Hamburg. Am 20. März findet eine partielle Sonnenfinsternis statt. Das Abendblatt beantwortet alle wichtigen Fragen zum Himmels-Spektakel.

Vorrausgesetzt das Wetter spielt mit, ist am kommenden Freitag wieder ein spektakuläres Himmels-Schauspiel zu beobachten. Es findet eine Sonnenfinsternis im Nordwesten und dem äußersten Norden Europas statt. Am 20. März ab 9.37 Uhr wird sich aus Hamburger Sicht der Neumond langsam vor die Sonne schieben.

Besonders im Norden Deutschlands kann bei klarer Sicht das Spektakel beobachtet werden. Aber Vorsicht, nicht mit bloßen Augen! Dabei kann es zu Sehschäden oder sogar zu Blindheit kommen. Es werden spezielle Brillen empfohlen.

Die letzte partielle Sonnenfinsternis fand am 4. Januar 2001 statt. Damals verhinderten aber Wolken größtenteils das Schauspiel. Spannender war da noch der 11. August 1999, als über Süddeutschland die sichtbare totale Sonnenfinsternis stattfand.

Wer ebenfalls die totale Sonnenfinsternis betrachten möchte, sollte die Reisekoffer packen. Denn die Eklipse kann von den Färöer-Inseln und von Spitzbergen aus in ihrer totalen Phase gesehen werden. Deutschland und die Schweiz geraten nicht in die Kernschattenzone, sondern werden lediglich vom Halbschatten des Mondes gestreift, so dass eine mehr oder weniger dünne Sichel von der Sonne übrig bleibt.

Doch im hohen Norden Deutschlands sind immerhin zwischen 75 und 83 Prozent (Sylt) der Sonne verdeckt. In Hamburg werden 79,3 Prozent der Sonne verdunkelt. Das Maximum der Sonnenfinsternis wird in Hamburg gegen 10:45 Uhr erwartet. Eine Stunde später ist das Schauspiel wieder beendet.

Wird es dabei dunkel?

Die Teilbedeckung über Deutschland führt nicht zu einer stärkeren Abschattung als etwa eine dichtere Bewölkung. Eine Bedeckung von weniger als 50 Prozent der Sonnenscheibe nimmt der Mensch in der Regel überhaupt nicht wahr. Erst ab etwa 90 Prozent Bedeckung ist die Abschattung auch von unaufmerksamen Beobachtern nicht mehr zu übersehen.

Nur mit geeigneter Schutzbrille ist das Schauspiel sicher zu verfolgen
Nur mit geeigneter Schutzbrille ist das Schauspiel sicher zu verfolgen © dpa | Uwe Zucchi

Wie schütze ich meine Augen?

Wenn der Mond sich vor die Sonne schiebt, schauen viele gebannt in den Himmel. Aber bloß nicht ohne die Augen zu schützen, mahnt das Kuratorium für Gutes Sehen (KGS). Eine Sonnenbrille reicht definitiv nicht aus.

Stattdessen kann man zum Beispiel eine Folie vor der Öffnung - nicht am Okular - des Fernglases oder des Fotoapparates anbringen. Oder sich eine Schutzbrille etwa mit einem Rahmen aus Pappe zulegen. Dabei sollte man auch auf breite Bügel achten, damit von der Seite wenig Licht einfällt. Auf das Modell von der letzten Sonnenfinsternis greift man besser nicht noch einmal zurück: Es könnten Löcher in der Folie sein. Der Schutzfilter muss laut KGS mindestens eine optische Dichte von 5,0 aufweisen. So wird maximal ein Hunderttausendstel des Sonnenlichtes durchgelassen.

Wer auf den Schutz verzichtet, riskiert bleibende Schäden, die bis zur Erblindung führen können. Verbrennungen des Augenhintergrundes tun laut KGS am Anfang nicht weh, weil die Netzhaut keinen Schmerzimpuls sendet

Die sicherste Methode ist die Projektion - etwa mit Hilfe eines Feldstechers (aber Achtung: niemals mit den Augen durch den Feldstecher in die Sonne schauen!) oder durch eine simple Lochkamera: einfach ein kleines Loch in eine Pappe stechen und das Bild der Sonne daraus in den Schatten projizieren. Allerdings ist das Abbild der Sonne aus einer Lochkamera recht klein, wenn die Projektionsdistanz nicht sehr groß ist. Verschiedene Sternwarten bieten Beobachtungen für Interessierte. Voraussetzung ist immer ein wolkenfreier Blick Richtung Sonne.

Wie kommt es überhaupt zu einer Sonnenfinsternis?

