Strategie.

Der Weg zu Olympischen und Paralympischen Sommerspielen ist lang. Nach der Nominierung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) für 2024 oder 2028 muss Hamburg im Herbst die nächste hohe Hürde überwinden – das Referendum. Es soll im Oktober oder November abgehalten werden. Der Hamburger Sportbund (HSB) hat jetzt ein erstes Konzept ausgearbeitet, wie eine möglichst große Zustimmung der Bevölkerung eingeholt werden kann.

50,01 Prozent reichten, um die Kampagne fortzusetzen, jeder Prozentpunkt mehr würde die Chancen im internationalen Wettstreit mit bisher Paris, Boston (USA) oder Rom verbessern. Das Internationale Olympische Komitee wählt den Ausrichter für 2024 im Sommer 2017 in Lima (Peru).

In einer repräsentativen Meinungsumfrage hatten sich Ende Februar 64 Prozent der Befragten für Sommerspiele in Hamburg ausgesprochen. Die Mobilisierung der Befürworter stellt bei einer Volksabstimmung aber die größte Herausforderung dar. Beim gescheiterten Referendum über die Winterspiele 2022 hatte im November 2013 – bei einer Wahlbeteiligung von 28,6 Prozent – zwar jeder zweite Olympiagegner in München seine Stimme abgegeben, aber nur jeder fünfte Fürsprecher. Mit 52 zu 48 Prozent setzten sich die Gegner durch. München zog seine Bewerbung zurück. Beim DOSB wirkt dieses Trauma bis heute nach.

Hamburg glaubt aus den Fehlern der Münchner gelernt zu haben, bereitet sich daher schon ein halbes Jahr vor dem Urnengang auf die Abstimmung vor und sucht den Dialog mit Olympiaskeptikern und -gegnern. Der HSB soll dabei eine zentrale Rolle spielen. Mit rund 580.000 Mitgliedschaften in 817 Vereinen und 54 Fachverbänden ist der Sportbund die mit Abstand größte Personenvereinigung der Stadt.

Der vorgelegte Maßnahmenkatalog des HSB umfasst Vortrags -und Diskussionsveranstaltungen in den Vereinen, Ansprachen der Teilnehmer bei Lehrgängen, Fortbildung und Trainerseminaren. Angedacht ist zudem eine Abschlussveranstaltung im Haus des Sports am Schlump. „In unseren Sportvereinen ist eine große Zustimmung zu den Olympiaplänen der Stadt zu erwarten“, sagt HSB-Präsident Dr. Jürgen Mantell, „unsere Zielsetzung muss es nun sein, diese Personengruppen auch zur Stimmabgabe zu bewegen. Wir brauchen eine hohe Wahlbeteiligung.“

In Zusammenarbeit mit den mitgliederstarken Clubs, den sogenannten Topsportvereinen, hat der HSB in den vergangenen Wochen verschiedene Vorschläge entwickelt, um möglichst viele Sportler anzusprechen:

„Sport treiben und wählen!“ Vereine veranstalten Events, zu denen Mitglieder und Interessierte ihre Briefwahlunterlagen mitbringen.

„Aktionen organisieren!“ Teams wählen geschlossen in ihrem Wahllokal, Spieltage der Mannschaftssportarten werden von den Verbänden unter ein Motto gestellt, etwa „Feuer und Flamme für Spiele in Hamburg“.

„Erst wählen, dann spielen!“ Mannschaften gehen vor dem Anpfiff ihres Spiels geschlossen in Sportkleidung an die Urne – und tragen danach ihren Wettkampf aus.

„Wahl-Wettbewerbe“. Welcher Club hat die charmanteste Idee, die Hamburger für Olympia zu begeistern. Diese wird dann prämiert.

Die Aktionen sollen nach den Hamburger Sommerferien Ende August beginnen und in den vier Wochen vor dem Referendum intensiviert werden. Das Wichtigste sei, schreibt der HSB in seinem fünfseitigen Papier, „die Leute möglichst früh zum Wählen zu animieren, damit sie ihr Wahlrecht auch ausüben und es nicht einer spontanen Entscheidung am Wahltag überlassen bleibt, ob sie überhaupt wählen gehen“. Die Initiativen sollen, so der HSB, die üblichen Gründe, nicht zu wählen, „keine Lust, schönes Wetter, Omas Geburtstag“, minimieren helfen.

Der Sportbund will alle Aktionen und Informationen koordinieren und eigene Wahlkampfteams schaffen – mit Präsidiumsmitgliedern, Hauptamtlichen, aktuellen und ehemaligen Olympiateilnehmern. „Olympische Sommerspiele in unserer Stadt würden dem Hamburger Spitzen- und Breitensport, ja der ganzen Stadt faszinierende neue Möglichkeiten eröffnen“, sagt Mantell, „wir sollten alles dafür tun, uns diese Chance nicht entgehen zu lassen.“

Hamburg wäre nach Oslo erst die zweite Stadt, deren Bevölkerung sich in einem Referendum mehrheitlich für die Ausrichtung Olympischer Spiele ausspricht. Das Votum der Bewohner der norwegischen Hauptstadt für die Winterspiele 2022 kassierte allerdings einige Wochen später das Landesparlament, dem Olympia zu teuer erschien. In Hamburg hatten zuletzt zwei Volksentscheide, die geplante Schulreform (Wahlbeteiligung 2010: 39 Prozent) und der Rückkauf der Energienetze (zeitgleich zur Bundestagswahl 2013: 68,7 Prozent) nicht das vom jeweiligen Senat gewünschte Ergebnis erbracht.

Das Olympia-Referendum wird wohl an einem Sonntag durchgeführt. Briefwahl oder die vorherige Stimmabgabe in Orts- oder Bezirksämtern dürfte möglich sein. Für die geplante Volksabstimmung muss die Hamburger Verfassung noch geändert werden. Für diesen Mittwoch hat der Verfassungsausschuss der Bürgerschaft Experten zur Anhörung ins Rathaus eingeladen.

Nicht nur die Olympiabefürworter machen in Hamburg mobil, auch die Gegner sind aktiv. Die Offene Plattform gegen Olympische Spiele in Hamburg (www.etwasbesseresalsolympia.org) bittet am Freitag um 19 Uhr ins Lichtmess, Gaußstraße 25, in Ottensen zu einem weiteren Treffen, „um gemeinsam die Kampagne gegen Olympia zu planen“. Beim ersten Meeting war am 11. April von rund 150 Anwesenden eine erste Resolution beschlossen worden.

„Unterstützer der Hamburger Olympiabewerbung, pro-olympische Sportfunktionäre und Politiker in ihren Parteifunktionen sind explizit nicht eingeladen“, heißt es auf der Homepage der Initiative. Unentschlossene sind dagegen willkommen.