Die Mitglieder des Chaos Computer Clubs wurden lange als schräge Verschwörungstheoretiker belächelt. Doch ihr Jahrestreffen ist größer als je zuvor. Die Hacker stärken so auch ihre politische Stellung.

Hamburg. Ruhig ist es dieser Tage im Congress Centrum Hamburg nur zur Schlafenszeit. Hacker-typisch ist das der Vormittag. Ansonsten wimmeln die Gänge von Menschen, die zu Vorträgen laufen, auf Sofas lümmeln oder sich auf dem Boden sitzend über ihre Laptops beugen.

Das Jahrestreffen des Chaos Computer Clubs (CCC) geht am Dienstag nach vier Tagen zu Ende. Schon jetzt ist offensichtlich, dass der Club einen neuen Besucherrekord vermelden dürfte. Schon 2013 kamen mehr als 9000 Teilnehmer, dieses Jahr sind die Gänge und Hallen noch voller. Den großen Saal des Congress Centrums mit 3000 Plätzen füllen die Vorträge problemlos. Daneben wird in Hunderten Workshops gewerkelt und gelernt. „Viele finden gut, was wir machen“, sagt Falk Garbsch, ein Sprecher des CCC.

Dass es so viele Menschen zu dem Kongress zieht, verleiht auch den politischen Forderungen des CCC mehr Schlagkraft. Der Verein wettert regelmäßig gegen ausufernde Datensammlung durch Staat und Unternehmen. Schon jetzt bescherten die Snowden-Enthüllungen dem Hackerverein fast 1000 neue Mitglieder. Besonders viele Neu-Anmeldungen gab es nach einer Anzeige des CCC gegen die Bundesregierung.

Die Regierung zu kritisieren, hat hier praktisch Tradition. In der Politik herrsche Angst vor der digitalen Welt, geißelte etwa der Sprachforscher Martin Haase die „Digitale Agenda“ der Regierung. „Unsere Interessen sind nicht vertreten“, so sein Fazit.

Offene Software für Verschlüsselung nutzen

So ist es verlockend für viele der kenntnisreichen Computernutzer, sich ihre Lösungen selbst zu bauen. Verschlüsselung nutzen hier viele, die Autoren mehrere solcher Programme wurden bejubelt. Ihre Maßnahmen zum Schutz von E-Mails und Chats könne selbst der US-Geheimdienst NSA nicht knacken, sagte der Verschlüsselungsexperte Jacob Appelbaum. „Widerstand ist möglich“, rief er. „Wir haben die Verpflichtung, etwas gegen diese Dinge zu unternehmen.“ Appelbaum warb nachdrücklich darum, offene Software zu unterstützen.

Gleichzeitig ist solche Software vielen Normalnutzern immer noch ein Buch mit sieben Siegeln. „Wir Hacker sollten aufhören, uns so schlau zu fühlen“, warnte Dirk Engling vom CCC. Neben den bekannten Verschlüsselungsprogrammen gibt es immer mehr Apps, die einfacher zu nutzen sind. Auf dem Congress wurde etwa eine App vorgestellt, die Ausspähversuche von Smartphones aufdecken soll. Die App namens SnoopSnitch warnt dann die Handy-Besitzer. Auch in der WhatsApp-Version für Android steckt mittlerweile starke Verschlüsselung. Solche Programme machen den digitalen Selbstschutz auch für weniger bewanderte Nutzer möglich.

Für viele Teilnehmer steht währenddessen weniger die Politik im Vordergrund als die Kreativität der anderen Besucher. „Ich laufe gerne rum, um mir neue Ideen zu holen“ sagt der 26-jährige Student Bernd aus Karlsruhe. Auch Kunstprojekte wie die Rohrpost durch eine große Halle machen die Stimmung aus. Die Hacker-Szene, so zeigt sich, ist nicht nur größer, sondern auch vielfältiger geworden.