Hamburg. Jungheinrich errichtet ein Weiterbildungszentrum in Norderstedt. Der Hamburger Industriekonzern verzeichnet zudem einen Rekordgewinn.
In Norderstedt entsteht gerade eine neue Schule: Anstatt Deutsch und Mathematik werden aber ganz andere Fächer unterrichtet. Wer hier die Schulbank drückt, der lernt, wie der Drehstrommotor eines Gabelstaplers funktioniert, oder was eine hydraulische Zinkenverstellung bei einem Schubmaststapler ist. Es handelt sich nämlich nicht um eine normale Schule, sondern um eine neue Weiterbildungsstätte der Hamburger Jungheinrich AG, die zu den weltweit führenden Anbietern von Gabelstaplern und Lagerlogistiksystemen gehört.
Rund 7,5 Millionen Euro lässt sich Jungheinrichdas neue Schulungszentrum kosten, das im Mai eingeweiht werden soll. Auf 8000 Quadratmetern entstehen Klassenzimmer für den theoretischen und eine zwölf Meter hohe Halle für den praktischen Unterricht an den Geräten, die das Unternehmen weltweit verkauft. „Zum einen werden hier unser Vertriebskräfte geschult“, sagt Jungheinrich-Sprecher Markus Piazza. „Zum anderen lernen die mehr als 4000 Kundendienstmitarbeiter die Reparatur und Wartung neuer Produkte.“
Anders als andere Anbieter setzt Jungheinrich stark auf das Service-Geschäft nach dem Verkauf. Das gilt insbesondere für geleaste Fahrzeuge, die alle von Jungheinrich selbst gewartet werden. Und da inzwischen mehr als jeder dritte Stapler nicht mehr gekauft, sondern finanziert wird, handelt es sich um ein einträgliches Geschäft. Ein Drittel seines gesamten Umsatzes erwirtschaftet der Hamburger Gabelstaplerbauer schon im Kundendienst.
Und diese Erlöse können sich sehen lassen: Sie stiegen im vergangenen Jahr um neun Prozent auf 2,5 Milliarden Euro, wie Jungheinrich am Mittwoch mitteilte. Auch beim Auftragseingang und Gewinn hat das Unternehmen 2014 Rekorde erzielt: Beim wertmäßigen Auftragseingang, der alle Geschäftsfelder umfasst, vermeldete das Unternehmen einen Zuwachs von acht Prozent auf ebenfalls 2,5 Milliarden Euro. Das Ergebnis vor Steuern und Zinsen (Ebit) erhöhte sich um zwölf Prozent und erreichte mit 193 Millionen Euro einen neuen Höchstwert. Die Dividende soll um satte 21 Prozent steigen, was die Aktionäre des im M-DAX gelisteten Unternehmens zum Jubeln bringen dürfte.
Verantwortlich für die gute Stimmung sind ein insgesamt stark wachsender Bedarf an sogenannten Flurförderfahrzeugen. Insgesamt rund 12.550 Mitarbeiter unter Vorstandschef Hans-Georg Frey – davon 2550 in der Metropolregion Hamburg – profitieren von der guten Entwicklung. Frey kommt aus Stuttgart und kehrt durchaus den sparsamen Schwaben raus, wenn er in Budgetverhandlungen mit den einzelnen Abteilungen tritt. Das hält ihn aber nicht davon ab, das Portemonnaie weit aufzumachen um Mittel für das Wachstum bereitzustellen.
Allein in den vergangenen drei Jahren hat Jungheinrich mehr als 100 Millionen Euro in den Ausbau von Produktionsanlagen gesteckt. Die Kapazitätsreserven an den sieben Jungheinrich-Fertigungsstandorten in Norderstedt, Lüneburg, Mossburg, Degernpoint, Landsberg, Dresden und im chinesischen Qingpu sind groß.
In der neuen Schule wird neben Englisch auch Chinesisch unterrichtet
Jetzt soll der Schwerpunkt verstärkt auf die Ausweitung des Vertriebs gelegt werden und das vor allem in Asien. So wird in dem neuen Schulungszentrum künftig nicht nur Unterricht auf Deutsch, sondern auch auf Englisch oder Chinesisch abgehalten. Wachsen will Jungheinrich auch mit dem Angebot ganzer Lagerbetriebssysteme sowie im Versandhandel von Industrieprodukten. Schwerpunkt wird trotz des Zuwachses an elektrisch betriebenen Fahrzeugen der Verkauf von Gabelstaplern mit Verbrennungsmotor, die noch 44 Prozent des Weltmarktes ausmachen. „Da sind wir noch ein kleiner Fisch, wollen aber mehr sein“, so Frey. In der Weltrangliste liegt Jungheinrich mit gehörigem Abstand hinter Toyota und Kion auf Platz drei. Dennoch sieht Frey das Unternehmen für die Zukunft gut aufgestellt. „Unsere Kennzahlen sind nämlich besser als die mancher Wettbewerber“, so Frey. „Unsere Vorteile sind zudem, dass wir anders als etwa Kion, zu denen Linde, Still und zahlreiche weitere Marken gehören, uns auf eine Marke konzentrieren können und zudem mit dem Logistiksystemgeschäft ein weiteres Standbein haben“, so Frey.
Da Jungheinrich mit einem kräftigen Auftragsplus ins Jahr gestartet ist, erwartet Frey für das gesamte Gesamtjahr einen Auftragseingang und einen Konzernumsatz zwischen 2,6 und 2,7 Milliarden. Der Betriebsgewinn (Ebit) soll bei 190 bis 200 Millionen Euro liegen. Um dies zu schaffen, benötigt das Unternehmen mehr Mitarbeiter: 709 kamen im vergangenen Jahr hinzu, davon knapp 90 in Hamburg. „In diesem Jahr wird die Belegschaft wohl noch einmal in gleicher Größe wachsen“, sagt Frey. Die Schule für seinen Nachwuchs hat er ja nun.