Hamburg. Das weltgrößte Containerschiff entlädt Fracht in Bremerhaven und Wilhelmshaven. JadeWeserPort wird durch Liniendienste aufgewertet.

Die Größenrekorde von Containerschiffen halten derzeit nicht besonders lange. Vor sieben Wochen kam die „CSCL Globe“ der Reederei China Shipping nach Hamburg, das Mitte Januar weltweit größte Containerschiff im Liniendienst mit einer Tragfähigkeit von 19.100 Containereinheiten (TEU). Der Rekord ist dahin. Die „MSC Oscar“ hat ihn gebrochen, mit 19.224 TEU.

Am Donnerstag lief das Schiff der italienisch-schweizerischen Reederei MSC auf seiner Jungfernfahrt Bremerhaven an, am Sonnabend macht die „MSC Oscar“ in Wilhelmshaven fest. Es wird wohl nicht mehr lange dauern, und die Marke von 20.000 TEU ist gebrochen. Dazu werden die Schiffe nicht einmal sehr viel größer sein müssen. Die „MSC Oscar“ ist in ihren äußeren Abmessungen mit rund 395 Metern Länge etwas kürzer als die „CSCL Globe­“ und mit 59 Metern Breite in etwa gleich breit. Konstruktionsbedingt passen dennoch mehr Tranportboxen auf das neue MSC-Schiff.

Hamburg läuft die „MSC Oscar“ nicht an. Das hängt mit der Linienführung des Schiffes zusammen, besitzt aber dennoch eine gewisse Symbolik. Das Schiff kommt fast genau zwei Wochen nach der „Munkebo Maersk“ an den Wilhelmshavener JadeWeserPort. Auch das Maersk-Schiff mit seiner Transportkapazität von 18.300 TEU war auf seiner Jungfernfahrt in Deutschland. Beide Großfrachter fahren derzeit für den „AE5 Alba­tros“-Dienst der neuen Reedereiallianz 2M. Darin setzen Maersk und MSC ihre größten und modernsten Schiffe ein – und die laufen nun wöchentlich auch Wilhelmshaven an. Für Deutschlands einzigen, bislang allerdings kaum ausgelasteten Tiefwasserhafen ist das eine prestigeträchtige Werbung.

Neben dem AE5-Dienst läuft auch der AE1-Dienst von Europa nach Japan über Wilhelmshaven, zudem eine neue Linie in den Mittleren Osten sowie drei Zubringerdienste, so genannte Feederverbindungen, von den Nordseehäfen in Richtung Skandinavien. Zum ersten Mal seit seiner Eröffnung im Jahr 2012 wird der JadeWeserPort damit in eine nennenswerte Zahl von Linien eingebunden. Die Großschiffe können den Hafen ohne nautische Restriktionen erreichen. „Mit drei Hauptschiffsliniendiensten deckt Wilhelmshaven jetzt einige der wichtigsten Fahrtgebiete der Welt ab. Wir erwarten, dass das dem Standort weitere Impulse geben wird“, sagt Eurogate-Chef Emanuel Schiffer. „Wilhelmshaven verfügt nicht nur über nautisch optimale Bedingungen, sondern ist auch gut an das Seehafenhinterland angebunden. Die Bahninfrastruktur bietet die notwendigen Kapazitäten, um die Ladung unserer Kunden schnell und zuverlässig weitertransportieren zu können.“

Eurogate betreibt den Containerterminal am JadeWeserPort, der bislang weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist. Im vergangenen Jahr schlug der Terminal rund 67.000 TEU um – bei einer jährlichen Kapazität von rund 2,7 Millionen TEU. Zweckoptimismus schwingt deshalb auch mit, wenn Schiffer sagt: „Wilhelmshaven wird seine Rolle innerhalb des Verbundes der nordeuropäischen Häfen finden. Davon sind wir überzeugt. Die Signale sind positiv.“ Fakt ist allerdings auch, dass immer mehr Großschiffe mit mehr als 18.000 TEU in Fahrt kommen, die rund 400 Meter lang und annähernd 60 Meter breit sind. Wilhelmshaven bietet diesen Schiffen eine nautisch problemlose Alternative, um Feederlinien zu bedienen, aber auch für die Bahn- und Lkw-Anbindung besonders an das Ruhrgebiet, als Ergänzung zu den Häfen von Rotterdam und Antwerpen.

Offen bleibt, inwieweit Wilhelmshaven eine Konkurrenz zu Hamburg werden könnte. Die Hansestadt ist als Europas größter Eisenbahnhafen besonders eng an die osteuropäischen Märkte angebunden. Die Lage tief im Inland sorgt zudem für einen besonders hohen Anteil an regional relevanter Ladung. Auch Hamburg fertigt die weltgrößten Containerschiffe ab. Auf die „CSCL Globe“ im Januar folgte im Februar deren Schwesterschiff „CSCL Pacific Ocean“. Schwierig für Hamburg ist, dass die Vertiefung und Verbreiterung der Elbfahrrinne noch immer gerichtlich nicht freigegeben ist. Vor allem die Begrenzungen der Schiffsbreiten kurz vor Hamburg erweisen sich angesichts der wachsenden Zahl von Großschiffen als nautischer Engpass. Forderungen der Grünen in den Koalitionsverhandlungen mit der SPD zur Bildung eines neuen Senats, die Abmessungen der Elbvertiefung erneut infrage zu stellen, sorgen deshalb in der Hafenwirtschaft für starke Irritationen. Allerdings wollte sich der Unternehmensverband Hafen Hamburg (UVHH) am Donnerstag zu den laufenden Verhandlungen nicht äußern.

Niedersachsen genießt unterdessen die Aufwertung des JadeWeserPorts durch die beiden weltgrößten Reedereien Maersk und MSC. Schon drängt Landeswirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) öffentlich, die Planungen für eine Erweiterung des JadeWeserPorts und für eine Verdoppelung seiner Umschlagkapazität bis zum Jahr 2025 zu intensivieren. Allerdings wissen auch die Beteiligten in Niedersachsen, dass es noch ein sehr weiter Weg sein dürfte, bis sich der bislang defizitäre Tiefwasserhafen wirtschaftlich etabliert hat – „MSC Oscar“ hin oder her: „Der Hafen kommt derzeit richtig in Fahrt“, sagt Susanne Schmitt, Hauptgeschäftsführerin des Niedersächsischen Industrie- und Handelskammertages: „Bei weiterhin guter Auslastung ist es realistisch, dass in zehn Jahren die Kapazitätsgrenze erreicht ist.“