Der Bundesparteitag begann am Nachmittag und soll der Partei ein neues Gesicht geben und weg vom Image der Verbotspartei. Der Vorsitzende Cem Özdemir beansprucht den Titel „Partei der Freiheit“.

Hamburg. Die Grünen wollen sich als „linksliberale Partei der Freiheit“ profilieren und 2017 wieder Regierungsverantwortung im Bund übernehmen. „Wir Grünen dürfen den Freiheitsbegriff nicht den anderen überlassen, nur weil die ihn marktliberal pervertiert haben“, sagte Parteichef Cem Özdemir bei der Eröffnung des Grünen-Bundesparteitags am Freitag in Hamburg.

Er forderte auch eine „wertegeleitete Außenpolitik“. Humanitäre Hilfe allein reiche in internationalen Krisen nicht aus. „Wir müssen ISIS stoppen und zurückdrängen“, sagte Özdemir zum Konflikt mit Islamisten im Irak und in Syrien. Er räumte unterschiedliche Positionen in der Partei zur Außen- und Sicherheitspolitik ein und forderte eine „respektvolle Debatte“ der rund 500 Delegierten.

Mit Blick auf den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine forderte Özdemir die Linkspartei auf, sich vom russischen Präsidenten Wladimir Putin zu distanzieren. „Ein Linker hat an der Seite von Putin und Schwulenfeinden nichts zu suchen.

Die Grünen dürften das Thema Freiheit nicht den konservativen oder rechten Parteien überlassen, die eine Freiheit für wenige anstreben, sagte Özdemir weiter. „Wir wollen Freiheit für die ganze Gesellschaft.“ Freiheit bedeute nicht, dass Politik den Menschen vorschreibt, mit welchem Verkehrsmittel sie reisen oder wie sie sich ernähren sollen, sagte Özdemir.

Die Forderung nach einem fleischlosen „Veggie Day“ in den Kantinen hatte den Grünen bei der Bundestagswahl 2013 geschadet. Damals fuhr die Partei mit 8,4 Prozent ein enttäuschendes Ergebnis ein.

Özedmir warf der großen Koalition in Berlin auch ein Versagen in der Klimapolitik vor. Ökologie und Ökonomie könnten versöhnt werden. Energiewende bedeute auch den schrittweisen Ausstieg aus der Kohle. Der SPD-Vorsitzende und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel müsse zügig die dreckigsten Kohlekraftwerke vom Netz nehmen. „Klima und Kohle geht auf Dauer nicht zusammen.“

Veggie-Day wird begraben

Die Mitglieder haben den umstrittenen „Veggie-Day“ – die Forderung nach einem fleischfreien Donnerstag in Kantinen – bereits am Freitag begraben. Der Bundesparteitag der Grünen in Hamburg trug am Freitag einen Antrag der Parteispitze mit, in dem auch für eine freie Essenwahl plädiert wird. Darin heißt es: „Ob jemand am Donnerstag Fleisch isst oder nicht, ist uns herzlich egal.“

Die Abkehr vom „Veggie Day“ gehört zum Versuch der Grünen, bei der angestrebten programmatischen Erneuerung auch vom Image der bevormundenden Verbotspartei wegzukommen. Die Forderung nach einem „Veggie Day“ wurde auch für den verlorenen Bundestagswahlkampf 2013 verantwortlich gemacht.

Bundestags-Fraktionschef Toni Hofreiter nannte es einen „albernen Vorschlag“, donnerstags einen fleischfreien Tag in öffentlichen Kantinen vorzuschreiben. Damit würden sich die Grünen nur selbst „ins Knie schießen“. Stattdessen müssten sie sich mit der Agrar-Industrie anlegen: „Ich will Grüne haben, die sich mit der Lobby anlegen und mit der CSU.“

Tagung bis Sonntag

Auf der Tagesordnung der knapp 500 Delegierten steht an diesem Sonnabend zunächst die Ernährungs- und Landwirtschaftspolitik. Am Nachmittag werden intensive Diskussionen zur Asyl- und Flüchtlingspolitik erwartet. Zu dem Thema wird auch der grüne baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann sprechen, der für seine Unterstützung der schwarz-roten Bundesregierung beim Asylrecht innerparteilich scharf kritisiert worden war.

Am Sonntag diskutieren die Delegierten dann über Außen- und Sicherheitsfragen. Zur Debatte stehen kontroverse Anträge etwa zum militärischen Engagement Deutschlands in internationalen Krisen mit oder ohne UN-Mandat. Der Konflikt in der Ukraine dürfte ebenfalls eine Rolle spielen.

Die Grünen-Vorsitzende Simone Peter räumte vor dem Hamburger Parteitag Fehler ein. „Die Abstimmung auf Führungsebene war sicher nicht immer optimal“, sagte sie „Spiegel Online“. Ihre Konsequenz: „In Zukunft werde ich lieber einmal mehr zum Telefonhörer greifen.“ In den vergangenen Monaten hatten sich Peter und ihr Co-Vorsitzender Özdemir mehrfach öffentlich widersprochen. „Dass es in einer Doppelspitze auch mal verschiedene Akzente gibt, ist doch ganz normal“, sagte die Grünen-Chefin jetzt weiter. „Aber manche Irritation lässt sich durch eine bessere Abstimmung vermeiden.“