Entenwerder. André Feldmann und Arne Schultchen arbeiten seit ihrem Studium zusammen – erfolgreiche Kampagnen für Astra und Apollinaris.
Die Anfahrt ist ein bisschen abenteuerlich. Selbst als Hamburger kommt man hier nicht allzu oft her. Eine immer kleiner werdende Straße führt in Entenwerder Richtung Deich. Über den geht es auf einen schmalen Feldweg. Linker Hand die Elbe. Bäume und Sträucher an beiden Seiten. Dann endet auch dieser Weg recht unvermittelt auf einem großen Parkplatz. Hierher scheint es vor allem Hundebesitzer zu führen, mehr nicht. Eine riesige Brücke weist den Weg zu einem Ponton auf dem Wasser. Zwischen Eisbrechern und anderen großen Arbeitsschiffen, zwischen Tauen und Pollern liegt versteckt das Atelier des Designstudios feldmann+schultchen. Ein Rückzugsort der Kreativen seit etwa fünf Jahren.
Die beiden Firmengründer laden hierher zu Workshops und Besprechungen ein. „Die Stimmung und der Blick sind einfach wunderbar“, sagt Arne Schultchen mit seiner ihm eigenen Begeisterung und zündet erst einmal den eigens eingebauten Kamin an. „Sie können sich sicher sein, immer wenn ein Schiff vorbei kommt, halten alle kurz inne. Das ist schon etwas ganz Besonderes.“ Aber auch ohne vorbeiziehende Boote sei der Blick einzigartig.
„Wir haben den Sprung über die Elbe schon gewagt, als noch keiner drüber geredet hat“
Auch deshalb, weil nur wenige Meter von hier die Geschichte ihres Designbüros vor gut 20 Jahren begann. Gegenüber, auf der anderen Seite der Elbe auf der Veddel, bezogen die beiden Kreativen ihr erstes eigenes Büro. „Wir haben den Sprung über die Elbe schon gewagt, als noch keiner drüber geredet hat“, sagt André Feldmann und lacht schelmisch. Ganz bewusst hätten sie die Entscheidung schon damals getroffen, an den Rand zu gehen. „Hier hatten wir einen wunderbaren Blick auf Hamburg, das hat uns erst einmal gereicht“, sagt der 50-Jährige.
Die beiden Männer verbindet eine jahrelange tiefe Freund- und Partnerschaft. Kennengelernt haben sie sich bereits im Studium, Industriedesign an der Hochschule für bildende Künste. Parallel zu ihren Seminaren begannen sie für erste Kunden Produktideen und -konzepte zu entwickeln. „Wir haben Phasen gehabt, da waren wir wirklich nur sehr wenig in den Kursen anwesend. Und vor allen mit unseren Aufträgen beschäftigt“, sagt Schultchen und grinst. Direkt nach dem Abschluss gründeten sie dann auch eine richtige eigene Firma und bezogen das Büro.
„Eher durch einen glücklichen Zufall sind wir dann zu unserem ersten großen Kunden gekommen“, so der 49-jährige Schultchen weiter. Bei einem gemeinsamen Mittagessen saßen sie nämlich neben einer Gruppe Mitarbeiter von Apollinaris. Unterhielten sich mit den netten Nachbarn. Und ehe sie sich versahen, wurden die beiden jungen Männer gebeten, die Flasche, die an Restaurants geliefert wird, einmal zu überarbeiten. Und ihre Ideen dazu vorzustellen. „Die Chance haben wir gleich ergriffen und ein Konzept vorgelegt.“ Wochenlang hätten sie nichts gehört und den potenziellen Auftrag eigentlich schon abgehakt. „Da wurden wir plötzlich angerufen und engagiert. Das war ein unheimlich aufregender Einstieg in die Branche“, sagt Schultchen rückblickend auf diese Zeit.
Nebenbei begannen die beiden auch für andere, deutlich kleinere Kunden zu arbeiten. National und international. „Wir haben von Anfang an dafür gesorgt, dass bei uns die richtige Mischung herrscht zwischen den Großen und den Kleinen“, sagen beide Designer. So sei es bis heute. Da zählen große Namen wie Europcar, Philip Morris oder Beiersdorf zu den Kunden des Designstudios. Aber eben auch kleine Firmen, Initiativen oder Bundesländer wie Hamburg und Schleswig-Holstein.
Astra-Symbol wohl bekannteste Erfindung
Der Hansestadt fühlen sich die beiden Kreativen eng verbunden. Auch deshalb haben sie besonders viele Projekte für hier ansässige Firmen oder gar die Stadt verwirklicht. Eine ihrer wohl bekanntesten Erfindungen ist sicherlich das Astra-Symbol. Der sogenannte Herzanker, der jede Flasche, jede Kampagne ziert. Diese Erfindung ist auch nach vielen Jahren noch ihr ganzer Stolz. „Wenn man heute Menschen befragt nach diesem Herzanker, bekommt man als Antwort, das Symbol sei doch mindestens 100 Jahre alt“, sagt Feldmann. „Das zeigt uns, wie gut es zu dem Produkt und der Stadt passt.“ Denn das Ziel, so der Kreative, sei es ja nicht, aufzufallen. Sondern ein besonderes Gefühl zu vermitteln.
Insgesamt haben die beiden zusammen mit ihrem Team einige Hamburger Projekte begleitet. So sind sie die Schöpfer der Logos Hamburger Sportveranstaltungen wie der Cyclassics oder des Triathlons. Sie haben das Logo der IBA, den Springer, mit verantwortet. Oder die Corporate Identity für die Cruise Terminals. Derzeit sind sie bei der Bewerbung der Hansestadt für die Olympischen Spiele engagiert.
Die 20 Jahre in der Branche merkt man den beiden sympathischen Männern nicht an. Ganz im Gegenteil. Beide berichten nach wie vor mit einer unheimlichen Begeisterung von ihrer Arbeit. Kein Projekt sei wie das andere, das mache den Reiz aus. Darauf achten sie bis heute auch extrem, denn nur so bleibe genug Kreativität erhalten. „Bei manchen Kunden geht es um ein Produktdesign. Bei anderen um Architektur oder ganze Firmenkonzepte“, so Schultchen. „Die Branchen wechseln ständig. Also müssen wir uns immer komplett neu einarbeiten.“
Neben der gemeinsamen Firma sind Feldmann und Schultchen auch privat eng verbunden. „Wir sind seit dem Studium Freunde“, sagen sie. Nicht selten treffen sie sich auch gemeinsam mit ihren Frauen und den insgesamt fünf Kindern. Das freundschaftliche und familiäre Miteinander ist ihnen aber auch in ihrem Team ausgesprochen wichtig. Immer wieder verweisen sie auf die Leistung ihrer Mitarbeiter, ohne die all diese kreativen Ideen und Konzepte nicht möglich wären. Und auf ihren Kompagnon. Denn zur Führung ist vor zehn Jahren bereits der Designer Stephan Kremerskothen dazugestoßen.