Selber machen ist in. Stricknadel und Wollknäuel finden wir nicht nur bei Oma, sondern immer häufiger auch in den Handtaschen trendbewusster junger Frauen, die im Café an ihrem Pullover stricken.

Selber machen ist in. Stricknadel und Wollknäuel finden wir nicht nur bei Oma auf dem Sofatisch, sondern immer häufiger auch in den Handtaschen trendbewusster junger Frauen, die im Café an ihrem Pullover stricken oder sich noch eben eine neue Mütze häkeln.

Die „Do it yourself“-Bewegung (kurz: DIY) umfasst heute aber viel mehr als früher, denn es geht nicht mehr nur um die Erledigung notwendiger Handwerks- und Näharbeiten in den eigenen vier Wänden. So verfolgt man beim „Urban Gardening“ gemeinsam das Ziel, in der Stadt Lebensmittel anzubauen und sich damit selbst versorgen zu wollen – gemeinschaftlich und sogar an öffentlichen Plätzen. Anhänger der DIY-Bewegung suchen nach kreativer Selbstverwirklichung, Meditation, Abstand zum Alltag, Spaß und Gemeinschaft. Vor diesem Hintergrund entwickelten sich die unterschiedlichsten Foren und Treffpunkte – wie zum Beispiel Urban-Gardening-Gruppen, Repair Cafés, FabLabs, Crowdfunding, OpenSource oder DIY-Magazine – die unsere Sehnsucht nach mehr Individualität und Praxis in einer von Massenware und Digitalisierung geprägten Gesellschaft zu erfüllen versuchen.

Aber wer sind diese Heimwerker-Könige und -Königinnen in Deutschland? Beliebt ist es insbesondere bei Besserverdienern, Gebildeten, Großstädtern und Personen im mittleren Alter. Besonders häufig betätigen sich Frauen im Bereich der Handarbeit, während Männer eher Arbeiten mit Holz bevorzugen. In den letzten Jahren ist die Zahl derjenigen, die in ihrer Freizeit etwas selber machen, kontinuierlich gestiegen.

Jugendliche und junge Erwachsene erstaunen ältere Generationen derzeit mit ihrem Hang zum Spießertum und werden daher auch als Generation Biedermeier bezeichnet. Ich würde aber nicht von Spießigkeit sprechen, sondern von einer Renaissance der 1970er-Jahre. Junge Leute entdecken plötzlich wieder den Charme vergangener Tage. Mit Familie, Haus und Garten schaffen sie sich eine Insel der Ruhe in einer sich immer schneller drehenden Welt. Traditionelle Werte, die Halt geben, stehen für sie im Mittelpunkt. Das bedeutet nicht, dass sie ängstlich oder zögerlich sind, ganz im Gegenteil: Die junge Generation denkt und lebt pragmatisch. Sie weiß genau, was sie vom Leben erwartet, blickt hoffnungsvoll in die Zukunft und hat an sich und ihr Umfeld hohe Ansprüche.

So eben auch an die Konsumgüter. Der Selfmadetrend bietet uns die einmalige Gelegenheit, sich mit handgefertigten Einzelstücken von der Massenware und deren Trägern abzugrenzen. Dadurch erfahren gerade auch die kleinen Dinge des Alltags, Möbel und Haushaltsgeräte eine ganz neue Bedeutung.