Vor 100 Jahren wurde der Wasserturm im Stadtpark errichtet und vor 85 Jahren in ein Planetarium umgewandelt, einer der größten Attraktionen der Stadt.
Er war nicht nur der höchste Wasserturm, der in Hamburg errichtet wurde, er war auch der letzte – und er diente von allen die kürzeste Zeit seinem eigentlichen Zweck. Seit 100 Jahren steht der Koloss aus Rotklinker und mit einem Kuppeldach versehen im Stadtpark. Und seit 85 Jahren beherbergt er das Planetarium.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts, musste die stark wachsende Hansestadt rasch neue Wohngebiete erschließen. Dank des U-Bahnbaus konnten diese auch weiter vom Stadtzentrum entfernt liegen. Durch die Besiedlung wurden aber auch weitere Wassertürme benötigt, um die Menschen zu versorgen. Die Wasserwerke schrieben daher 1907 einen Ideenwettbewerb für drei Wassertürme aus: Einer sollte in Winterhude entstehen.
Der Dresdner Architekt Oscar Menzel gewann diesen Wettbewerb, und so wurde 1912 unter der künstlerischen Leitung des legendären Hamburger Baudirektors Fritz Schumacher mit dem Bau des Turms begonnen. Schumacher sei in jener Zeit noch weitgehend der Architekturtradition des 19. Jahrhunderts verhaftet gewesen, heißt es auf der Internetseite des Planetariums. Er habe bei diesem Bauwerk versucht, „die Formen wilhelminischer Baukunst mit dem modernen Art deco-Design zu verbinden“.
Nur acht Jahre diente der Turm dem Zweck, für den man ihn gebaut hatte
Weil es durch den Ersten Weltkrieg immer wieder zu Unterbrechungen kam, konnte das Bauwerk erst 1916 in Betrieb gehen. 64,5 Meter ragt der Turm in die Höhe. Seine fast 30 Meter breite Vorderfront wird im Erdgeschoss von einer Galerie umgeben, die vom Osten her über zwei Treppen zu erreichen ist. Bis auf das Kalksteinpodest wird für das Gebäude roter Backstein verwendet. Das Oberteil ist kreisrund, der untere Bereich zur Frontseite hin rechteckig.
Die große Höhe des Turmes wurde durch seine Funktion bestimmt: Der schmiedeeiserner Kugelbodenbehälter mit einem Fassungsvermögen von 3000 Kubikmetern Wasser lag rund 63 Meter über dem Meeresspiegel; dadurch sollte der notwendige Wasserdruck erreicht werden. Gemessen am Fassungsvermögen ist der Wasserturm im Stadtpark nach jenem im Sternschanzenpark der zweitgrößte Hamburgs. Zudem diente er von Anbeginn an auch als Aussichtsplattform.
Als man ihn seiner Bestimmung übergab, ahnte niemand, dass er lediglich acht Jahre seinem eigentlichen Zweck dienen würde. Schon 1924 wurde er wieder vom Netz genommen, weil man das Hoch- und das Niederdrucknetz zusammenschaltete. Dadurch reichte der niedrigere Wasserdruck im Netz nicht mehr aus, um den riesigen Tank aufzufüllen.
Eine Art „point of view“
Etwa zur gleichen Zeit wurde in Jena das Zeiss-Planetarium eröffnet. Ein Erlebnis, das den Hamburger Lehrer und Astronomie-Enthusiasten Hans Hagge derart beeindruckte, dass er seither versuchte, die Behörden der Hansestadt für ein vergleichbares Projekt zu begeistern. Mit Erfolg, denn am 5. August 1925 unterzeichneten Vertreter Hamburgs in der Firma Carl Zeiss in Jena einen Vertrag über die Lieferung eines Projektionsapparates.
Während das Unternehmen im Dezember 1926 Vollzug meldete und das Zeiss Modell II zur Auslieferung bereitstand, tobte in Hamburg wieder einmal der Streit ums Geld. Der Neubau eines Planetariums war vielen inzwischen zu teuer geworden. Erst im Juni 1929 stimmte die Bürgerschaft für den Vorschlag, das Planetarium im Winterhuder Wasserturm einzurichten. Schließlich erhebt der Turm sich am nordwestlichen Ende der gut 1,4 Kilometer zu dem Bauwerk hin ansteigenden langen Hauptachse des Stadtparks als eine Art „point of view“ und steht am dem seinerzeit repräsentativsten Ort von Hamburgs.
Der Umbau begann wenig später unter der Leitung des Architekten Hans Loop. Unter dem Wasserbehälter wurde ein 23 Meter hoher zylindrischer Raum eingerichtet, den eine Zwischendecke in zwei Etagen teilt. Die obere Etage, über die sich eine Kuppel für die Projektion des Sternenhimmels wölbt, dient als Planetariumssaal. Die untere Etage wurde Kassenraum mit einer Wandelhalle. Außerdem sind dort Ausstellungs- und Sammlungsräume sowie Büros untergebracht.
Die eigentlichen Umbauarbeiten dauern etwas mehr als ein Jahr. Für den 22. April 1930 lädt der Hamburger Senat ausgewählte Gäste zu einer ersten Vorführung ein. Eine Woche später, am 30. April, öffnet das Planetarium für die Öffentlichkeit. Es gilt damit als eines der dienstältesten „Sternentheater“ der Welt. In den ersten Jahren besuchten rund 3000 Menschen pro Monat den alten Wasserturm.
350.000 Menschen pro Jahr sehen sich die Himmelsshows an
Prunkstück ist seit seiner Eröffnung vor 85 Jahren die Projektionskuppel mit einem Durchmesser von 20,6 Metern. Auch dadurch zählt das Hamburger Planetarium zu den neun „Großplanetarien“ in Deutschland. Am Anfang war der Saal unter der Kuppel mit Holzstühlen und Holzbänken ausgestattet. In den 70er-Jahren baute man 270 Kunststoffstühle ein. Seit dem letzten großen Umbau in den Jahren 2002 und 2003 können die Besucher den Sternenhimmel von 253 bequemen Liegesesseln aus betrachten.
Bei der umfangreichen Sanierung nach der Jahrtausendwende wurden das alte Sternentheater, seine Kuppel und der Kesselsaal unter dem Wassertank abgerissen. Eine neue Zwischenebene wurde eingezogen, sie dient als Dach des darunter entstandenen neuen Sternensaals. Seither setzt sich die Erfolgsgeschichte des Hamburger Planetariums fort: Jährlich rund 350.000 Menschen ließen sich durch modernste sogenannte Ganzkuppel-Projektions- und Simulationssysteme über „Himmel und Erde“ informieren.
Der Wasserturm wurde im übrigen noch bis weit in das Jahr 1944 als Wasserspeicher genutzt. Dann aber fielen die Hauptrohre einem Luftangriff zum Opfer, und nach dem Krieg verzichtete man auf die Reparatur.