Auf der Messe „Hanse-Spirit“ in den Messehallen zeigen Spirituosenhersteller ihre neusten Kreationen. Mancher Whiskey taugt mittlerweile als als Rendite versprechende Kapitalanlage.
Hamburg. Zwischen Whisky, Gin, Cognac und Co. wurde geschwenkt, geschnuppert und probiert: Auf rund 3600 Quadratmetern präsentierten auch an diesem Wochenende wieder zahlreiche Aussteller auf der Spirituosenmesse „Hanse-Spirit“ in den Messehallen ihre Schätze. Während die Stars der Hamburger Barszene auf die Suche nach neuen Erzeugnissen gingen, versuchte sich auch der ein oder andere Einsteiger bei seinem ersten Tasting. Gelegenheiten zum Fachsimpeln und natürlich zum Probieren an den Ständen gab es genug. Kein Wunder, dass angesichts der günstigen Messepreise kein Glas und keine Zunge lange trocken blieb.
Wer will, der kann jedoch gerade bei den Single Malt Whiskys, also Whisky, der einer einzigen Brennerei entstammt, nach wie vor richtig Geld ausgeben. Für einen Probierschluck (1 cl) des 32-jährigen Port Ellen (54,6 % Vol.) aus der Region Islay, der ein Jahr vor Schließung der Destillerie 1983 gebrannt und vergangenes Jahr abgefüllt wurde, werden stolze 20 Euro fällig. Die ganze Flasche gibt es für 1200 Euro zu erwerben.
„Whisky ist wohl oder übel zu einer lukrativen Kapitalanlage geworden“, sagt Timo Lambrecht, Brand Manager des Bremer Spirituosen Contors. Die Nachfrage ist hoch, die Preise steigen und alte Bestände neigen sich vielerorts dem Ende zu. Beste Voraussetzungen also in Whisky eine „flüssige Kapitalanlage“ zu sehen, die im Idealfall eine hohe Rendite verspricht. „Manche kaufen sich eine solche Flasche, stellen sie zwei Jahre ins Regal und verkaufen sie dann deutlich teurer weiter.“ Besonders beliebt sind die Einzelfass-Abfüllungen (Single Cask) bekannter Brennereien.
„Jedes Fass schmeckt anders“
Doch Vorsicht: Bei der Wahl der Abfüllung kann man schnell auf die Nase fallen. „Jedes Fass schmeckt anders“, sagt Timo Lambrecht. Die Vielfalt sei schier unerschöpflich. „Manchmal erwischt man tolle Sachen, ein anderes Mal greift man vielleicht voll ins Klo.“ Beim Whisky dürfe man sich nicht nach runden Geburtstagen richten. „Man füllt ab, wenn der Whisky gut ist – ohne Rücksicht auf ein bestimmtes Datum.“
„Der Kampf um die Fässer nimmt zu“, bestätigt auch Dirk Ehlig-MacLeod von Scotlands and Malts. Als Händler verkauft er vor allem die Produkte unabhängiger Abfüller, die einzelne Fässer aufkaufen und abfüllen. Von torfig bis malzig ist alles dabei. „Die weltweite Nachfrage nach Single Malt-Whisky steigt nach wie vor“, sagt Ehlig-MacLeod. Der Single Malt habe in den vergangenen 20 Jahren einen ungeheuren Boom erlebt, der vom wachsenden Wohlstand in Schwellenländern wie China oder Indien weiterhin angetrieben werde. Die Folge: „Die Brennereien geben kaum noch Fässer ab.“
Mitunter führe die hohe Nachfrage zweifelhafte Produktionsmethoden mit sich. „Es gibt einzelne Brennereien, die sogar Metallfässer verwenden und darin Holzstücke schwimmen lassen, damit der Whisky das entsprechende Aroma bekommt.“ Doch Ehlig-MacLeod versucht zu beruhigen: „Es gibt sie noch, die guten Whiskys, die nicht teuer sein müssen.“ Seine Empfehlung: Ein zehnjähriger Bruichladdich des Abfüllers Duncan Tayler. „Eine Explosion im Mund ohne viel Schärfe im Abgang.“
„Gin lebt nicht von der Anzahl der Botanicals“
Doch auch andere Spirituosen verzeichnen stetige Zuwachsraten. So ist auch die Nachfrage beim Gin nach wie vor ungebrochen. Mehr als 250 Sorten hat allein „Ginthusiast“ Oliver Steffens in seiner Sammlung. Der Blogger (trinklaune.de) gehört zu den renommiertesten Gin-Experten des Landes und veranstaltet regelmäßige Tastings – wie auch an diesem Abend, sind diese fast immer ausverkauft. Zu den insgesamt 12 Gin Tonics gibt es jede Menge nützliche Tipps für Genießer und Einsteiger. „Ein guter Gin lebt nicht von der Anzahl der Botanicals“, sagt Steffen. Ein guter Gin komme auch mit drei dieser Aromen aus.
Der derzeitige Gin-Boom bringe zwar viele neue Produkte mit sich, jedoch nicht immer zum Vorteil des Verbrauchers. „Das Gin Tonic-Fieber ist ungebrochen“, sagt Steffens. „Doch es kommt auch sehr viel Mist auf den Markt.“ Ob ein Gin mit 74 Botanicals tatsächlich noch Sinn macht, bezweifelt der Experte. Wie lange der Boom noch anhält, traut sich auch Steffens nicht zu beurteilen. Doch was kommt nach dem Gin? „Ich könnte mir vorstellen, dass Cognac bald eine Renaissance erlebt.“
Egal ob Whisky, Gin oder Cognac – an der Aroma-Bar, quasi der Hausbar der Hanse-Spirit, zaubern die Bartender Lee Daniel Hobbs (Walrus, Good Old Days), Niklas Nickell (u.a. Good Old Days) und Ole Wörle (Das Mehl Ottensen) aus jeder Spirituose den passenden Drink. Vom Whisky-Sour mit Rye-Whisky und einem Waldheidelbeer-Likör bis zum Negroni mit Rhabarber – was hier entsteht, ist Cocktailkunst vom Feinsten. Eine Spirituose als Kapitalanlage? Für die Bartender grenzt das an Blasphemie. Doch einen Vorteil hat die flüssige Investition: „Wenn man mit dem Ertrag nicht zufrieden ist, trinkt man die Flasche einfach selbst.“