Der 100-Meter-Sprint fasziniert die Fußballstars am meisten. Warum Maximilian Beister, Lewis Holtby und Rafael van der Vaart sonst noch für die Sommerspiele in der Stadt plädieren. USA nominiert Boston als Wettbewerber.
Hamburg. Ein Hauch von Olympia hat es ja, was der Hamburger SV dort im Volkspark für seine Fußballprofis provisorisch hat aufbauen lassen. „Das ist bei uns in diesen Tagen ein bisschen wie das enge Zusammenleben im olympischen Dorf“, sagt Mittelfeldspieler Lewis Holtby über den neuen Trainingskomplex. Der ständige Kontakt zu den Kollegen in der Saisonvorbereitung sei ihm aber auch wichtig, „um jeden besser kennenlernen zu können, um ein noch stärkeres Gemeinschaftsgefühl zu entwickeln. Für das Teambuilding ist das eine ideale Maßnahme.“
Den Zauber Olympischer Spiele haben Holtby und Mannschaftskapitän Rafael van der Vaart auf ihrer vorherigen Station in London erleben dürfen, van der Vaart die Wettkämpfe im Juli und August 2012 noch vor Ort, bevor er zum HSV zurückkehrte. UndHoltby, der Anfang 2013 nach London zu Tottenham wechselte, erlebte die Auswirkungen des Ereignisses auf die Stadt.
„Während der Spiele herrschte in London eine fantastische, einzigartige Atmosphäre. Die Leute waren gut drauf, locker, fröhlich, redselig. Man sah ihnen den Spaß an. Vorher und nachher habe ich die Londoner nie wieder so entspannt erlebt“, erzählt van der Vaart. Mit einem niederländischen Fernsehteam besuchte er die Schwimmwettkämpfe, für Hockey interessierte er sich und für Beachvolleyball. „Bei denen war vor dem Buckingham Palace die beste Stimmung. Einfach grandios!“
Und was hält er von Spielen in Hamburg? „Olympia in Hamburg wäre ein Traum. Die Spiele passen perfekt in diese Stadt. Sie hat genau die richtige Größe“, sagt van der Vaart. Als er 2005 das erste Mal zum HSV kam, hatte er schon einiges über Hamburg gehört, „aber ich wusste nicht, wie schön die Stadt ist. Ich war von Anfang an begeistert. Die Leute sind sehr nett, aber auch zurückhaltend, das ist angenehm. Und Hamburg bietet alles, was man braucht, Unterhaltung und Entspannung. In 20 Minuten kann man fast überall sein.“
Lewis Holtby hat in London rund einen Kilometer vom Olympiazentrum gewohnt. „Ich bin auf dem Weg zum Training regelmäßig an dem Gelände vorbeigefahren. Die Sportstätten waren auch nach den Spielen ständig belegt, vor allem von Schulen. Und sie waren ein Anziehungspunkt für Touristen.“ Er habe niemanden getroffen, der den Nutzen der Spiele hinterher in Abrede gestellt hat. „Eigentlich hätte London Olympia aber nicht gebraucht. Dort ist die ganze Welt ohnehin jeden Tag zu Gast.“ Im Vergleich zu London sei Hamburg ein Dorf, sagt Holtby, „jedoch ein sehr schönes. Hafen, Alster, viel Wasser und Grün, die unterschiedlichen Stadtteilkulturen, die vielen kleinen Quartiere – das ist perfekt.“ Hamburg habe ein tolles Flair, „die Stadt ist mit ihrer Weltoffenheit geradezu prädestiniert für Olympia“. Mehr als Berlin? „Die hatten die Spiele doch schon“, sagt Holtby.
