Beim Bürgermeister-Duell stritten sich die beiden Kontrahenten um Hafen, HHLA und BAföG. Scholz warf Herausforderer Wersich vor, „freundlich geflunkert“ zu haben. Das Abendblatt prüfte die Fakten.

Rotherbaum. Es war das erste direkte Aufeinandertreffen des Ersten Bürgermeisters Olaf Scholz (SPD) und seines Herausforderers Dietrich Wersich (CDU) im Bürgerschaftswahlkampf: Das „Duell“ von Hamburg 1 und Hamburger Abendblatt im Hotel Grand Elysée lieferte einen sachlichen, fairen Schlagabtausch der beiden Politiker.

An zwei Punkten gewann das Gespräch allerdings an Schärfe, die so stark ins Persönliche ging, dass ein Faktencheck eine Klärung bringen muss. Beim Thema Hafeninvestitionen warf Scholz Wersich vor, „freundlich geflunkert“ zu haben. Und bei der Frage, wie der Geldsegen auf Grund der vollständigen Übernahme der BAföG-Kosten durch den Bund im Haushalt verwendet werden soll, sprach Wersich mit Blick auf Scholz von „politischem Betrug“.

Zum Thema Hafeninvestitionen sagte Scholz: „Es war richtig, dass mit dem Regierungswechsel 2011 die Politik des früheren Senats beendet wurde, für den Hafen kein Geld auszugeben. Es war die Politik des früheren Senats zu sagen, der Hafen soll sich selber finanzieren.“ Wersich wies den Vorwurf empört zurück: „Die CDU hat beschlossen, dass die HHLA-Milliarde in die Entwicklung des Hafens gesteckt wird. Der SPD-Senat hat das weitergeführt. Jetzt ist die HHLA-Milliarde verbraucht.“

Die Fakten: Das Konzept „Hafen finanziert Hafen“ war 2008 vom damaligen CDU-geführten Senat unter Bürgermeister Ole von Beust beschlossen worden. Es sieht vor, dass sich die Hafenbehörde Hamburg Port Authority (HPA) durch Dienstleistungen und Gebühren weitgehend selbst tragen soll. Das stellte sich als unmöglich heraus. Der Hafenkonzern Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) ging 2007 an die Börse. Der Erlös aus dem Teilverkauf floss zum größten Teil an die HPA, rund eine Milliarde Euro (die „HHLA-Milliarde“). In mehreren Tranchen wurde bis 2014 in Erneuerung und Ausbau der Hafenanlagen investiert. Aber: Schon 2010 beschloss der schwarz-grüne Senat die Kehrtwende. Von 2014 an sollten wieder jährlich 100 Millionen Euro direkt aus dem Haushalt für Hafeninvestitionen ausgegeben werden.

Faktencheck: Die HHLA ist ein Hafenbetrieb, insofern ist die Finanzierung der Hafeninvestitionen durch die HHLA-Milliarde tatsächlich „aus dem Hafen“ und nicht aus dem Landeshaushalt erfolgt. Insofern trifft die Scholz-Aussage zu, dass es CDU-Politik war, dass sich der Hafen selbst finanziert. Die Behauptung, dass der CDU-Senat „kein Geld für den Hafen“ ausgegeben habe, lässt sich so pauschal nicht halten, weil die Verwendung der HHLA-Milliarde auf einer Entscheidung des Senats fußt. Und: Schon 2010 erkannte die CDU, dass ihr eigenes Konzept gescheitert war und beschloss die Rückkehr zur Finanzierung aus Steuermitteln. Das hat der neue SPD-Senat ab 2011 dann umgesetzt. Der Vorwurf der Flunkerei ist daher überspitzt. Ergebnis: Punkteteilung.

BAföG: Der Bund übernimmt von 2015 an sämtliche Kosten für die finanzielle Unterstützung von Studenten nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Für Hamburg bedeutet das eine Entlastung in Höhe von 31 Millionen Euro jährlich. Wersich hat Scholz vorgeworfen, dass „Hamburg an der Spitze der Bundesländer steht, die keinen zusätzlichen Euro aus diesen Mitteln für die Hochschulen ausgeben“. Das sei eben „politischer Betrug“ – ein Vorwurf, auf den Scholz nicht einging.

Die Fakten: Scholz hat die Entlastung der Länder in den Verhandlungen mit der Union über eine Große Koalition durchgesetzt. „Die Länder werden die frei werdenden Mittel zur Finanzierung von Bildungsausgaben im Bereich Hochschule und Schule verwenden“, heißt es in der konkreten Vereinbarung. Daraus lässt sich keine Verpflichtung ableiten, die BAföG-Millionen auf jeden Fall an die Hochschulen weiterzugeben. „Mit dem Geld kann jedes Land Schulsozialarbeiter unbefristet einstellen. Man kann Personal für Ganztagsschulen daraus finanzieren oder Juniorprofessuren neu einrichten“, sagte Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) denn auch im Bundestag.

Faktencheck :Der Vorwurf des politischen Betrugs trifft nicht, weil eine Verpflichtung zur Verwendung der BAfög-Millionen im Hochschulbereich nicht existiert. Ergebnis: Punkt für Scholz.