Chefs des Hamburger Tourismusverbands fordern mehr Attraktionen mit internationaler Strahlkraft mit einem besseren Veranstaltungsmanagement. Branche sei Schlüsselindustrie für die Stadt.
St. Pauli. Hamburg ist bei Touristen so beliebt wie nie. Die Zahl der Hotelübernachtungen bricht immer neue Rekorde. 2014 könnten es zwölf Millionen werden. Was fehlt Hamburg, um eine Weltstadt wie London, Rom oder Paris zu werden? Darüber sprach das Abendblatt mit Schmidt-Theater-Chef Norbert Aust in seiner Funktion als Vorsitzender des Tourismusverbands Hamburg und seinem Stellvertreter, dem PR-Unternehmer Wolfgang Raike.
Hamburger Abendblatt: Ist Hamburg eine Weltstadt?
Norbert Aust: Hamburg ist durchaus in der Welt bekannt. Was uns fehlt, sind mehr Attraktionen mit internationaler Strahlkraft. Die Eröffnung der Elbphilharmonie 2017 ist eine große Chance, dass Hamburg weltweit noch mehr als hoch attraktives Reiseziel wahrgenommen wird.
Wolfgang Raike: Auch im Bereich Kultur geht noch mehr. Wir brauchen zum Beispiel Ausstellungen von internationalem Rang, damit wird Hamburg dann auch für eine entsprechende Klientel noch interessanter.
Was muss sich in Hamburg aus Sicht des Tourismus noch ändern?
Aust: Wir müssen noch bessere Gastgeber sein, die Qualität des Angebots erhöhen und die Infrastruktur verbessern. Wir brauchen ein Welcome-Center auf dem Rathausmarkt, und zum Beispiel muss auch der Hauptbahnhof erweitert werden. Denn dieser hat längst seine Kapazitätsgrenze überschritten. Eine Option dafür wäre der Überbau der Steintorbrücke an der Südseite des Gebäudes. Immer mehr Touristen reisen mit der Bahn an. Der erste Eindruck dieser schönen Stadt sollte für unsere Gäste nicht ein Hauptbahnhof sein, der aus allen Nähten platzt. Auch das Umfeld sollte sich so präsentieren, wie es sich für eine Visitenkarte der Stadt gehört.
Großveranstaltungen wie der Hafengeburtstag sind ein Magnet für Touristen. Die Hamburger sind zunehmend genervt. Muss die Zahl der Events eingeschränkt werden?
Aust: Wir müssen die Großveranstaltungen zunächst einmal räumlich und zeitlich entzerren. Ziel muss es sein, dass wir nicht nur eine Ballung von Großveranstaltungen in der City und auf St. Pauli haben. Wir brauchen ein Gremium, das die Großveranstaltungen im ganzen Stadtgebiet strukturiert und organisiert. Ein Eventausschuss darf nicht nur empfehlenden Charakter haben, sondern muss mit Entscheidungskompetenz ausgestattet werden. Wir brauchen ein besser funktionierendes Veranstaltungsmanagement in Hamburg.
Der Hafengeburtstag ist für viele nur noch ein mehrtägiges Saufgelage. Wie sehen Sie das Image dieses Events?
Aust: Der Hafengeburtstag ist eine sehr erfolgreiche und vor allem traditionsreiche Veranstaltung, die zu Hamburg gehört. Er ist der Geburtstag der ganzen Stadt. Natürlich steht hier für viele Besucher der Partyeffekt im Vordergrund. Aber das ist doch beim Oktoberfest in München nicht anders. Nur mit dem Unterschied, dass dort auch viele Unternehmen mit ihren Gästen zum Feiern hinkommen. Wenn uns das auch beim Hafengeburtstag gelingen würde, käme das auch dem Image zugute.
Die Neueröffnungen von Hotels reißen nicht ab. Ist der Bedarf nicht inzwischen gedeckt?
Aust: Neues Angebot schafft auch neue Nachfrage. Es ist doch positiv für Hamburg, wenn internationale Investoren in dieser Stadt einen attraktiven Hotelstandort sehen. Jedes neue Haus ist Ansporn, noch mehr Touristen für die Stadt zu begeistern.
Raike: Die Hotels sind zwar gut ausgelastet, aber die erzielte Durchschnittsrate pro Nacht ist eindeutig zu niedrig. Schauen sie sich Metropolen wie Paris oder Rom an, dort bekommen Sie kein Fünfsternehotel für 119 Euro pro Nacht, da bezahlt man gut und gerne das Dreifache.
Brauchen wir noch mehr Luxushotels?
Raike: Wir sind in diesem Segment gut aufgestellt. Allerdings wäre es gut für die Stadt, wenn sich hier weitere internationale Marken aus der Luxushotellerie ansiedeln wie beispielsweise ein Mandarin Oriental. Diese Kette ist bislang deutschlandweit nur in München zu finden.
Immer mehr Hotels bedeuten auch einen größeren Personalbedarf. Ein Problem?
Aust: Ja, es ist immer eine Herausforderung, gutes und qualifiziertes Personal zu finden. Die Servicequalität ist für die Besucher ein wichtiger Bestandteil für die Bewertung ihrer gesamten Reise. Die Mitarbeiter sind die ersten Ansprechpartner und repräsentieren die Stadt als Gastgeber. Deshalb hat Servicequalität höchste Priorität, und wir unterstützen die Hotels und Restaurants dabei, ihre Mitarbeiter entsprechend zu qualifizieren. Wir starten dazu gerade eine neue Initiative.
Raike: Wir müssen aber vor allem Anreize schaffen, damit wir engagierte Nachwuchskräfte bekommen. Dazu brauchen wir auch mehr bezahlbaren Wohnraum für Auszubildende. Hier muss die Stadt aktiver werden, und auch private Investoren sind gefragt. Es kann doch nicht sein, dass Auszubildende von weit her zu ihrem Arbeitsplatz in Hamburg anreisen müssen, weil sie sich hier keine Unterkunft leisten können.
Wie wichtig ist der Tourismus für Hamburg?
Aust: Der Tourismus ist eine Schlüsselindustrie für die Zukunft der Stadt. Das ist ein enormer Wirtschaftsfaktor für die Stadt. Durch den Tourismus werden etwa sechs Milliarden Euro pro Jahr erwirtschaftet, und daran hängen etwa 100.000 Arbeitsplätze.