Das Herz des Spitzensports in Hamburg: Am Olympiastützpunkt Hamburg/Schleswig-Holstein finden die Athleten optimale Bedingungen vor – für die sportliche und die berufliche Laufbahn.

Hamburg. Hier also kommen sie her, die norddeutschen Olympiateilnehmer. Talentierte Hockeyspielerinnen und junge Schwimmer, prominente Volleyballerinnen und erfahrene Segler, starke Rollstuhlbasketballerinnen und kräftige Ruderer, die bei den Olympischen Spielen und den Paralympics bereits groß aufgetrumpft haben – oder noch groß rauskommen werden. Am besten bis ganz nach oben aufs Siegertreppchen, um sich im globalen sportlichen Kräftemessen am Ende eine Medaille aus Gold, Silber oder Bronze um den Hals hängen zu lassen.

Der Olympiastützpunkt (OSP) Hamburg/Schleswig-Holstein ist so etwas wie das Herz des Spitzensports in Hamburg. Es schlägt kräftig, und das seit 25 Jahren. Und hat sich all die Jahre doch ziemlich gut versteckt am Alten Teichweg in Dulsberg.

Der schmucklose und verwinkelte Bau verrät nur sehr wenig über das hochmoderne Innenleben, in dem die Elitesportler aus dem Norden der Republik Trainingsmöglichkeiten vorfinden, wie es sie teilweise auch weltweit nur an ganz wenigen Orten gibt. Man kann auch sagen: Repräsentativ geht anders. Über den Parkplatz findet man mit Glück durch den Zaun und dann auch irgendwann den Eingang zum Olympiastützpunkt. Dort erwartet nicht etwa eine großzügige Empfangshalle den Besucher – ein paar Nummern kleiner geht ja auch. Zweckmäßigkeit ersetzt Charme. Schließlich geht es um die inneren Werte.

Und andererseits ist wohl genau das die quasi in Architektur umgesetzte Aussage: Hier wird nicht geprotzt, sondern gelitten. Oder wie es die Volleyballerin und zweifache Olympiateilnehmerin Sara Goller zum 25-jährigen Bestehen des Stützpunktes treffend formulierte: „Lieber OSP – wir haben viele Jahre zusammen geschwitzt, gelacht und geweint. Für deine Unterstützung danke ich dir.“

Sara Goller, 30, ist ein gutes Beispiel dafür, was ein Olympiastützpunkt im optimalen Fall für einen Athleten bedeutet. Sie hat in Hamburg Literatur- und Medienwissenschaften studiert. Und sie schaffte neben dem Studium den sportlichen Sprung in die absolute Weltspitze. Zusammen mit ihrer Partnerin Laura Ludwig belegte sie bei den Spielen in Peking 2008 Platz neun, vier Jahre später wurde das deutsche Volleyball-Duo in London Olympiafünfte. Nach ihrer Beachvolleyball-Karriere begann sie eine Ausbildung als Volontärin bei dem Fernsehsender Sky.

Eine olympische Medaille hat Sara Goller, die nach ihrer Heirat jetzt Sara Niedrig heißt, knapp verpasst. Der Medaillenspiegel des OSP Hamburg/Schleswig-Holstein kann sich gleichwohl sehen lassen. Insgesamt 26 Goldmedaillen gewannen die norddeutschen Athleten bei den Spielen seit 1992 in Barcelona. Dazu kommen 16 Silber- und 22 Bronzemedaillen.

Eine Bronzemedaille gewann auch Axel Hager, 45, zusammen mit seinem Beachvolleyball-Partner Jörg Ahmann bei den Spielen in Sydney 2000. „Um eine olympische Medaille zu gewinnen, muss vieles zusammenpassen“, sagt Hager. Neben der eigenen professionellen Einstellung gehöre dazu unbedingt die Unterstützung eines Teams. „Als Einzelkämpfer ist es bei der heutigen Leistungsdichte fast unmöglich, ganz nach oben zu kommen.“ Hager hebt besonders die medizinische und physiotherapeutische Betreuung am OSP in Dulsberg heraus. Das Engagement der Stützpunkt-Mitarbeiter gehe weit über das Sportliche hinaus.

„Jeder Spitzensportler in Deutschland“, sagt Hager, „muss sich fragen, wie er die Zeit nach der aktiven Karriere gestalten möchte.“ Der OSP sei für ihn auch bei dieser Fragestellung ein wichtiger Gesprächspartner gewesen. Hager konnte neben dem Sport sein BWL-Studium erfolgreich abschließen. Er hat sich mit der Eventmarketing-Agentur „Sportplatz GmbH“ selbstständig gemacht und arbeitet heute in der Pawlik Unternehmensberatung. „Für mich war der OSP immer ein Ort, an dem der olympische Geist deutlich zu spüren war“, sagt Hager.

Im Sportinternat am Olympiastützpunkt wohnen derzeit 25 Jugendliche

„Unser Verständnis der Ziele des Olympiastützpunktes geht über das Zählen von Medaillen hinaus“, sagt Ingrid Unkelbach, 54. Die einzige Frau, die einen der 19 Olympiastützpunkte im Land leitet und einen 1,8-Millionen-Etat verwaltet, begann hier 1988 als Laufbahn-Beraterin. Der Name ist gut gewählt. Denn es geht in Dulsberg nicht nur darum, die Sportler fit zu machen für den Wettkampf im Stadion. Es geht auch um die spätere Laufbahn. „Wir bereiten die Talente auf ihr berufliches Leben vor.“ Der OSP kooperiert mit der Eliteschule des Sports an der Stadtteilschule Alter Teichweg. In ein oder zwei Sportklassen pro Jahrgang werden ausschließlich die gesichteten Talente unterrichtet. Ein Sportklassen-Koordinator sorgt für die optimale Organisation von sportlichen Freistellungen für Training und Wettkampf und die Bewältigung der schulischen Anforderungen.

Und es gibt das Sportinternat am OSP, in dem derzeit 25 Jugendliche wohnen. Sie sind 14 bis 18 Jahre alt und außergewöhnlich talentiert in den Sportarten Schwimmen, Beachvolleyball, Badminton und Hockey.

Als Ingrid Unkelbach, die im November 2000 die OSP-Leitung von Jürgen Greve übernommen hat, in Dulsberg anfing, „waren wir zu dritt“. Heute betreuen 30 Mitarbeiter – Trainer, Leistungsdiagnostiker, Physiotherapeuten, Laufbahn-Berater – rund 250 Athleten. Diese finden optimale Bedingungen vor. Auf dem Volleyball-Feld fangen zehn Kameras jede Bewegung der Sportler ein. Die Gegenstromanlage im Schwimmbad mit fünf Kameras ist eine der modernsten weltweit.

Und auf einem Kraftdiagnose-Gerät können muskuläre Dysbalancen festgestellt werden. Die 200.000 Euro teure Maschine hilft den Sportlern auch, nach schweren Verletzungen wieder auf die Beine zu kommen. „Der OSP war mein Retter“, sagt Moritz Fürste. „Nach meinem Kreuzbandriss hätte ich es ohne die Top-Unterstützung nie geschafft, bis zu den Olympischen Spielen zurückzukommen.“ In London 2012 gewann Moritz Fürste mit der Hockeynationalmannschaft die Goldmedaille.