Hamburg. Gründächer sparen Energie – und sehen zudem gut aus. In Hamburg werden bis 2019 Dachsanierungen mit drei Millionen Euro gefördert.

Hamburg gilt bereits als grüne Stadt, doch auf den Dächern geht noch was. Statt trister Dachlandschaften sollen zukünftig vermehrt farbenfrohe Biotope für ein besseres Klima in der Elbmetropole sorgen. Damit das geschieht, wurde ein Förderprogramm für Neubauten und Dachsanierungen von Immobilien in Höhe von drei Millionen Euro bis 2019 aufgelegt. Ein weiteres Argument für eine ohnehin gute Idee.

Oldrich Humhal, Architekt aus Reinbek, entschied sich auch ohne Abrufen jeglicher Fördermittel für ein Gründach. „Wir haben uns vor allem wegen der Optik für ein solches Dach entschieden“, sagt er. „Unser Haus hat zwei Dachflächen: Auf die eine schauen wir und da ist es natürlich schöner, eine begrünte Fläche vor sich zu haben als ein langweiliges Kiesdach.“ Außer der Ästhetik stand für ihn auch die gute Dämmeigenschaft eines Gründaches im Vordergrund: Die Vegetation reguliert nicht nur die Temperatur des Gebäudes, bis zu zehn Prozent weniger Energie geht durch das Dach verloren.

Gleichzeitig bietet es einen besseren sommerlichen Wärmeschutz. Für den Wintergarten von Familie Humhal darunter von großem Vorteil: Wegen der Südlage würde er sich sonst so sehr aufheizen, dass er über den Sommer nicht nutzbar wäre. „Eine konventionelle Dämmung hätte hier zwar auch leicht verzögert helfen können, besser funktioniert es aber über ein Gründach, denn die gespeicherte Feuchtigkeit wirkt sich auf den darunter liegenden Raum kühlend aus“, sagt Humhal.

Bei der Dachbegrünung unterscheidet man zwei Varianten: intensiv und extensiv. Während auf ersteren ganze Gartenlandschaften, Sport- und Spielflächen entstehen können, wachsen auf extensiv begrünten Dächern vor allem niedrige Sukkulenten wie Mittagsblumen- oder Agavengewächse sowie Gräser und Mose.

Außer den Kosten entscheidet auch die Tragfähigkeit der Unterkonstruktion über die Frage, wie die Bepflanzung ausfällt. „Bei extensiver Begrünung liegt das zusätzliche Gewicht bei etwa 120 Kilogramm pro Quadratmeter, für intensiv begrünte Flächen geht es weit darüber hinaus“, sagt Carsten Wiese, Geschäftsführer der Hartwig Zeidler Garten- und Landschaftsbau GmbH. „Das setzt eine entsprechende Gebäudestatik voraus.“ berücksichtigt werden.“

Bei Intensivbegrünungen besteht eine nahezu uneingeschränkte Pflanzen- und Gestaltungsvielfalt. Wie bei einem normalen Garten lassen sich auch Dächer mit Rasen, Stauden, Sommerblumen, Sträuchern und sogar kleinen Bäumen gestalten. Zusätzlich können Wege, Sitzplätze, Spielbereiche oder Teiche integriert werden. Das zeigen die Terrassenanlagen für Wohnungen, die in der Hongkongstraße in luftiger Höhe entstanden sind (gr. Foto).

Das neue Hamburger Förderprogramm ist eher für extensive Dachbegrünungen interessant. Bei dieser Form liegen die zusätzlichen Kosten bei 30 bis 50 Euro pro Quadratmeter, wovon ab einer Mindestfläche von 20 Quadratmetern 30 bis 60 Prozent erstattet werden können.
Die maximale Förderhöhe beträgt 50.000 Euro je Maßnahme. Bei großflächigen intensiven Begrünungen mit Zusatzkosten jenseits der 200 Euro pro Quadratmeter und aufwendiger Unterkonstruktion fallen die Förderleistungen dagegen nicht so stark ins Gewicht.

Extensive Dachbegrünungen, wie sie bereits vielfach auf Carports zu sehen sind, haben zahlreiche Vorteile. So sind sie auch eine langlebige und ökologische Alternative zu konventionellem Oberflächenschutz, etwa mit Kies. „Ein Gründach hält Jahrzehnte, da die Dachhaut keinen UV-Strahlen mehr ausgesetzt und vor mechanischer Beschädigung geschützt ist. Die ersten von uns gebauten Gründächer sind bereits 25 Jahre alt. Probleme gab es damit bislang keine“, sagt Carsten Wiese.

Zusätzlich reinigen die Pflanzen die Luft von Staub und Schadstoffen und binden das Treibhausgas CO2. Begrünte Dächer sind gut mit Solarzellen kombinierbar, erschließen zudem neue Räume für Freizeit und Erholung. Außerdem sinkt die Niederschlagswassergebühr bei Gründächern um 50 Prozent, da sich die Menge des abzuführenden Regenwassers erfahrungsgemäß deutlich verringert.

Die Sorge, dass extensive Gründächer großer Pflege bedürfen, muss man nicht haben. Der Bewuchs wird in der Regel nicht höher als fünf bis sieben Zentimeter. Man muss lediglich Unkraut entfernen. „Zweimal pro Jahr sollte man auf die Fläche gehen und Unkräuter und kleine Bäume beseitigen, die sich dort angesiedelt haben“, rät Experte Wiese. Bei Hitze und Trockenheit sei es auch gut, gelegentlich zu gießen. „In der Regel hält der Bewuchs Trockenheit aber gut aus und kommt wieder, sobald ausreichend Feuchtigkeit vorhanden ist“, sagt Wiese.

Im Gegensatz zur Natur, wo Pflanzen mit ihren Wurzeln bis in große Tiefen vordringen können und sie ausreichend mit Wasser und Nährstoffen versorgt werden, sind sie auf dem Dach von diesen Kreisläufen geradezu „abgeschnitten”. Umso wichtiger ist es, dass Gründach-Systeme aus gut aufeinander abgestimmten Komponenten bestehen und einen dauerhaften Lebensraum für viele Vegetationsformen schaffen. „Dazu folgt auf eine Wurzelschutzfolie zunächst eine Dränageschicht, die Niederschlagswasser speichert und überschüssiges Wasser sicher abführt. Sie stellt auch die notwendige Belüftung des Wurzelraumes sicher“, erklärt Carsten Wiese. Darüber folge die sogenannte Vegetationstragschicht, die auf die Bedürfnisse der jeweiligen Dachbegrünung abgestimmt werde.

Ein Gründach fachgerecht zu bauen, sei Expertensache, betont Wiese. Für kleinere Flächen bieten Systemhersteller aber auch Möglichkeiten für Selbstbauer an.

Der zusätzliche Naturraum hat allerdings seinen Preis. „Ein extensives Gründach ist etwa doppelt so teuer wie eine normale Dachabdeckung“, bestätigt Architekt Humhal. Der Baufortschritt verzögere sich dadurch aber kaum. „In zwei Tagen waren bei uns die 70 Quadratmeter fertig.“

Über Förderbedingungen informiert die Hamburgische Investitions- und Förderbank (IFB Hamburg).
Tel.: 248 46-103; www.ifbhh.de