Eine Sonnenfinsternis kann nur zu Neumond entstehen, wenn der Mond zwischen Erde und Sonne steht und sich ganz oder teilweise vor die Sonnenscheibe schiebt. Fällt der Mondschatten auf die Erde, ist in diesem Bereich eine totale Sonnenfinsternis zu sehen. Dort, wo der Halbschatten des Mondes auf die Erde fällt, ist eine Teilfinsternis zu sehen.

Die Sonnenfinsternis am 20. März Grafik/Redaktion: A. Brühl
Die Sonnenfinsternis am 20. März Grafik/Redaktion: A. Brühl © dpa-infografik | dpa-infografik GmbH

Warum gibt es dann nicht jeden Monat eine Sonnenfinsternis?

Die Mondbahn ist leicht gegen die Erdbahn gekippt. Dadurch wandert der Neumond meist ober- oder unterhalb der Sonne vorbei. Nur an den sogenannten Knotenpunkten, an denen sich die Ebenen von Mond- und Erdbahn schneiden, können Erde, Mond und Sonne genau in einer Reihe stehen. Nur wenn der Neumond genau an einem der beiden Knotenpunkte steht, kommt es daher zu einer Sonnenfinsternis.

Wann kommt die nächste Sonnenfinsternis?

Die nächste Sonnenfinsternis gibt es schon am 13. September, allerdings trifft der Mondschatten dabei nicht die Erde, so dass sie überhaupt nur als partielle Finsternis zu sehen ist - und das lediglich von Afrika, der Antarktis und den südlichen Ozeanen aus. Die nächste totale Sonnenfinsternis findet am 9. März 2016 über Südostasien und dem Pazifik statt und ist ebenfalls von Deutschland aus nicht zu sehen. Die nächste Beobachtungschance für eine partielle Sonnenfinsternis in Deutschland gibt es am 25. Oktober 2022. Eine totale Sonnenfinsternis findet über Europa erst wieder am 12. August 2026 statt und über Deutschland erst am 3. September 2081.

Wird es wieder Wolken geben?

Eine Woche vor der Sonnenfinsternis lassen sich noch keine genauen Vorhersagen zum Wetter machen. Ab Mittwoch kommender Woche wird eine Vorhersage möglich sein. Der aktuelle Stand der Wettervorhersage deutet für Freitag aber ein Hochdruckgebiet bei den Britischen Inseln und tiefen Luftdruck über der Ostsee und dem Baltikum an.

Dabei wird laut dem amerikanischen Wettermodell GFS vor allem im Nordosten Deutschlands wolkiges und recht windiges Wetter erwartet. Im Süden und Westen Deutschlands sowie in der Schweiz wird dagegen allgemein weniger Bewölkung berechnet, wie die MeteoGroup Deutschland mitteilt.

Vom europäischen Wettermodell ECMW wird ebenfalls wolkiges Wetter prognostiziert, wobei die größten Auflockerungen derzeit für den Süden Deutschlands und einige Küstenregionen berechnet werden.

Deutschlandkarte mit regionaler Uhrzeit der Finsternis und jeweiligem Bedeckungsgrad der Sonne  Redaktion: K. Klink; Grafik: K. Dengl
Deutschlandkarte mit regionaler Uhrzeit der Finsternis und jeweiligem Bedeckungsgrad der Sonne Redaktion: K. Klink; Grafik: K. Dengl © dpa-infografik | dpa-infografik GmbH

Besteht die Gefahr eines Black-outs?

Die Stromnetzbetreiber bereiten sich seit Monaten intensiv und europaweit auf den 20. März 2015 vor. Denn der deutsche Solarboom der letzten Jahren macht das Naturschauspiel zu einer schwer berechenbaren Größe.

„Wir sind angespannt“, sagt ein Sprecher des nordostdeutschen Übertragungsnetzbetreibers 50Hertz. Das hängt mit den 39.000 Megawatt an installierter Solarleistung zusammen. Zwischen 9.30 und 12 Uhr werden bis zu 83 Prozent der Sonne verdeckt sein. Wenn es an jenem Freitag bewölkt ist, dürfte es ein eher entspannter Tag werden in den Leitzentralen der vier Übertragungsnetzbetreiber. Sie steuern die großen Trassen in Deutschland und müssen notfalls Reservekraftwerke zum raschen Anfahren verpflichten. Es gibt gleich zwei spannende Momente - wenn man so will droht eine doppelte Blackout-Gefahr.

