Wegen der enormen Nachfrage in Frankreich sind in Deutschland nur 5000 statt 10.000 Exemplare erhältlich. Wer es nicht schafft, eine Ausgabe zu ergattern, kann nur auf Nachlieferungen hoffen.
Hamburg. Die französische Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ wird am Sonnabend (17. Januar) in Deutschland in geringerer Auflage erscheinen als zunächst gedacht. Im ersten Schritt würden weniger als 5.000 Exemplare ausgeliefert, teilte der Medienkonzern Gruner + Jahr am Donnerstagabend in Hamburg mit.
Grund hierfür sei die ernorme Nachfrage im Heimatmarkt Frankreich. Die neue Ausgabe der Zeitschrift wird in fünf Sprachen übersetzt und kommt insgesamt in einer Ausgabe von fünf Millionen Exemplaren heraus. In Deutschland erscheint die französische Version zu einem Preis von vier Euro.
Ursprünglich waren 10.000 geplant
Ursprünglich war für Deutschland eine Stückzahl von etwa 10.000 geplant. Die jetzt bestätigte Auflage von 5.000 Stück sei nur ein Bruchteil der Menge, die der Presseimporteur Saarbach beim französischen Verlag von „Charlie Hebdo“ bestellt habe, hieß es. Daher werde das Heft an vielen Presseverkaufsstellen nicht erhältlich sein. Das Unternehmen Saarbach, das zu Gruner + Jahr gehört, habe keinen Einfluss auf Zeitpunkt und Lieferumfang, sondern müsse „mit den Mengen operieren, die der Verlag in Frankreich für den deutschen Markt disponiert“.
Nachlieferungen für deutschen Markt möglich
Es sehe derzeit so aus, als seien Nachdrucke in Frankreich geplant und dementsprechend Nachlieferungen für den deutschen Markt möglich, teilte Gruner + Jahr mit. Wann und in welchem Umfang dies der Fall sein werde, lasse sich nicht sagen. „Aber wir werden selbstverständlich alles dafür tun, die Nachfrage nach Charlie Hebdo auf dem deutschen Markt bestmöglich zu bedienen.“ Die neue Ausgabe von „Charlie Hebdo“ sei „eine historische“.
In der vergangenen Woche hatten zwei Männer die Redaktion des Satiremagazins überfallen und zwölf Menschen getötet. Darunter waren vier Zeichner des Magazins, das wiederholt durch Mohammed-Karikaturen für Aufsehen sorgte. Zu dem Anschlag hat sich die Terrororganisation Al-Kaida auf der arabischen Halbinsel (AQAP) bekannt.
„Ich bin Charlie“: Logo-Designer will finanzielle Ausbeutung verhindern
Es waren drei kleine Worte, die nach den Anschlägen in Frankreich um die Welt gingen: „Je suis Charlie“ (Ich bin Charlie). Nun will der Grafikdesigner Joachim Roncin, der das Logo auf dem Kurzbotschaftendienst Twitter prägte, seinen kleinen Satz rechtlich schützen lassen, wie er der Nachrichtenagentur AFP in Paris sagte. Dadurch will er einen kommerzielle Missbrauch des Slogans verhindern, der zum Symbol der Unterstützung für die Satirezeitung „Charlie Hebdo“ wurde, die islamistische Attentäter angegriffen und dabei zwölf Menschen erschossen hatten.
Geschäftemacher weltweit versuchen, den Slogan für die Meinungs- und Pressefreiheit für ihre Zwecke zu nutzen – die weißen und grauen Buchstaben auf schwarzem Grund werden auf alles gedruckt, von T-Shirts, Kaffeetassen und Aufklebern bis Anhängern.
Der 39-jährige Roncin ist entsetzt, was mit seinem Satz passiert und wieviele Leute „daraus Geld schlagen wollen“. Vor allem werde dadurch der Sinn das Slogans völlig entwertet. „Derzeit arbeite ich mit Juristen daran, um möglichst sicherzustellen, dass Objekte mit dem Slogan nur dem Zweck der Förderung der Meinungsfreiheit dienen.“
Nach Angaben seiner Anwältin Myriam Sebban will Roncin möglichst auf sein Urheberrecht pochen. Das französische Patentamt hatte am Mittwoch mitgeteilt, dass es die zahlreichen Anträge, den Slogan #JeSuisCharlie als Marke einzutragen, nicht annehme.
#JeSuisCharlie ist einer der populärsten Hashtags aller Zeiten
Roncin, der vor den Anschlägen 400 Follower auf Twitter hatte, schuf einen der populärsten Hashtags aller Zeiten. Zusammen mit seinen Kollegen vom Mode-Gratis-Magazin „Stylist“ saß er in einer Redaktionskonferenz, als am Mittwoch vergangener Woche zwei Islamisten in die Redaktionskonferenz von „Charlie Hebdo“ stürmten und mit Kalaschnikows unter „Allah Akbar“-Rufen um sich schossen. Ein Kollege von Roncin sah die Meldung von dem Anschlag auf Twitter, und der Grafikdesigner entwarf „geschockt“ das Logo.
Roncin weiß nicht mehr genau, wie er auf die Idee zu dem Logo kam, er meint aber, es sei eine Mischung aus Geschichte und Pop-Kultur. Von dem berühmten Kennedy-Satz „Ich bin ein Berliner“ im Jahr 1963 bis zu „Wir sind alle Amerikaner“ nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in den USA ließ er sich inspirieren. Auch der Satz „I am Michael Brown“ in der Stadt Ferguson in den USA, wo ein unbewaffneter junger Schwarzer von der Polizei erschossen wurde, spielte eine Rolle.
Danach ging der Slogan um die Welt. „Es geschah alles sehr schnell. Es ist alles sehr verworren, es war eine Kette von Ereignissen, es war weltweit“, sagt Roncin und wirkt überrollt von den Geschehnissen. „Ich habe nur ein Bild entworfen, einen Slogan. Die sozialen Netzwerke haben diese Bewegung zu etwas gemacht, das krankhafte Ausmaße angenommen hat.“ Er gibt aber zu, dass er einen „Wow“-Moment erlebt habe, als bei dem großen Gedenkmarsch in Paris von rund 1,5 Millionen Menschen für die Anschlagsopfer überall der Slogan zu sehen gewesen sei.
Auf der anderen Seite gibt es die, die seinen Slogan abändern, verhunzen oder gar missbrauchen. So tauchte ein Hashtag #JeSuisNico im Internet auf, wo Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy durch den Kakao gezogen wurde, weil er beim Gedenkmarsch plötzlich in der ersten Reihe aufgetaucht war. Oder eine Fotomontage des französischen Schauspielers Gérard Depardieu, der für seinen ausschweifenden Wein-Konsum bekannt ist, und der mit einem Schild #JeSuisChablis gezeigt wurde.
Aber auch Twitter-Botschaften mit #JeSuisPasCharlie (Ich bin nicht Charlie) oder gar #JeSuisKouachi als Unterstützung für zwei der Attentäter gab es. Roncin ist entsetzt: „Ich glaube, diese Leute verstehen die ursprüngliche Botschaft nicht. Eine säkulare Botschaft der Hoffnung und voilà, eine Botschaft für Frieden.“