Bilanz: 1018 Feuerwehreinsätze. Eine Yacht brannte völlig aus – und Hunderte Verletzte mussten ins Krankenhaus
Hamburg. Während Hunderttausende Hamburger fröhlich auf das neue Jahr anstießen, verlief der Jahreswechsel für Bewohner eines Wohnhauses an der Georg-Wilhelm-Straße (Wilhelmsburg) katastrophal: Der Dachstuhl des viergeschossigen Altbaus hatte Feuer gefangen. Um vier Minuten nach Mitternacht lief bei der Feuerwehr der Alarm auf – Prosit Neujahr geht anders.
Als die Feuerwehr eintraf, brannte der Dachstuhl bereits lichterloh. Die Mieter mussten umgehend ihre Wohnungen verlassen. Das Feuer war so gewaltig, dass innerhalb kürzester Zeit „vierter Alarm“ ausgelöst wurde, 66 Feuerwehrleute kämpften gegen die Flammen. Kurios: Ein zum Einsatz gerufenes Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Wilhelmsburg ist zugleich Mieter in dem Haus. Trotz großer Betroffenheit sei der Mann vor Ort geblieben, sagte ein Feuerwehrsprecher. Um 4.30Uhr war der Großbrand gelöscht. Offenbar hatten, wie so oft, Feuerwerkskörper den Brand verursacht: Ein Zeuge erzählte der Polizei, er habe gesehen, wie zwei Männer Silvester-Raketen auf das Gebäude geschossen hätten. Eine Rakete sei explodiert und habe den Dachstuhl in Brand gesetzt.
In der, gemessen an den Einsatzzahlen, „härtesten Nacht des Jahres“ war es der Großbrand in Wilhelmsburg, der die Feuerwehr am stärksten gefordert hatte. Insbesondere die erste Nachthälfte habe sich aber „eher ruhig“ dargestellt, sagte Feuerwehrsprecher Thorsten Grams. Im Vergleich zum Vorjahr sank die Zahl der Einsätze sogar leicht – von 1099 auf 1018. Durchschnittlich 85-mal pro Stunde rückten die Retter demnach aus. Nur 219-mal gab es diesmal Feuer-Alarm – der niedrigste Wert seit mindestens sechs Jahren. Bei den meisten Bränden handelte es sich um „Feuer klein“, also um brennende Mülleimer oder Papiercontainer, die schnell gelöscht werden konnten.
Ein paarmal musste die Feuerwehr jedoch deutlich mehr Leute und Gerät mobilisieren. So brannte gegen 2Uhr aus unbekannten Gründen eine acht Meter lange Motoryacht im Hafen an der Dove Elbe (Moorfleeter Deich). 32 Feuerwehrleute konnten ein Übergreifen der Flammen auf zwei benachbarte Boote verhindern. Gegen 3.30Uhr standen auf einem Balkon in der Fibigerstraße Möbelstücke in Flammen – auch sie waren durch Feuerwerkskörper entzündet worden. Bei einem Kellerbrand an der Fuhlsbüttler Straße erlitten zwei Menschen Rauchgasvergiftungen. Obgleich die Feuerwehr Jahr für Jahr vor den Gefahren eines leichtsinnigen Umgangs mit Feuerwerkskörpern warnt, kam es auch in der Neujahrsnacht zu „vielen, teils schwersten Verletzungen“, sagte Grams.
Der gravierendste Vorfall ereignete sich um 23.20Uhr an der Jungliebstraße (Schnelsen). Dort hantierte ein 41-Jähriger mit „Polenböllern“ herum. Als einer der illegalen Knallkörper detonierte, erlitt der Mann schwerste Augen- und Gesichtsverletzungen, er kam ins UKE. In Wandsbek hatte ein 21-Jähriger die Schwere einer Böllerverletzung nicht erkannt und suchte zunächst Hilfe bei einer Notdienstapotheke. Ein Mitarbeiter alarmierte nach erster Sichtung den Rettungsdienst, der den jungen Mann ins Krankenhaus brachte. Wie sich herausstellte, hatte er Splitter im Auge. Wenig später erwischte es auch einen 40-Jährigen, in dessen Hand ein Böller explodierte. Auch er erlitt schwerste Verletzungen, die im Krankenhaus behandelt werden mussten.
Geschätzt 25 Tonnen Müll liegen am Neujahrsmorgen auf den Straßen
In den Notaufnahmen der Asklepios Kliniken wurden 450 Patienten registriert, das seien etwa zehn Prozent mehr als im Vorjahr, sagte Sprecher Mathias Eberenz. Verbrennungen an den Händen sowie Platzwunden, Prellungen, Brüche und Schnittverletzungen durch Stürze oder körperliche Auseinandersetzungen seien die häufigsten Verletzungen gewesen. Vergleichsweise ruhig verlief die Nacht für die Polizei. Rund 1200 Einsätze hatten die Beamten zu bewältigen, das entspreche dem üblichen Aufkommen zu Neujahr, sagte Polizeisprecherin Ulrike Sweden. In Bahrenfeld waren sechs Männer festgenommen worden, die zum Jahreswechsel Schusswaffen abgefeuert hatten. Bereits in den vergangenen zwei Jahren waren zu Neujahr aus dem Haus an der Schützenstraße Schüsse abgegeben worden, diesmal überwachte die Polizei das Haus. Die Beamten überwältigen die Männer, beschlagnahmten eine Pistole und mehr als 80 Schuss Munition.
Einen faden Beigeschmack bekam die Silvestersause indes durch Vandalismus. „Leider wurden durch Feuerwerkskörper und Brandstiftung zahlreiche Mülltonnen, Papiercontainer und Papierkörbe beschädigt oder zerstört“, sagte Reinhard Fiedler, Sprecher der Stadtreinigung. Nach dem Jahreswechsel waren 50 seiner Kollegen und 15 Fahrzeuge im Einsatz. Am Neujahrstag sollen rund 25 Tonnen Böllermüll, Flaschen und Raketenreste zusammengekommen sein. Fiedler: „Wir appellieren an die Hamburger, den Silvestermüll von Gehwegen und Fahrbahnen vor der eigenen Haustür zu entfernen.“