Christoph Rüffer, Küchenchef des Haerlin, bewertet für das Abendblatt die Bratwürste, Rösti und andere Leckereien auf dem Weihnachtsmarkt auf dem Rathausmarkt. Das Urteil des Sternekochs fällt durchwachsen aus.

Altstadt Kaum ist die Sonne hinter dem Horizont versunken, erstrahlen Hamburgs Weihnachtsmärkte in hellem Glanz. Menschentrauben belagern die tannengeschmückten Stände, es duftet nach gebrannten Mandeln und Bratwurst. Mittendrin steht ein Mann mit weißer Kochweste. Es ist Christoph Rüffer, 41. Deutschlands bester Koch. Er beißt herzhaft in die „Original Thüringer Bratwurst“. Das Stück mit Brötchen und Senf satt für drei Euro. „Handgemacht“, lobt Rüffer das etwas krumme Ding. Wobei diese Form die originale Herkunft unterstreichen soll. Am Ende gibt der Sternekoch vom Restaurant Haerlin im Vier Jahreszeiten der Wurst die Schulnote 3 plus.

Lecker essen auf dem Weihnachtsmarkt? Das Abendblatt hat den Spitzenkoch gebeten, die Qualität ausgewählter Speisen auf dem Rathaus-Weihnachtsmarkt zu testen. Erst vor wenigen Wochen wurde Christoph Rüffer in den Olymp der Gourmetköche gehoben. Die strengen Kritiker des einflussreichen Restaurantführers Gault-Millau ernannten ihn zu Deutschlands „Koch des Jahres“ und lobten sein größtes Talent – „die Aromenverbindung“.

Christoph Rüffer schlendert entspannt über den Rathausmarkt. Die Wege heißen dort jetzt Nasch- und Kaufmannsgasse. Es gibt Pfaffengebäck und Maronen, eine bunte Weihnachtswunderwelt lädt zum Schmaus. Eben noch in der feinen Küche des Restaurants Haerlin mit Trüffel, Seezunge und Hummer zu Gange, genießt der Vater von zwei Töchtern nun die Thüringer Bratwurst. Langsam kaut er Bissen für Bissen. Und wartet, bis der Gaumen sein Urteil fällt. „Die Idee ist gut. Aber es fehlen Majoran und Senfkörner in der Wurst.“ Auch Kümmel wäre gut gewesen. Na ja, fügt er hinzu, das sei eben die einfachste Art, Thüringer Wurst herzustellen. Nur wenige Meter entfernt verkauft ein Mann Maronen. Der Klassiker. Wie in Italien und Griechenland werden nun auch in Hamburg die winterlichen Edelkastanien angeboten. Die Ware kommt in Fünf-Kilo-Beuteln aus Italien, der Kunde kann ein kleine Tüte für drei Euro kaufen. Danach die heiße Schale abpellen und reinbeißen. Heiß müssen die Maronen sein, sagt Rüffer. Und wird nicht enttäuscht. Leicht mehlig schmecken sie. „Man kann hier nicht viel falsch machen“, urteilt er – und gibt die Note 2.

Danach steuert der Zweisternekoch „Schlüters Alpenwelt“ an. Das sind Buden, deren Betreiber in Bad Pyrmont sitzen und unter anderem Röstitaler verkaufen. Mit Sauerrahm für 3,50 Euro. Rüffer greift zum Plastikbesteck und hat deutlich Mühe, ein Stück abzuschneiden. Vom Rösti selbst ist nicht viel zu sehen, weil der Sauerrahm sich dort viel zu breit gemacht hat. „Weniger wäre mehr gewesen“, meint Rüffer und zieht seine Mundwinkel nach unten. „Rösti und Rahm schmecken ziemlich fad“, befindet er. Man hätte zum Beispiel den Sauerrahm mit Salz und Pfeffer würzen könne. Sein strenges Urteil: „Schad ums Geld. Note 5.“

Auf dem historischen Weihnachtsmarkt vor dem Rathaus schwebt durch den abendlichen Himmel gerade ein Weihnachtsmann mit Schlitten – die alljährliche Attraktion der weihnachtlichen Inszenierung. Ihr Motto: „Kunst statt Kommerz“. Weil Kunst von Können kommt, nimmt der „Koch des Jahres“ jetzt das „Dresdner Handbrot“ ins Visier. Die sächsischen Bäcker versprechen eine „rösche Kruste“. Womit ein hohes Maß an Elastizität gemeint ist. „Alles wird vor Ort selbst gemacht“, preist die Verkäuferin ihre Ware an. „Unser Brot ist die herzhafte Variante des Dresdner Stollens.“ Christoph Rüffer ist angetan – zunächst. „Riecht gut und ist richtig warm“, sagt er. Aber er findet, dass die Füllung mit Käse und Schinken ganz schön üppig ist. „Nur, der Teig ist nicht durchgebacken, und ein bisschen Kümmel fehlt.“ Note 3.

Von den Speisen auf einem Weihnachtsmarkt erwartet der in Essen geborene Koch zwar keine „überbordende Kreativität“. Aber die Speisen sollten heiß, lecker und optisch ansprechend zubereitet und serviert werden. Ein bisschen Raffinesse könne nicht schaden, sagt er und gönnt sich jetzt Kartoffelpuffer mit Preiselbeeren für 4,50 Euro. Rüffer strahlt: Das Essen wird auf einem Porzellanteller gereicht. Super! Zwiebeln, Salz und Pfeffer sind drin. „Ich finde das gut“, lobt er die Puffer. Außerdem kann sich der Gast je nach Belieben am Tresen Zimt und Zucker nehmen. Was bei der hübschen Bedienung am Stand von Kartoffelpuffer & Co. nicht schaden kann. „Das schmeckt genauso wie zu Hause“, genießt eine Besucherin die Weihnachtsmarktspeise. Note 2, lautet das strenge Urteil des Kenners. Danach fragt er, welches Öl verwendet werde. Es ist Palmöl, das „schlechteste und billigste Öl“. Bleibt Rüffer jetzt bei seiner Benotung? Ja, denn am Stand gibt es Apfelmusnachschlag gratis dazu.

So durchwachsen sein kulinarisches Urteil auch ausfällt: Christoph Rüffer wird bald wieder über den Weihnachtsmarkt gehen. Dann aber mit seinen beiden neun und zwölf Jahre alten Töchtern. Und die dürften ihren eigenen Willen – und Geschmack – haben.