Am Anfang der Sonnenfinsternis rechnen die Netzbetreiber mit einem Rückgang der Solar-Einspeisung um bis zu 12.000 Megawatt. Nach Ende des kosmischen Schauspiels erwarten sie - das ist weit brenzliger - eine plötzlich wieder dazukommende Einspeisung von 19.000 Megawatt aus den weit über eine Million Solaranlagen in Deutschland. Der Grund für den deutlichen Unterschied: Die Sonne steht zur Mittagszeit höher, das erhöht die solare Stromproduktion.

19.000 Megawatt: Das entspricht der Leistung von rund 14 großen Atomkraftwerken, eine Riesen-Herausforderung, wenn mit einem Mal so viel Strom in die Netze knallen sollte und konventionelle Kraftwerke im Gegenzug umgehend heruntergefahren werden müssen. Gerade in Süddeutschland sind große Industriezentren. Autobauer wie BMW und Daimler sind auf eine sichere, störungsfreie Versorgung angewiesen.

Diverse Risikostudien sind erstellt worden. Und die vier großen Netzbetreiber dürfen sich statt normalerweise 3500 Megawatt an sogenannter Regelenergie für Engpasssituationen für den Tag der Sonnenfinsternis mit 4500 Megawatt Regelenergie eindecken. Das ist die Reservekapazität, die dafür verpflichtete Kraftwerke sofort liefern müssen, um Netzschwankungen zu kompensieren. Bestimmte Kraftwerke könnten in Notsituationen richtig viel Geld verdienen.

Wolken würden helfen

Wichtig sind auch die „Bilanzkreisverantwortlichen“, die für ihre Gebiete Verantwortung tragen, dass der Nachfrage immer genug Angebot zur Verfügung steht. Sie müssen das für Intervalle von 15 Minuten möglichst exakt berechnen. Wenn sie mangels Angebot ihren Kreislauf nicht ausbalancieren können, drohen Probleme. Wichtig ist für diesen Tag daher besonders der Wetterbericht. Wenn die Sonnenfinsternis zu Ende ist, könnte es wegen der zurückkehrenden Solareinspeisung durch zu viel Angebot sogar zu negativen Strompreisen kommen: Wer den Strom zur Entlastung der Netze abnehmen kann, bekommt noch Geld oben drauf.

Der Bundesverband Solarwirtschaft betont: „Nur bei wolkenlosem Himmel über Deutschland werden die Netzbetreiber an diesem Tag einen spürbar höheren Regelungsaufwand haben.“ Mehr Mitarbeiter als üblich werden die Netzstabilität überwachen. Sie sind durch die je nach Wetter schwankende Einspeisung von Solar- und Windenergie schon gestählt, der Ökostromanteil liegt bundesweit heute bereits bei 26,2 Prozent.

Aber so eine Sonnenfinsternis ist Neuland - die nächste mit einem vergleichbaren Bedeckungsgrad gibt es erst 2048. Dann soll Deutschland fast komplett Grünstromland sein, dann könnte die Herausforderung noch größer sein. Könnte. Denn wenn es Durchbrüche gibt bei der Speicherung von Strom, dürfte dieser gespeicherte Strom den Sonnen-Ausfall sofort auffangen.

Kann ich die Sonnenfinsternis fotografieren?

Die Sonnenfinsternis stellt auch eine seltene Gelegenheit für Fotografen dar, ihre Kameras auf die Sonne zu richten. Um Schäden für Augen und Ausrüstung zu verhindern, sollten das nicht ohne einen geeigneten Sonnenfilter passieren, rät Christian Gritzner, Ingenieur beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Wichtig ist es, den Filter vor das Objektiv zu setzen. Von Folien für den Kamerasucher oder das Okkular von Ferngläsern und Teleskopen rät der Forscher dringend ab. „Das ist ganz gebündeltes intensives Sonnenlicht“, warnt er. Im schlimmsten Fall drohen Schäden am Kamerasensor oder den eigenen Augen. Die Filter gibt es in vielen Ausführungen im Fachhandel, sie lassen sich aber auch leicht selbst basteln - passgenau für jeden Kameratyp. Im Handel gibt es dafür aluminisierte Filterfolie. Sie ist ab etwa 25 Euro zu haben. Zusammen mit stabilem Karton und Klebstoff entsteht der passende Aufsatz. Die Experten der Fachzeitschrift „c’t Digitale Fotografie“ raten zur Folie „AstroSolar ND5.0“.

