Hafencity. Der Musiker lässt Bewerber für neues Musical vorsingen. Fortsetzung des „Phantoms der Oper“ feiert im Herbst Premiere.

Auf den ersten Blick mag Hamburg wenig mit Los Angeles gemeinsam haben, Lord Andrew Lloyd Webber fand bei seinem Kurzbesuch in der Hansestadt am Mittwoch jedoch sofort eine Übereinstimmung: „Das Wetter ist hier genauso schön wie in L. A“, sagte der weltberühmte Musical-Komponist, der noch am Tag zuvor in den USA an einer Produktion gearbeitet hatte.

Dass er in Los Angeles den Sonnenschein genießen kann, ist für den Komponisten eher ungewöhnlich: Er stammt aus England und verbringt dort normalerweise auch einen Großteil seiner Zeit.

Der 67-Jährige, aus dessen Feder unter anderem die Musik von „Cats“, „Evita“ und „Jesus Christ Superstar“ stammt, verbrachte den Tag in der Speicherstadt damit, Interviews zu geben. Es ging immer um ein Thema: das Musical „Liebe stirbt nie“, das im Herbst Deutschlandpremiere in Hamburg feiern soll. Die Fortsetzung des Lloyd Webber-Erfolgs „Das Phantom der Oper“ wird im Stage Operettenhaus am Spielbudenplatz gezeigt.

Für die Eröffnung der Auditions – des Vorsingens der Bewerber – ist Andrew Lloyd Webber persönlich nach Hamburg gekommen, in die Stadt, die er als „extrem bedeutend“ für seine Karriere bezeichnet. „,Cats‘ und das ,Phantom der Oper‘ haben hier Deutschland-Premiere gefeiert, und nun ,Liebe stirbt nie‘.“

Lloyd Webber, der als ein Urvater des Musicals gilt, führt seine Achtung für Hamburg auch auf die langjährige Geschichte des Musicals zurück. „Das Gelingen vieler der erfolgreichsten Broadway-Shows der frühen Jahre ist auf den Einsatz europäischer Immi­granten zurückzuführen, insbesondere der deutschen und österreichischen“, sagt Lloyd Webber. „Es liegt irgendwie in den deutschen Genen.“

Das Stück „Liebe stirbt nie“, das im englischen Original „Love never dies“ heißt, spielt zehn Jahre nach dem „Phantom der Oper“, im Jahr 1907. Das Phantom hat Paris verlassen und lebt mittlerweile versteckt zwischen den Achterbahnen und dem Kuriositätenkabinett auf dem Jahrmarkt von Coney Island. Unter die verrückten Gestalten des Jahrmarkts gemischt, fehlt es ihm eigentlich an nichts – nur seine große Liebe Christine kann das Phantom nicht vergessen. Mit einer List lockt es seinen ehemaligen musikalischen Zögling mitsamt ihres Mannes Raoul und ihres Sohnes Gustave von Manhattan nach Coney Island.

„Die Fortsetzung ist musikalisch noch anspruchsvoller als das ,Phantom der Oper‘“, sagt Lloyd Webber, der persönlich darüber entscheiden wird, wer die Rollen des Phantoms und der Christine übernehmen wird. „Es gibt nur wenige Personen, die dafür infrage kommen“, sagt Lloyd Webber, der noch einmal während der Probenzeit nach Hamburg kommen will, bevor er dann zur Premiere erneut anreist.

„Liebe stirbt nie“ wurde 2010 in London uraufgeführt, das Stück war seitdem unter anderem in Wien und Kopenhagen zu sehen. Die Inszenierung des Regisseurs Simon Phillips feierte 2011 in Australien Premiere. „Ich bin sehr erfreut, dass Simon Phillips’ Inszenierung von ,Liebe stirbt nie‘ nach Hamburg kommen wird“, sagt Lloyd Webber, der mit dem Regisseur gut befreundet ist. „Es ist wirklich eine der besten Produktionen, die ich je von einem meiner Werke gesehen habe.“ Derzeit werden Tausende Requisiten und Kostüme von Australien nach Hamburg verschifft. Hier sollen sie für den Einbau in das Stage Operettenhaus angepasst werden.

Die Rolle des Gustave, Christines Sohn, sollen acht unterschiedliche Jungen verkörpern, die abwechselnd in den Vorstellungen zu sehen sein werden. „Es ist das erste Mal, dass ich eine Hauptrolle für ein Kind geschrieben habe. Außerdem ist Gustave der einzige zentrale Charakter, der in der Fortsetzung des ,Phantoms der Oper‘ neu hinzukommt“, sagt Lloyd Webber. Aber nicht nur die Rolle des Gustave, auch diverse andere Charaktere müssen besetzt werden. Die Auditions dauern noch bis Ende Juni. Aus insgesamt mehr als 1000 Bewerbern wurden 400 nach Hamburg eingeladen.

Der Beginn des neuen Stücks „Liebe stirbt nie“ bedeutete gleichzeitig das Aus für das „Phantom der Oper“ in Hamburg. Ende des Jahres wird das Musical, das 1990 zum ersten Mal in Hamburg lief und derzeit noch im Theater Neue Flora gezeigt wird, von „Aladdin“ abgelöst.

Hamburg musste seinen weltberühmten Gast heute bereits wieder verabschieden. Für Andrew Lloyd Webber endete sein Kurzbesuch nach wenigen Stunden. Bevor er sich jedoch erneut in den USA seiner aktuellen Produktion „School of Rock“ widmen wird, geht es zunächst in seine Heimat, nach London. Das Wetter dürfte ihm dort jedenfalls vertrauter sein.