Hamburg. Der Popstar erweitert bei seinem Gig in der O2 World die Musicalpalette der Hansestadt. Am Ende garniert mit schnarchigen Hamburger-Gags.

Warum nach Florida fliegen, wenn Disney World auch nach Hamburg kommt. Die Tickets für die Katy-Perry-Show in der nicht ausverkauften O 2 World waren zwar nicht gerade ein Schnäppchen – die billigsten Oberrang-Karten kosten 65 Euro -, aber billiger als ein Flug nach Orlando sind sie allemal. Was die amerikanische Popsängerin in Hamburg abgeliefert, ist sehr wahrscheinlich die quietschbunteste Show, die jemals in der Hallen-Arena über die Bühne gegangen ist. Animationsfilme in schrillen Farben, Kostüme so grell, dass die Augen schmerzen, Scheinwerferspots, Lichteffekte, Feuerwerk, Artistik unter der Hallenkuppel – und das überwiegend in dreieckiger prismischer Form, passend zum Tournamen der Kalifornierin. „Prism“ hieß ihr 2013 erschienenes immer noch aktuelles Album, „Prismatic“ ihre derzeit laufende Tournee. Ach ja, Musik gibt es auch. Aber angesichts dieses visuellen Overkills treten die Songs in den Hintergrund. Mitgesungen wird kaum, nur, als bei einem Euro-Jazz-Einlage Haddaways „What Is Love?“ ertönt, ist auch das Publikum zu hören.

Unterhaltungswert eines Musicals

Der Unterhaltungswert von Katy Perrys Show ist ebenso hoch wie bei den vielen Musicals, die Hamburg zur deutschen Hauptstadt der leichten Muse gemacht haben. Wenn sie bei „Birthday“, der ersten Zugabe, an sieben Luftballons bis hinauf in den Oberrang schwebt, erntet sie viele „Aaas“ und „Ooos“ und noch mehr Beifall. Bei „Dark Horse“ taucht sie plötzlich aus der Untermaschinerie der Bühne auf einem mechanischen Pferd auf. Den Fortgang der Show merkt man weniger an den Songs, die klingen alle sehr ähnlich, sondern an den immer neuen Kostümen. Alle drei bis vier Lieder verschwindet Perry nach hinten oder unten und wird dann in einer neuen Kreation wieder hydraulisch in die Bühnenmitte gefahren. Zu Beginn trägt sie einen kurzen Glockenrock mit Leuchtstreifen, der ein wenig an Robert Redfords Kostüm in „Der elektrische Reiter“ erinnert. Sie kommt auch in einem Goldfummel, im Reifenrock, im Katzenkostüm, in weißem Glitzer und in einem grünen Laubfrosch-Outfit.

Zwischen „König der Löwen“ und „Game of Thrones“

Entscheidend mitgeprägt wird das Spektakel durch die Tänzer, die Perry umschwirren und ebenfalls von Kostümwechsel zu Kostümwechsel wirbeln müssen. Die Ankleiderinnen werden backstage alle Hände voll zu tun haben, um die siebenköpfige Truppe auf die Sekunde genau im neuen Dress auf die Bühne zu lassen. Das Ambiente bei „Dark Horse“ erinnert an „König der Löwen“, die Staffage bei „Part Of Me“ würde auch gut in die Fantasy-Serie „Game Of Thrones“ und zu der blonden Königstochter Khaleesi passen. Eine Band gibt es auch, aber die sehen die Zuschauer erst beim vierten Song. Für Aufsehen sorgen eigentlich nur die beiden Gitarristen, als bei „I Kissed A Girl“ aus den Gitarrenhälsen Funken sprühen. Ansonsten hätte die Musik auch vom Band kommen können, in dieser Art von Entertainment werden Musiker kaum mehr wahrgenommen.

Plötzlich ist die Luft raus

Der Abend hat lange Tempo und ist dennoch mit zwei Stunden zu lang. Den akustischen Part mit „By The Grace Of God“ und drei anderen Songs hätte Katy Perry sich sparen können, denn da ist die Luft plötzlich raus. Ihre Kommunikation mit dem Publikum und verschnarchten Hamburger-Witzen nutzt so mancher Zuschauer, um Bier wegzubringen oder neues zu holen. Als sie dann auch noch einen Fan auf die Bühne holt, der Dirk heißt und aus Düsseldorf kommt, wird die anbiedernde Nummer komisch. Unfreiwillig. Erst Haddaway, Snap und Technotronics „Pump Up The Jam“ – alle als Konserve eingespielt – heben das Energielevel noch mal an. Als Katy Perry als vorletzten Song „Birthday“ singt, hat auch der letzte begriffen, wo er sich an diesem Abend befindet: auf einer riesengroßen Geburtstagsparty. Und zwar für Kinder. Von der verruchten Katy Perry ist hier nichts zu sehen. Alles ist völlig jugendfrei. Wie in den Disneyfilmen. Für die gilt auch: freigegeben ab sechs Jahren.