Hamburg. Die Staatsanwaltschaft ist sich sicher: Er hat seinen Nebenbuhler erstochen. Mehr als elf Jahre liegt dieses Verbrechen nun zurück.

„Blutüberströmte Person im Hinterhof“ lautete der Einsatz, den die Polizei in jener Nacht bekam. Die Formulierung ließ ahnen, dass das Opfer übel zugerichtet sein würde. Doch das grausame Szenario, das sich den Beamten in jener Nacht bot, war auch für erfahrene Polizisten ein außergewöhnlich schlimmer Anblick. Da lag ein Mann in großen Pfützen aus Blut, aus seinem Brustkorb ragte eine Messerklinge. Die Verletzungen, das war schnell klar, würde das Opfer nicht überleben können.

Mehr als elf Jahre liegt dieses Verbrechen nun zurück. Und jetzt endlich scheint die Aufklärung ein großes Stück näher gerückt. Wegen Mordes muss sich seit diesem Dienstag Mustafa G. vor dem Schwurgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 45-Jährigen vor, in jener Nacht zum 4. Oktober 2003 einen anderen Mann heimtückisch niedergestochen zu haben. Das Motiv für die Tat laut Anklage: Das Opfer soll eine intime Beziehung mit der Ehefrau des Verdächtigen gehabt haben. Schon kurze Zeit nach dem Mord war Mustafa G. in den Fokus der Ermittlungen geraten, doch der Mann hatte ein Alibi präsentiert. Dieses geriet mittlerweile offenbar erheblich ins Wanken.

Mit unbewegter Miene und im blütenweißen Hemd sitzt der Hamburger während der Anklageverlesung zwischen seinen Verteidigern. Zu den Vorwürfen werde er sich nicht äußern, lassen seine Anwälte wissen. 22 Verhandlungstage sind vorerst terminiert. Dem 45-Jährigen wird im Einzelnen vorgeworfen, gemeinsam mit einem Mittäter, der mittlerweile bei einem Badeunfall verstorben ist, das Opfer in dessen Wohnung überfallen zu haben. Demnach verschafften sich die mit Sturmhauben maskierten Männer mit einem Ersatzschlüssel Zugang zu der Wohnung und versetzten dem in seinem Bett schlafenden Mann mehrere Messerstiche in den Oberkörper, bis das Messer abbrach und die Klinge im Brustbein steckenblieb. Trotz der Verletzungen gelang dem Opfer zunächst die Flucht in den Hinterhof, wo die Täter weiter auf ihn einstachen und ihn unter anderem an Herz, Lunge und Leber verletzten. Das Opfer verblutete.

Als die ersten Polizisten am Tatort eintrafen, lag der schwer verletzte Mann vor einem Müllcontainer, „und in seiner Brust steckte eine Klinge“, erinnert sich einer der Beamten, die damals als erste am Tatort waren, als Zeuge. Obwohl das Verbrechen so lange zurückliegt, habe sich manches in seine Erinnerung eingebrannt, sagt der 46-Jährige. Ihm sei klar gewesen, dass das Opfer zu viel Blut verloren hatte, um gerettet werden zu können. In den letzten Sekunden habe er dem Sterbenden beistehen wollen. „Ich beugte mich zu ihm runter und sah, wie sein Brustkorb sich hob und senkte. Und er sah mich an mit flehendem Blick“, schildert der Beamte stockend die furchtbaren Augenblicke. „Und dann habe ich sein Lebenslicht verlöschen sehen.“