Aber nicht mit jeder Kamera gelingen gute Bilder der Sonnenfinsternis. „Das Smartphone kann getrost in der Tasche bleiben“, heißt es beim Photoindustrie-Verband. Dem Telefon mangelt es nämlich am nötigen Zoom. Eine Superzoom-, System- oder Spiegelreflexkamera sollte es schon sein. Sonst erscheint die Sonne nur als kleiner Punkt auf dem Foto. Bei der Brennweite empfehlen die Experten mindestens 400 Millimeter (Kleinbildformat). Steht kein Objektiv mit solch großer Brennweite zur Verfügung, helfen Telekonverter weiter. Sie werden zwischen Objektiv und Kamera geschraubt und liefern mehr Brennweite. Damit die Aufnahmen nicht verwackeln, bieten sich ein Stativ und ein Fernauslöser an.

Ob man die verdunkelte Sonne nun in Einzelbildern oder als Serie aufnimmt, bleibt dem Fotografen überlassen. Wer die gesamte Finsternis in ihrem Verlauf dokumentieren will, nimmt am besten in Intervallen von fünf bis zehn Minuten ein Bild auf. Dabei wird die Kamera entweder für jede Aufnahme neu auf die Sonne ausgerichtet, oder an einer Position gelassen, um auch die Wanderbewegung des Himmelskörpers abzubilden. Wählt man letzteres Vorgehen, können die Einzelaufnahmen mit kostenlosen Programmen wie AviSTack2 später am Computer zu einer Aufnahme kombiniert werden. Mit kürzeren Bildintervallen sind auch Timelapse-Filme des kosmischen Ereignisses möglich.

Falls die Kamera es unterstützt, sollte über die Belichtungssteuerung ein geringer ISO-Wert gewählt werden. An die richtige Verschlusszeit tastet man sich dann heran.

Eine Warnung zum Schluss: Filmschnipsel und mit Ruß geschwärzte Glasplatten sind kein geeigneter Sonnenfilter. „Sie lassen die schädliche Wärmestrahlung fast ungehindert passieren“, warnt Frank Sohl vom DLR. „Solche antiquierten Systeme dürfen unter gar keinen Umständen verwendet werden.“ Als Augenschutz rät er zu speziellen Sonnenfinsternisbrillen aus dem Fachhandel. Schließlich will ja auch der passionierteste Hobbyfotograf die Sonnenfinsternis nicht nur gefiltert durch das Objektiv sehen.

Wie reagiert mein Tier?

Pferde werden unruhig, Hühner ziehen sich dagegen auf ihre Stange zurück: Tiere reagieren auf eine Sonnenfinsternis ganz verschieden. Während bei den einen die Nervosität steigt, wollen die anderen einfach nur schlafen.

„Tiere haben unterschiedliche Strategien, wie sie mit der plötzlichen Dunkelheit umgehen“, sagt Klaus Reiter, der an der Technischen Universität München lehrt. Er hat das Verhalten von Nutztieren bei der totalen Sonnenfinsternis 1999 untersucht.

Zwar geht der Professor davon aus, dass die Reaktionen bei der Sonnenfinsternis am 20. März - bei der die Sonnenscheibe in Mitteleuropa bis zu etwa 85 Prozent bedeckt sein wird - geringer ausfallen als 1999. Trotzdem: „Die Sonnenfinsternis signalisiert den Tieren eine beginnende Nacht und wirkt sich kurzfristig auf ihren Rhythmus aus.“

Die von ihm beobachteten Pferden standen bei der plötzlichen Dunkelheit unter Stress, berichtet Reiter. „Manche von ihnen sind auf der Weide herumgerannt, andere waren ganz ruhig, zeigten aber erhöhte Herzfrequenzwerte.“ Auch Enten wurden nervös und suchten nach Schutz. Sie flogen zur Mitte ihres Teiches und sammelten sich dort. Andere Tiere dachten dagegen, es sei Schlafenszeit: „Die Vögel wurden ganz ruhig und stellten alle Laute ein“, erinnert sich Reiter.

Nachtaktive Tiere können dagegen munter werden. Wolfgang Fiedler vom Max-Planck-Institut für Ornithologie (Radolfzell am Bodensee) berichtet von Fledermäusen, die bei einer Sonnenfinsternis in Mexiko plötzlich losflogen, um nach Nahrung zu suchen.

Auf Hunde und Katzen werde das Himmelsspektakel keinen Effekt haben, sagt Tiermedizinerin Franziska Kuhne von der Universität Gießen. „Es mag für die Tiere etwas irritierend sein, aber ohne Konsequenzen.“ Einziger Stressfaktor könne der Mensch sein, der sich plötzlich aufgeregt verhält, weil er die Sonnenfinsternis beobachten will.

Haustierbesitzer können also beruhigt sein. Und auch um die anderen Tiere muss sich niemand Sorgen machen: „Sobald es wieder hell wird, passen sich die Tiere ihrem normalen Tagesrhythmus an“, sagt Reiter.

dpa/HA