Hamburg . Um Vorurteilen bei Kindern gegen Schwule entgegenzuwirken, hat die in Hamburg lebende Dragqueen das Buch „Keine Angst in Andersrum“ geschrieben.
Sie ist Kiezkönigin, Dschungelprinzessin, Travestiekünstlerin - und jetzt auch Kinderbuch-Autorin: Olivia Jones (45) will mit der Geschichte „Keine Angst in Andersrum“ schon den Jüngsten zeigen, dass es auch andere Beziehungsformen als „Frau und Mann“ geben kann. Das Bilder- und Vorlesebuch für Fünf- bis Achtjährige schaffe zahlreiche Anlässe für Dialoge zwischen Eltern und Kindern, teilte der Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf zum Erscheinen am Mittwoch mit.
Für die Hamburger Dragqueen, die 2013 Zweite der RTL-Dschungelshow „Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!“ wurde und auch als St.-Pauli-Expertin und Barbetreiberin bekannt ist, sei das Buch eine „Herzensangelegenheit“ gewesen. „Das Leben ist nicht nur rosa-blau! Niemand weiß das besser als Olivia Jones“, hieß es in der Mitteilung.
Die „Geschichte vom anderen Ufer“, so der Untertitel des 56-seitigen Buches, beginnt mit einer Szene, in der das Wort „schwul“ als Schimpfwort dient - auch wenn es in dem Fall um die Abneigung eines Siebenjährigen gegen Spinat geht. Spinat sei „voll schwul“, schimpft Luis. „"Voll schwul!", sagt Luis und macht dabei ein Gesicht, als müsste er gleich brechen“, schreibt Olivia Jones. Seine jüngere Schwester Emma plappert es ihm gleich nach, während Tante Maria Luis entgeistert fragt, ob er überhaupt die Bedeutung des Wortes kenne. „Schwul ist eklig“, weiß dieser aus der Schule zu berichten.
Als die Tochter eines Freundes "schwul" als Schimpfwort benutzt, macht Jones das nachdenklich
Ein ähnliches Erlebnis - dass die Tochter eines Freundes das Wort „schwul“ als Schimpfwort mitbrachte - habe sie nachdenklich gemacht, erzählte Olivia Jones dem Verlag. „Die Kleine wusste ja gar nicht, was das eigentlich bedeutet, hat aber trotzdem schon gelernt, schwul mit etwas Negativem zu verbinden“, erklärte sie. „So was brennt sich natürlich ein und ist später ganz schwer mit sachlichen Argumenten wieder herauszubekommen.“ Sie wolle über das Thema mit einem Augenzwinkern aufklären und ohne dabei unter die Gürtellinie zu gehen: „In keiner Zeile geht es um Sex. Es geht um Fragen der Selbstentfaltung und Lebensgestaltung.“
Tante Maria mit ihrer tiefen Stimme und dem Donnerlachen ganz wie Olivia Jones erzählt den Kindern vom Land „Andersrum“, wo Frauen Frauen lieben und Männer Männer. Doch was, wenn sich dort ein Kindergärtner in eine Bauarbeiterin verliebt? So wie „der Inge und die Gerd“ in Olivia Jones' Geschichte. Dann wird es kompliziert. Es wird gestarrt und getuschelt. Ein Mann hält Händchen mit einer Frau - wie „abartig“ und „eklig“ das manche Andersrummer finden: „Das hat es noch nie gegeben, darum ist es nicht richtig. Das ist nicht normal.“
Neben der bunt illustrierten Geschichte gibt es ein paar private Fotos aus Olivia Jones' Leben, das einst als Oliver in Springe (Niedersachsen) begann. Sie wisse, wovon sie schreibe, betont die Autorin in einem Vorwort. „Denn auch ich hatte zu kämpfen, bevor ich werden konnte, was ich heute bin.“ Vor allem als junger Mensch habe sie kämpfen müssen, mit sich selbst und mit ihrer Familie. Sie wolle helfen, es anderen einfacher zu machen. „Denn solange es leichter ist, eine Olivia Jones zu sein, als eine Olivia Jones zu werden, ist unsere Gesellschaft in meinen Augen noch nicht tolerant genug.“