Wilhelmsburg. 88 Prozent der Delegierten stimmen für Ex-Bürgerschaftsabgeordneten. Hamburger Union soll wieder „klare Kante“ zeigen

Um 20.21 Uhr am Dienstagabend stand es fest: Roland Heintze ist neuer Vorsitzender der Hamburger CDU. Auf einem Parteitag im Bürgerhaus Wilhelmsburg votierten 147 von 167 Delegierten für den früheren Bürgerschaftsabgeordneten. Das entsprach einer Zustimmung von 88 Prozent.

Sechs Stimmen entfielen auf den einzigen Gegenkandidaten Detlef Bandow-Tadsen, sechs Delegierte enthielten sich, acht Stimmen waren ungültig. Die Parteitagsregie rechnete ungültige Stimmen und Enthaltungen heraus und sprach überschwänglich sogar von 96 Prozent Zustimmung. Die Bewerbung des „Pfeifers von Rahlstedt“ Detlef Bandow-Tadsen, der sich schon 2011 mit einem gepfiffenen Lied vergebens um den CDU-Vorsitz beworben hatte, wurde innerhalb der Partei nicht wirklich ernst genommen.

„Ich habe Lust auf den Job“, sagte Heintze. „Und ich glaube, wir können etwas Gutes daraus machen und die CDU wieder dahin bringen, wo sie hingehört.“ Das sehr gute Wahlergebnis betrachte er als Arbeitsauftrag, sagte der 41-Jährige: „Es gilt jetzt, zu liefern.“ Sein oberstes Ziel sei, die CDU wieder zur Regierungsfähigkeit zu führen: „Wir wollen politisch gestalten.“

Heintze betonte, dass er „für das gesamte Spektrum der CDU“ stehe und keineswegs nur für sein früheres Fachgebiet, die Haushaltspolitik.

Vier Dinge seien ihm aber besonders wichtig: Das christliche Menschenbild, die europäische Idee, die Ordnungspolitik und die Hamburger Wirtschaft. Ordnungspolitisch müsse die CDU zum Beispiel bei der Roten Flora wieder „klare Kante“ zeigen, sagte Heintze, der schon kurz nach dem Rückkauf des besetzten Kulturzentrums im Schanzenviertel durch die Stadt gefordert hatte, dass sich die Flora nun auch für alle Hamburger öffnen müsse. Auf dem Gebiet der Wirtschaftspolitik warnte Heintze vor dem mutmaßlich künftigen Senat aus SPD und Grünen: „Keine rot-grünen Experimente – dafür stehe ich.“

Heintze ist selbstständiger PR-Unternehmer, seit 1989 CDU-Mitglied und saß seit 2004 für die Partei in der Bürgerschaft, wo er sich vor allem als scharfzüngiger Haushaltspolitiker einen Namen gemacht hat. Bei der Wahl am 15. Februar hatte er trotz des aussichtsreichen Listenplatzes zwei völlig überraschend den Wiedereinzug ins Parlament verpasst – was einerseits an dem niederschmetternden Wahlergebnis von 15,9 Prozent lag und anderseits an dem komplizierten Wahlrecht. An seinen Gegenkandidaten Bandow-Tadsen gewandt, der mit dem Motto „Lebensfreude durch Arteigenheit“ angetreten war, sagte Heintze: „Lebensfreude bringe ich mit. Denn für das, was vor uns liegt, wird man eine Menge Lebensfreude brauchen.“

Der 41-Jährige tritt die Nachfolge von Marcus Weinberg an, der den Parteivorsitz nach dem Wahldesaster von 2011 übernommen hatte. Seinerzeit war die CDU von 42 auf 22 Prozent abgestürzt. Als sie dieses Ergebnis nun bei der Bürgerschaftswahl im Februar mit 15,9 Prozent noch einmal unterboten hatte, stellte Weinberg sein Amt zur Verfügung. Auch Spitzenkandidat Dietrich Wersich hatte nach dem Absturz keine Ansprüche mehr auf den Posten des CDU-Fraktionschefs gestellt – seinen Job hat mittlerweile André Trepoll übernommen.

Nachdem der Bundestagsabgeordnete Weinberg seinerzeit als erster CDU-Vorsitzender im Rahmen einer Mitgliederbefragung gewählt worden war, kehrte die Union nun zum alten, einfacheren Verfahren zurück: Heintze wurde vom Landesvorstand vorgeschlagen und vom Parteitag gewählt. Zwischenzeitlich hatte sich auch der Bundestagsabgeordnete Rüdiger Kruse um den Landesvorsitz beworben. Als sich eine Mehrheit für Heintze abzeichnete, hatte Kruse seine Ambitionen jedoch zurückgezogen. Besondere Brisanz hatte das zwischenzeitliche Duell, da sowohl Heintze als auch Kruse aus dem Kreisverband Eimsbüttel und dort wiederum aus dem Ortsverband Lokstedt stammen.

In seiner Abschiedsrede dankte Weinberg Kruse ausdrücklich für seinen Verzicht. Das habe die einstimmige Empfehlung des Landesvorstands möglich gemacht und „verhindert, dass Gräben aufgerissen werden, die wir nicht brauchen“. Geschlossenheit sei jetzt das oberste Gebot, sagte Weinberg und lenkte den Blick auf die Wahlen 2017 (Bundestag), 2018 (Bezirksversammlungen) und 2020 (Bürgerschaft). „Eines muss den Menschen dann klar sein: Warum sie CDU wählen sollen“, sagte Weinberg und forderte eine „werteorientierte Politik“. Wie diese aussehen könnte, skizzierte Fraktionschef André Trepoll. „Eine taktische Anbiederung an mögliche Koalitionspartner wird es mit mir nicht geben.“ Es habe jetzt oberste Priorität, für seine Überzeugungen einzustehen. In dem Zusammenhang erneuerte Trepoll seine Ansage, dass es keine inhaltliche Zusammenarbeit in der Bürgerschaft mit der Linkspartei und der AfD geben werde. Mit Parteien, die gegen die EU, den Euro oder die Nato seien, „kann die CDU nicht zusammenarbeiten“, sagte Trepoll und erhielt viel Applaus der Delegierten.

Zum Nachfolger von Roland Heintze als Schatzmeister der CDU wurde Peter Wenzel gewählt. Der 51-Jährige war von Mai 2010 bis März 2011 Staatsrat der Wirtschaftsbehörde.