Hamburg. Der World Future Council verleiht den renommierten Preis „Future Policy Award“ in Hamburg. Michael Otto und Jörg Pilawa machen sich stark.
Der renommierte Future Policy Award, der „Oscar für gute Gesetze“, wird in diesem Jahr in Hamburg vergeben werden. Das haben zwei der prominentesten und sozial engagiertesten Hamburger – Michael Otto, Unternehmer und Ehrenbürger, sowie der Fernsehmoderator Jörg Pilawa – bekanntgegeben. Der Future Policy Award ist der erste Preis der Welt, der auf internationaler Ebene gute Gesetzgebung auszeichnet. Er wird seit 2009 verliehen vom Weltzukunftsrat (World Future Council (WFC)), der vom deutsch-schwedischen Stifter des Alternativen Nobelpreises, Jakob von Uexküll, gegründet wurde und dank der Unterstützung von Michael Otto seit 2006 seinen Hauptsitz in Hamburg hat.
Otto und seine Tochter Janina, die seit Jahren Entwicklungsprojekte in Afrika betreibt, werden das WFC-Projekt „Die Rechte der Kinder“ in den kommenden fünf Jahren gemeinsam mit insgesamt einer Million Euro unterstützen. In den vergangenen Jahren war der Preis auf Uno-Ebene verliehen worden; dabei standen die Themen Abrüstung, Schutz der Ozeane, Nahrungssicherheit, Schutz der Wälder sowie Gesetze zum Schutz von Frauen und Mädchen vor Gewalt im Vordergrund. Der Future Policy Award 2015 wird am 8. Dezember vergeben für die besten Maßnahmen zur Umsetzung von Kinderrechten. Pilawa und Otto appellieren an Olaf Scholz, dass die Verleihung 2015 im Hamburger Rathaus vorgenommen werden kann.
Die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen kam erst 1989 zustande. „Das hat mit der Grundeinstellung der Gesellschaft Kindern gegenüber zu tun“, sagt Pilawa, der Botschafter des WFC ist. „Dass Kinder als eigenständige Lebewesen wahrgenommen werden, ist ja erst ein Phänomen der Neuzeit. Jahrtausende lang galt das Kind als rechtlos.“ „Lange Zeit ging es nur darum, wie Erwachsene ihr Leben gestalten“, sagt Michael Otto, Ehrenratsmitglied des World Future Council. „In vielen Ländern haben wir bis heute die Situation, dass Kinder geschlagen werden dürfen. Nun haben wir zwar seit 25 Jahren die Kinderrechtskonvention, sie wurde auch von den meisten Staaten unterzeichnet. Wirklich praktiziert werden Kinderrechte vielerorts aber nicht.“
Beide Hamburger kennen die Armutsgebiete der Welt aus eigener Ansicht. „Die Rolle der Familie hat in Afrika einen erheblich höheren Stellenwert“, sagt Pilawa. „Die Frage ‚wohin mit Mama zu Weihnachten‘ würde dort niemand stellen.“ Andererseits pralle man auch gegen kulturelle Grenzen. „Ein Impfprojekt im Kongo zum Beispiel war sehr schwer durchzusetzen“, erinnert sich der Moderator, „man sagte uns, die ersten fünf Jahre müsse ein Kinder von allein überleben. Jedes Mal, wenn ich aus Afrika zurückfahre, muss ich meine europäische Denkweise überprüfen.“ „In den noch intakten Dorfgemeinschaften in Afrika wachsen die Kinder sehr frei auf, und jeder fühlt sich für sie verantwortlich“, sagt Michael Otto. „Aber andererseits gibt es die Elendsviertel in den Megacities der Erde, wo Kinder von ihren Familien entwurzelt sind und überhaupt keine Rechte haben. Diese Kinder können ihre Rechte nicht einklagen, deshalb ist es so wichtig, dass sich der World Future Council darum kümmert.“
Pilawa, der vier Kinder und über seine Reisen ein Buch veröffentlicht hat (Kinderrechte erleben – unterwegs mit Jörg Pilawa), sah sich im bitterarmen Burkina Faso das Schicksal der Minenkinder an: „Zigtausende Kinder, viele erst acht Jahre alt, arbeiten dort unter menschenunwürdigen Bedingungen, oft unter Tage; jeden Tag zehn Stunden, sieben Tage die Woche. Mit zwölf, dreizehn Jahren sind sie körperlich am Ende. Man ist erschüttert und würde am liebsten gleich tausend Kinder aus den Minen herausnehmen. Doch eine Woche später wären dort tausend neue Kinder. Man muss erreichen, dass diese Kinderarbeit gesetzlich verboten wird. Nur dann hört das Elend auf.“
Für Michael Otto, der selber zwei Kinder großgezogen hat, sind eine saubere Umwelt und gute Bildungschancen die wichtigsten Voraussetzungen, damit Kinder aus prekären Verhältnissen herauskommen können. „Ferner natürlich Schutz vor Kinderarbeit, Kinderheirat und Kinderhandel. Man geht davon aus, dass jährlich 1,2 Millionen Kinder wie Ware verkauft werden. Auch das Thema Kindersoldaten ist sehr wichtig. Es müssen Gesetze gegen die Ausbeutung von Kindern erlassen und eingehalten werden – und es muss Konsequenzen geben, wenn sie gebrochen werden.“ Hinzu komme, dass jährlich 2,6 Millionen Kinder an Mangelernährung sterben, sagt Pilawa. „Wenn wir feststellen müssen, dass weltweit 170 Millionen Kinder zur Kinderarbeit gezwungen werden, dann sind das Zustände, die wir dringend bekämpfen müssen“, ergänzt Otto.
Zum zentralen Thema Bildung für Kinder sagt Pilawa: „Ich habe jeden Morgen um 6.30 Uhr das Problem, vier Kinder motiviert zur Schule zu schicken. Ich habe dann zu meiner 14-jährigen Tochter gesagt: Komm mit mir nach Afrika, ich zeige dir, wie motiviert Kinder dort zur Schule gehen. Lernen gilt ihnen als Privileg.“
Was geben die beiden Hamburger Persönlichkeiten, die sich mit dem WFC für Kinderrechte einsetzen, ihren eigenen Kindern als Wichtigstes mit auf den Lebensweg? „Soziale Verantwortung“, sagt Jörg Pilawa, „wenn man schon auf der Sonnenseite des Lebens geboren wurde, sollte man Licht dahin schicken, wo es gebraucht wird.“ „Vertrauen, Bildung, Verantwortung“, sagt Michael Otto.