Hamburger Olympiastarter erinnern sich Vielseitigkeitsreiter Claus Erhorn gewann 1984 und 1988 Medaillen mit dem Team
Die Medaillen, die ich bei meinen beiden Teilnahmen an Olympischen Spielen gewonnen habe, verwahre ich im Wohnzimmer meines Hauses in Luhmühlen hinter Glas. Und wissen Sie, warum? Weil ich mich auf diese Art jeden Tag wieder mit Freude an die größten Erlebnisse meiner Karriere als Vielseitigkeitsreiter erinnere.
Ich hatte das Glück, zwei sehr unterschiedliche Wettkampforte erleben zu dürfen. 1984 in Los Angeles war ich tief beeindruckt vom Gigantismus, den die Amerikaner dort geboten haben. Es gab im olympischen Dorf für jeden Schwerpunkt einen eigenen Speisesaal. Wer Hunger auf Nudeln hatte, bekam die in der Nudel-Mensa. Wer frisches Obst wollte, ging in die Obst-Mensa. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten – als dieses hat sich mir die USA, die ich damals als 25-Jähriger erstmals besuchte, tatsächlich dargestellt.
Mir war es sehr wichtig, im olympischen Dorf zu wohnen, denn ich wollte unbedingt die Nähe zu den Athleten spüren, die ich nur aus dem Fernsehen kannte. Es war die Zeit einer Florence Griffith-Joyner, der US-Sprinterin, die ich sehr schätzte. Und zu sehen, wie sich die vielen schwarzen Athleten in der dorfeigenen Disco beim Tanzen bewegten, fand ich sehr beeindruckend.
Wir hatten das Glück, nach unserem Wettkampf noch bis zum Ende der Spiele vor Ort sein zu können, dadurch konnte ich eine Menge anderer Events verfolgen. Die Auswirkungen des Boykotts durch die Ostblockstaaten haben mich nicht berührt, wir waren eine sehr junge Mannschaft und haben uns auf unseren Wettkampf konzentriert. Mit der Bronzemedaille, die Bettina Overesch, Dietmar Hogrefe, Burkhard Tesdorpf und ich im Teamwettbewerb gewannen, konnte ich mich sehr gut über den 16. Platz im Einzel hinwegtrösten.
Nicht nur sportlich waren die Spiele vier Jahre später in Seoul ein enormer Kontrast zu Los Angeles. Ich war im Einzel als aussichtsreicher Medaillenkandidat angereist, doch um den Erfolg im Team nicht zu gefährden, habe ich im abschließenden Springen einen Sicherheitsritt absolviert und dadurch Rang vier belegt. Aber es hat sich gelohnt, denn mit der Mannschaft, mit Matthias Baumann, Ralf Ehrenbrink und Thies Kaspareit, holten wir Gold. Das war unbeschreiblich schön, mit lauten „We Are The Champions“-Gesängen zogen wir danach durchs Athletendorf. Abgesehen vom sportlichen Erfolg waren die Spiele in Südkorea für mich nicht der Hit. Das hatte mit der Mentalität der Koreaner zu tun. Die Amerikaner sind Pferdemenschen, dort waren die Wettbewerbe alle ausverkauft, und es herrschte eine prächtige Stimmung. In Seoul musste man ganze Schulklassen in die Stadien karren, damit die Tribünen einigermaßen gut besetzt waren. Außerdem muss ich gestehen, dass ich mit dem drückend warmen, sehr schwülen Klima nicht gut zurechtkam.
Ich bin froh, diese Erfahrung gemacht zu haben, schon wegen der Goldmedaille werde ich Seoul niemals vergessen. Aber ich würde nicht unbedingt wieder nach Korea fliegen wollen, in die USA dagegen jederzeit. Und natürlich würde ich mich riesig freuen, wenn Hamburg und die Hamburger die Chance bekämen, Ausrichter für Olympische Spiele zu sein. Diese Atmosphäre, die dann in der Stadt herrscht, ist mit nichts zu vergleichen, was ich sonst im Sport erlebt habe. Das Schöne ist: Ich muss nur meine Medaillen anschauen, um dieses Gefühl wieder zu spüren.