Geschäftsleute begrüßen Bewerbung und hoffen auf Chance, Hamburg weltweit bekannt zu machen. Ob Umsatz während der Spiele steigt, ist strittig
Altstadt. Sabine Falkenhagen ist eine Kämpfernatur. Bei allen Olympischen Spielen fiebert die Hamburger Hutmacherin mit den Athleten mit, verbringt Stunden vor dem Fernseher. „Vor allem die Leichtathletik-Wettbewerbe schaue ich mir zu gerne an“, sagt die schlanke 50-Jährige, die in ihrem Geschäft unweit des Rathauses mehr als 10.000 Hüte – vom klassischen Borsalino über den modischen Brixton bis hin zum Panamahut – verkauft.
In der Innenstadt gehört die Geschäftsfrau zu den größten Befürworterinnen von Hamburgs Olympia-Bewerbung. „Das würde nicht zuletzt für den Einzelhandel einen großen Schub bringen“, ist die Inhaberin von Hut Falkenhagen überzeugt. „Auch bei uns an der Schauenburger Straße würden sicher viele zusätzliche Touristen vorbeischauen und sich nach einer neuen Kopfbedeckung umsehen.“
So wie Sabine Falkenhagen hoffen viele Hamburger Einzelhändler darauf, dass die Hansestadt den Zuschlag für die Ausrichtung der Olympischen Spiele bekommt. „Ein solches Großereignis würde natürlich sehr viele Besucher an die Elbe locken und dadurch auch zu einer enormen Frequenzsteigerung in zahlreichen Geschäften führen“, sagt Wolfgang Linnekogel, Geschäftsführer des Einzelhandelsverbands Nord in Hamburg. „Während der Spiele dürften vor allem Modeketten, Schuhhändler und auch die Supermärkte von dem Besucheransturm profitieren.“
So verwundert es nicht, dass auch der Vorstand des Hamburger Modekonzerns Tom Tailor möglichen Olympischen Sommerspielen an der Elbe ausgesprochen positiv gegenübersteht. „Olympia ist stets ein besonderes Ereignis und bringt Menschen aus aller Welt zusammen“, sagt Unternehmenssprecherin Erika Kirsten. „Dadurch könnten wir unsere Markenwelten einem Weltpublikum präsentieren.“ Die Tatsache, dass die eigenen Marken vom internationalen Zeitgeist inspiriert seien und sich Tom-Tailor-Filialen an zentralen Standorten befänden, spreche für einen positiven Effekt.
Die Drogeriekette Budnikowsky wird sich von Februar an auf Handzetteln in den Filialen zu der Olympia-Bewerbung bekennen. „Für die Metropolregion sind die Olympischen Spiele eine große Chance, die internationale Wahrnehmung ökonomisch, ökologisch, kulturell und sozial zu verbessern, und es wäre für die Region und die Menschen ein großes Zeichen für einen Aufbruch in eine neue Zukunft“, sagt Geschäftsführer Cord Wöhlke. Etwaige Frequenzsteigerungen in den eigenen Filialen nimmt der Hamburger Marktführer da gerne mit.
Ganz ähnlich sieht dies Hamburgs Citymanagerin Brigitte Engler, die vor allem von einem langfristig positiven Effekt für den Einzelhandel ausgeht. „Allein schon durch die Bewerbung wird der internationale Bekanntheitsgrad Hamburgs gesteigert, was wiederum zu mehr Touristen führt“. Bekäme die Stadt tatsächlich den Zuschlag, dann werde die mediale Berichterstattung sicher zu einem massiven Werbeeffekt führen.
Schon jetzt trommelt das Citymanagement daher zusammen mit vielen Unternehmen für Olympia. Beim verkaufsoffenen Sonntag Anfang Januar bildeten Alsterschiffe das olympische Logo nach. Und in der Europa Passage konnten Besucher kleine Figuren in ein Miniaturstadion einsetzen und so ihre Zustimmung zu der Olympia-Bewerbung Hamburgs bekunden. Mit 75.000Mini-Zuschauern ist das Stadion mittlerweile voll besetzt.
Während der Spiele selbst rechnet Citymanagerin Engler allerdings nicht mit einem starken Umsatzschub. „Erfahrungen aus anderen Metropolen wie London haben gezeigt, dass Shopping während eines sportlichen Großereignisses nicht im Fokus steht“, sagt sie.
Tatsächlich waren die Olympia-Effekte in der britischen Hauptstadt zwar spürbar, aber eher langfristig. Rund 300Millionen Euro an zusätzlichen Erlösen verbuchten die 600 Einzelhändler im Londoner Westend im Jahr nach den Spielen – ein Plus von 4,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Dies geht zumindest aus einer Umfrage der New West End Company (NWEC) hervor, die das Marketing für die Händler rund um die großen Einkaufsstraßen Oxford Street, Regent Street und Bond Street betreibt.
Manche Hamburger Einzelhändler warnen vor allzu großen, wirtschaftlichen Erwartungen. „Ein positiver Effekt würde sich vermutlich auf die Innenstadt beschränken“, sagt Andreas Bartmann, Vizepräses der Handelskammer und im Hauptberuf Geschäftsführer des Outdoorhändlers Globetrotter. „Ich kann mir schwer vorstellen, dass sich Olympia-Besucher in unserem Geschäft in Barmbek mit Kleidung eindecken, auch wenn wir sie natürlich gern willkommen heißen würden.“
Selbst Hamburgs erster Olympia-Botschafter, ECE-Chef Alexander Otto, erwartet für den Einzelhandel keine unmittelbar positiven Effekte. Er engagiere sich vor allem für Olympia, weil er die Ausrichtung der Spiele für eine riesige Chance für die städtebauliche Entwicklung in Hamburg halte, sagte Otto, der im Hauptberuf 196 Einkaufszentren in ganz Europa betreibt, darunter auch sieben in Hamburg. „Die neuen Quartiere, der Sprung über die Elbe, das alles könnte langfristig auch für den Einzelhandel positiv sein“, sagte Otto weiter. „Während der Spiele selbst würden vielleicht mehr Besucher von außerhalb in unsere Einkaufszentren kommen, zugleich dürften aber auch viele Einheimische die Stadt in der Zeit meiden. Ob das am Ende mehr Umsatz bringt, wage ich zu bezweifeln.“