Hamburg. Böen mit Windstärke 11 legen Nah- und Fernzüge in Hamburg lahm. ICE evakuiert. Frühlingsdom geschlossen. Feuerwehr muss 500-mal ausrücken
Das Sturmtief „Niklas“ hat am Dienstag für erhebliche Störungen im Bahnverkehr gesorgt. Für Mittwochmorgen warnte das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) vor einer leichten Sturmflut an der deutschen Nordseeküste und im Elbegebiet. Der Scheitelpunkt wurde auf St. Pauli gegen 3.28 Uhr erwartet. Die Experten rechneten damit, dass die Elbe über die Kaikante am St. Pauli Fischmarkt schwappt.
Wegen Sturmschäden ist am Dienstagabend ein ICE auf freier Strecke zwischen Hamburg und Berlin liegengeblieben. Der Zug habe zwischen Reinbek und Schwarzenbek (Kreis Herzogtum Lauenburg) evakuiert werden müssen, sagte ein Sprecher der Bundespolizei. Zuvor war durch eine Sturmböe ein Baum auf die Oberleitung gestürzt. Die Bahnstrecke Hamburg-Berlin wurde in beide Richtungen gesperrt. In welche Richtung der ICE unterwegs war und wie viele Menschen im Zug saßen, konnte der Sprecher nicht sagen. Bei der Evakuierung sei niemand zu Schaden gekommen.
Wegen der Sperrung mussten weitere Züge gestoppt werden. Ein ICE aus Berlin blieb in Büchen (Schleswig-Holstein) stehen, ein weiterer nach Abendblatt-Informationen in Wittenberge (Brandenburg). In einer Durchsage an die Fahrgäste hieß es: „Alle Fernzüge der Deutschen Bahn sind ab sofort zu Hotelzügen umfunktioniert.“ Was das für die Reisenden bedeutete, konnte eine Bahnsprecherin aber nicht sagen.
Die Hochbahn musste wegen des Unwetters vorübergehend einen Ersatzverkehr einrichten. Auf der Strecke der Linie U 1 zwischen Volksdorf und Ahrensburg-West war ein Baum auf die Gleise gestürzt, kurz bevor eine Bahn die Strecke erreichte. Schon wenig später musste der Einsatz der Busse von Berne bis nach Großhansdorf verlängert werden, weil nun mehrere Bäume im Gleisbett lagen. Wegen Straßensperrungen unter anderem in Altona verspäteten sich auch einige Busse.
Der Metronom zwischen Hamburg und Bremen fiel zeitweise in beiden Richtungen aus. Betroffen war auch der Fernverkehr zwischen Hamburg und Kiel sowie zur Westküste. Auch ein Gleis der S-Bahn zwischen Harburg und Neugraben war am Nachmittag zwischen 15.45 und 16.10 Uhr wegen eines Astes blockiert. Tief „Niklas“ hat den gestrigen Dienstag zum stürmischsten 31. März in der Wettergeschichte Deutschlands gemacht. Und nicht nur das: „Es handelt sich um das stärkste Unwetter, das sich je so spät am Ende des Winters ereignet hat“, sagt Frank Böttcher, Geschäftsführer des Instituts für Wetter- und Klimakommunikation (IWK) in Tonndorf.
„In Finkenwerder und Fuhlsbüttel gab es orkanartige Böen von Windstärke 11, also einer Geschwindigkeit von 109 beziehungsweise 108 Kilometern pro Stunde“, sagt Böttcher. Noch bis um Mitternacht zogen schwere Sturmböen über die Stadt, erst in der Nacht flaute der Wind dann langsam ab. Am Dienstagmorgen wurden in Fuhlsbüttel Sturmgeschwindigkeiten von 84 km/h gemessen – das gab es zuletzt an einem 31. März in Hamburg anno 1961. Die Feuerwehr rückte wegen des Sturms fast 500-mal aus. Grund waren vor allem umgestürzte Bäume. In Eidelstedt wurde das Dach eines Mehrfamilienhauses abgedeckt. Im Holzhafen in Billbrook drohte ein Boot zu sinken.
Auch der Hamburger Dom war von dem Unwetter betroffen: Zum Schutz der Besucher und der Schausteller blieb das Volksfest am Dienstag wegen der Warnungen geschlossen. „Niklas“ wirkte sich auch auf den Airport Fuhlsbüttel aus: Mehrere Abflüge und Ankünfte wurden gestrichen. Auch am heutigen Mittwoch soll „Niklas“ noch Wind, Regen und auch Schnee bringen.
Meteorologen registrieren seit Jahren, dass häufige, schwere Stürme sich vom Herbst auf das Frühjahr verlagern. Nach Angaben des BSH in Hamburg verschieben sich auch die Sturmfluten vom Herbst in die Monate Januar bis März. Ob dies eine Folge des Klimawandels ist, gilt als umstritten.