Im Auftrag der „Wirtschaftswoche“ verglichen Forscher die Wirtschaftskraft und gesellschaftlichen Angebote in 69 Städten. Hamburg glänzt bei der Kinderbetreuung - aber bekam insgesamt miese Noten.
Hamburg. Laut einer neuen Studie gehört Hamburg nicht zu den zehn attraktivsten Großstädten in Deutschland. Im sogenannten „Niveauranking“ des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) liegt die Hansestadt auf Platz 12 von 69 kreisfreien Städten, Sieger ist München.
Die Wissenschaftler hatten sowohl die wirtschaftliche Kraft als auch kulturelle und gesellschaftliche Angebote für „Wirtschaftswoche“ und „Immobilienscout24“ verglichen. Als positiv beschreiben die Ersteller der Studie die Kinderbetreuung – hier führt Hamburg das Ranking an – von unter Dreijährigen, die Zahl der Abiturienten und der hohe Beschäftigungsanteil von Frauen. Kriminalität, Arbeitslosigkeit der über 55-Jährigen und eine schlechtere Produktivität wirkten sich negativ auf die Platzierung aus.
„Die Daten zur Wirtschaftsstruktur zeigen eine Abschwächung der wirtschaftlichen Dynamik, die sich in geringeren Wachstumsraten beim BIP und der Produktivität zeigen“ sagt Hanno Kempermann, einer der Wissenschaftler der Institut der deutschen Wirtschaft Köln Consult GmbH, die den Vergleich durchführten. Mit 13.724 registrierten Straftaten je 100.000 Einwohner liegt Hamburg laut Ranking rund 30 Prozent über dem Durchschnitt der Studie.
Klarer Sieger der Studie ist Süddeutschland. Neun der zehn besten Städte liegen im Süden, unter ihnen viele Universitäts- und Autostädte. München führt seit Jahren das Niveauranking an und punktet durch einen starken Arbeitsmarkt, eine dynamische Gründungskultur sowie attraktive Kultur- und Tourismusangebote.
Neu unter den Top-10-Städten im Niveauranking sind Freiburg und Karlsruhe, die jeweils acht Plätze im Vergleich zum Vorjahr gut gemacht haben. Karlsruhe schafft es immer besser, sich als wachstumsstarker Dienstleistungsstandort zu positionieren, der kaum strukturelle Schwächen aufweist. Die Entwicklung Freiburgs ist von einem stabilen Wachstum geprägt, von dem alle Gruppen des Arbeitsmarktes profitieren.
Das Wirtschaftsmagazin führt den Vergleich von 69 Städten zum elften Mal durch, in diesem Jahr zum zweiten Mal gemeinsam mit ImmobilienScout24. Für das Ranking wurden Wissenschaftler der Institut der deutschen Wirtschaft Köln Consult GmbH beauftragt, alle 69 kreisfreien Großstädte in Deutschland zu untersuchen. Anhand von gut 50 Indikatoren aus den Bereichen Wirtschaftsstruktur, Arbeitsmarkt, Immobilienmarkt und Lebensqualität wurde ein Ranking der attraktivsten deutschen Städte erstellt.
Forschungsstädte weit vorn
Auffällig ist, dass unter den zehn erstplatzierten Städten neun im Süden der Republik liegen. Insbesondere die Standorte mit guter Forschungsinfrastruktur, also Hochschulen, Forschungseinrichtungen und innovativen Industrien, schneiden überdurchschnittlich gut ab.
Dazu zählen Erlangen, München, Ingolstadt, Wolfsburg und Stuttgart. Henning Krumrey, stellvertretener Chefredakteur der Wirtschaftswoche kommentiert: „Der Erfolg dieser Forschungsstandorte beruht darauf, dass die starken Unternehmen über Zuliefererbeziehungen und Forschungsnetzwerke eine ganze Region mit ihrer Führungsrolle mitziehen können. Die Wirtschaft boomt dort, wo innovative Köpfe zu finden sind.“
Diese positiven wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben Wolfsburg, Ingolstadt und Würzburg auch auf Top-Plätze im Dynamikranking katapultiert. Entsprechend dynamisch entwickelt sich dort auch der Immobilienmarkt, weiß Marc Stilke, CEO von ImmobilienScout24: „Wer sich entscheidet, in einer zukunftsträchtigen Stadt mit einem attraktiven Arbeitsmarkt zu wohnen, muss dafür oft hohe Wohnkosten in Kauf nehmen.
Zukunftssicherheit und Lebensqualität haben dann ihren Preis. Ein boomender Mietmarkt ist somit ein positiver Indikator für die regionale Wirtschaftskraft. Allerdings kann es problematisch werden, wenn die Versorgung mit Wohnraum zu gering ist. In einigen Städten wie München, Freiburg oder Heidelberg müssen Mieter zwischen 23 und 30 Prozent ihres Einkommens für Wohnkosten ausgeben oder auf benachbarte Orte ausweichen.“
Ruhrgebiet ganz hinten
Im Dynamikranking ist Leipzig auf Platz vier (und damit vor Berlin) besonders hervorzuheben. Die ostdeutsche Stadt hat in den vergangenen Jahren eine Aufholjagd hingelegt und im Vergleich zum Vorjahr 11 Plätze gut gemacht.
Dieser Aufschwung resultiert unter anderem aus der Ansiedlung attraktiver Arbeitgeber wie Siemens, Porsche und BMW und des damit verbundenen Bevölkerungszuwachses vor allem junger, gut ausgebildeter Menschen. Darüber hinaus punktet Leipzig mit einem attraktiven Immobilienmarkt und einer idealen Infrastruktur.
Schlusslichter sowohl im Niveau- als auch im Dynamikranking sind wie bereits in den Vorjahren die Städte des Ruhrgebiets. Die Region hat den Strukturwandel von einer alten Industrieregion hin zum modernen Dienstleistungs- und Wissensstandort bisher nicht geschafft.
Der industrielle Niedergang und damit einhergehend auch die schwächeren Immobilienmärkte führen zu einer abnehmenden Attraktivität und einem daraus resultierenden Bevölkerungsverlust von Städten wie Oberhausen, Herne und Gelsenkirchen. Auffällig ist, dass sich der Abstand der schwachen Städte zum Mittelfeld weiter vergrößert und die Letztplatzierten immer mehr den Anschluss verlieren.