Polizei fürchtet Zunahme der Straftaten. Dossier des Landeskriminalamts dokumentiert Hilflosigkeit der Behörden.
Hamburg. Sie kommen allein aus fremden Ländern nach Hamburg, sind oft noch Kinder und werden hier laut Polizei nicht selten kriminell: Das Problem der minderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge in der Hansestadt wird immer größer. Bei den Behörden geht man davon aus, dass in diesem Jahr mehr als 1000 junge unbegleitete Flüchtlinge nach Hamburg gekommen sind – Hunderte von ihnen, so die Schätzung von Sicherheitsexperten, lassen sich weder registrieren noch staatlich betreuen und leben an unbekannten Orten.
Auch von den 400 unbegleiteten jungen Flüchtlingen, die in Hamburger Erstaufnahmeeinrichtungen wohnen und zumeist aus afrikanischen Ländern kommen, werden etliche von der Polizei als Straftäter eingestuft. Das geht aus einem Dossier des Landeskriminalamts hervor, das dem Hamburger Abendblatt vorliegt.
Rund ein Viertel der 115 bekannten schwerkriminellen jugendlichen Intensivtäter in Hamburg sind danach unbegleitete junge Flüchtlinge. In dem Bericht wird ihnen eine zunehmende Aggressivität vorgeworfen. Brennpunkte haben sich laut Polizei auf St. Pauli und in St. Georg herausgebildet. Eine Abschiebung der Kinder und Jugendlichen in ihre Heimatländer wird als „unmöglich“ eingestuft.
Punktuell, so die Einschätzung der Sicherheitsbehörden, habe die Hamburger Jugendhilfe bereits „kapituliert“. Auch die Ausländerbehörde stufe das Problem der unbegleiteten Jugendlichen nicht als vordringlich ein.
Vermehrt trifft die Polizei auf Flüchtlinge, die bei einer Kontrolle eine schriftliche Aufnahmeablehnung des Hamburger Kinder- und Jugendnotdienstes vorzeigen. Für ein Kind, das fast jeden Tag im Zusammenhang mit Straftaten auffalle, suchen die Behörden jetzt nach einer geschlossenen Unterbringung.
„Hier zeigt sich, wie hilflos die Hamburger Jugendhilfe ist, wenn es um schwerkriminelle junge Flüchtlinge geht“, sagt Joachim Lenders, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft. „Wir brauchen dringend Maßnahmen, die diesem Phänomen gerecht werden und den Tätern Einhalt gebieten. Wir werden sonst einen signifikanten Anstieg der Straftaten durch die Gruppe erleben müssen.“ Das hoch aggressive Verhalten der auffälligen minderjährigen Flüchtlinge gegenüber der Polizei sei nicht hinnehmbar, da diese ihr Auftreten sonst als Erfolg wahrnähmen, so Lenders.
Doch in der Sozialbehörde heißt es, man brauche kein neues Konzept. „Die bestehenden Regeln, ihre Durchsetzung sowie die stetig verbesserte Zusammenarbeit der jeweils zuständigen Organe sind die wirksamsten Mittel“, sagt Sprecher Marcel Schweitzer.