Auch Maximilian Beister muss keiner von Olympia in Hamburg überzeugen. Als 14-Jähriger wechselte er vom VfL Lüneburg zum HSV. Zweifel, dass die Stadt im internationalen Wettbewerb mit Metropolen wie Paris oder Rom mithalten kann, plagen ihn nicht. „Erstens kennt man Hamburg, und zweitens kommt es vor allem auf ein gutes Bewerbungskonzept an. Hamburg hat ein hervorragendes.“
Alle drei sind davon überzeugt, dass Olympische Spiele für Hamburg eine einmalige Chance wären, sich weltweit zu präsentieren, die Stadt noch bekannter und attraktiver zu machen. Schon jetzt empfinde er die Hamburger als äußerst sportbegeistert, sagt Holtby, und van der Vaart und Beister ergänzen, „das hiesige Sportangebot in der Spitze und in der Breite ist bereits heute überragend“. Olympia wäre die Krönung.
Dass es viele Hamburger anders sehen, zuletzt waren rund 40 Prozent gegen Sommerspiele in der Stadt, überrascht die Fußballprofis. Sicherlich habe es in der Vergangenheit Exzesse gegeben, etwa die Winterspiele 2014 im russischen Sotschi, doch Hamburgs Pläne seien frei von Gigantismus. „Und wo, wenn nicht bei Olympia, hat man diese einzigartige Möglichkeit, sich mit Menschen aus derart vielen Ländern auszutauschen und von deren Lebenserfahrungen zu hören“, sagt Holtby. Er erinnere sich gern an die U20-WM 2009 in Ägypten. „Dort wohnten wir in Kairo mit der Mannschaft Kameruns im selben Hotel. Ich habe oft mit den Spielern geredet. Das war spannend, hochinteressant und hat meinen Horizont erweitert.“ Sollte es 2024 Olympische Spiele in Hamburg geben, van der Vaart, Holtby und Beister wären dabei – zumindest als Zuschauer. Jeder hat dabei seine bevorzugten Sportarten, in einem ist sich das Trio aber einig: „Den 100-Meter-Lauf wollen wir sehen.“
Um die Stadt bei ihrer der Bewerbung zu unterstützen, hat der HSV seinen Rückrundenstart am 31. Januar in der Imtech-Arena gegen den 1. FC Köln unter das Motto „Feuer und Flamme für Spiele in Hamburg gestellt“. Alle drei begrüßen das. Und sie sind sich einig, dass sie mit einem guten Spiel und einem Sieg die Begeisterung für Olympia schüren könnten. „Also wissen wir, was zu tun ist“, sagt Holtby.
USA schickt Boston ins Rennen
Mit einem absoluten Neuling wollen die USA Gastgeber der Olympischen Sommerspiele 2024 werden. Das nationale Olympische Komitee (USOC) entschied sich am Donnerstag (Ortszeit) bei einer Sitzung in Denver für Boston als Bewerber. Die Hauptstadt des Bundesstaates Massachusetts setzte sich gegen Washington, San Francisco und den zweimaligen Olympia-Gastgeber Los Angeles (1932 und 1984) durch. Zuletzt hatten die USA 1996 in Atlanta das Großereignis ausgerichtet.
„Wir freuen uns darauf, eine Bewerbung für die Sommerspiele 2024 einzureichen und glauben, dass wir mit Boston einen unglaublich starken Partner haben“, sagte USOC-Präsident Larry Probst. Bostons Bürgermeister Marty Walsh meinte: „Es ist eine außergewöhnliche Ehre, als US-Repräsentant für die Sommerspiele 2024 ausgewählt worden zu sein. Boston hofft, die großartigsten Athleten der Welt in einer der großartigsten Städte der Welt begrüßen zu können.“ Er hatte zusammen mit seinen Kollegen im Rathaus der Ostküsten-Metropole gewartet, ehe USOC um kurz nach 18 Uhr (Ortszeit) seine Entscheidung bekanntgab.
Bis zum 15. September müssen alle Interessenten ihre Bewerbungen beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) einreichen. Konkurrenz bekommen die USA insbesondere aus Europa. Der Deutsche Olympische Sport-Bund (DOSB) wird am 21. März zwischen Hamburg und Berlin entscheiden. Italien bewirbt sich mit Rom. Außerdem könnten Paris sowie Städte aus Südafrika und Australien dazustoßen. Das IOC entscheidet im September 2017 über den Gastgeber der Sommerspiele 2024.